Tablet’s sind nicht das Ende des Buches und auch am Computer kann man „lesen“

Ich bekomme sie immer wieder gestellt, was ich denn mit meinem Macbook abends auf dem Sofa tue. Spiele ich etwa am Computer? Und in der Regel erkläre ich, daß ich lese. Nein, ich lese nicht nur meine E-Mails. Ich lebe auch außerhalb der (E-Mail)-Inbox. Oft, gerade am Wochenende, bin ich in meinem RSS Reader und schaue die von mir abonnierten Blogs durch, lese die Artikel, die mich interessieren. Wenn sie mich besonders berühren und interessieren, zitiere ich sie in meinem Blog oder zwitschere sie.

 

Für mich persönlich haben die Feeds zu guten Teilen die Magazine, Zeitschriften und Zeitungen abgelöst, die ich vor Jahren noch gelesen habe. Durch das Netz und durch von mir sorgfältig ausgesuchte Blogs bekomme ich für mich relevante Informationen wesentlich schneller – von Fußball-News über meinen Lieblingsclub Borussa Mönchengladbach bis zu vielfältigen beruflich relevanten Artikeln. Ich habe auch das Gefühl, daß sich die Qualität der mir zur Verfügung stehenden Informationen deutlich erhöht hat.

 

Meine Frau dagegen lebt noch in Büchern und Kunstzeitschriften (Sie ist als Kuratorin tätig). Der Computer dient ihr für E-Mails, Texte schreiben und Informationen googlen. Die RSS Feeds zu Kunst, die ich ihr eingerichtet habe, nutzt sie nicht. Sie liebt Bücher und ist auch (zu Recht) stolz darauf, viele Kunstkataloge in ihrer Zeit an der Schirn gestaltet zu haben. Dem Netz steht sie durchaus skeptisch gegenüber. Am Samstag entspann sich die Diskussion um einen Artikel aus der FAZ, in dem einmal wieder dargestellt wurde, wie Leute Facebook mißbrauchen, mobben, stalken und was weiß ich noch alles.

 

Wir haben dann kontrovers diskutiert, wobei sie mich natürlich in die IT- und Marketingecke stellt. Klar, daß Du zwitscherst und netzwerkst. Mein Plädoyer für einen bewußten Umgang mit dem Netz und Social Media wird hoffentlich irgendwann ankommen. Auch ich akzeptiere nicht jede Freundschaftsanfrage auf Facebook oder XING. Wenn ich jemanden nicht kenne oder mich jemand nicht vernünftig anschreibt, lehne ich das entsprechende Freundschaftsangebot ab. Und über den Begriff Freunde müssen wir hier nicht diskutieren. Hier schlägt einfach die Übersetzung und die Bedeutung von Friend auf Freund im Deutschen fehl. Bekannte sollte es heißen.

 

Ich finde Warnungen vor den Tücken des Netzes absolut notwendig. Ich glaube, daß wir Junge und Alte ausbilden müssen, wie sie das Netz möglichst sicher benutzen. Das ist Aufgabe der Eltern, der Medien, der Volkshochschulen, der Web 2.0-Szene. Das Netz einseitig und plakativ zu verteufeln, wie es desöfteren in der FAZ geschieht, halte ich für grundlegend falsch. Im Netz unterwegs sein ist eine weitere, neue Kultur- und Kommunikationskompetenz, die wir lehren und lernen müssen (so wie es mit Fernsehen, Radio und anderen Medien der Fall war und ist).

 

Wird nun das Netz gedruckte Medien, Bücher und Zeitschriften ablösen? Ja, einige Drucksachen werden obsolet werden. Aber in der nahen und mittleren Zukunft wird es weiter Bücher geben. Und das ist gut so. Das sinnliche Erlebnis Buch wird weiter leben, aber ich finde es durchaus „grün“ und gut, daß Publikationen mit geringer Haltwertzeit nur noch elektronisch veröffentlicht werden. Viele Fachbücher in meiner Branche IT und Marketing veralten in kürzester Zeit. Warum genügen dort also nicht E-Books statt Bäume zu vernichten? Der Kunstkatalog, Literatur und viele andere Dinge werden weiter gedruckt existieren. Zumindest so weit ich es heute vorauszusagen wage.

 

Wenn wir dieses Thema diskutieren, sind wir natürlich nicht weit vom Thema E-Book Reader und iPad. In unserem Urlaub in Thailand im Januar habe ich erstmals jemanden am Strand mit einem Kindle gesehen. Ich hatte Bücher dabei (und für Notfälle meinen Macbook im Hotelzimmer). Die fehlenden Datenschutzmechanismen der meisten E-Book Reader und Tablets halten mich derzeit noch von der Anschaffung ab. Und mir fehlen noch viele Funktionen, die ich vom voll funktionalen Computer kenne. Und hier gebe ich Michael Spehr in der FAZ recht, der schreibt:

 

Kurzum: Das iPad ist kein Arbeitsgerät und kein Notebook-Ersatz. Man kann wunderbar Webseiten abrufen und lesen, Fotos betrachten oder Musik hören. … Wenn es nur um das Schreiben von E-Mail, Memos oder Blogbeiträgen geht, ist die Welt in Ordnung. Wer indes mit eigenen Inhalten arbeiten will, eine E-Mail mit diversen Anhängseln aus unterschiedlichen Quellen zusammenstellen muss, Dinge neu arrangiert, Daten aus der „Cloud“ holt, wird am iPad keine Freude haben. Es ist eine Maschine für den passiven Konsumenten, nicht für den aktiven Nutzer, und das sind ungefähr ein Drittel aller Web-Surfer. Das iPad will einen wegführen aus der großen Freiheit des Web hin zu den Apps. Es ist ein goldener Käfig mit vielen Verlockungen, aber am Eingang steht Apple als „Gatekeeper“ und wacht über die Inhalte. Für unseren Geschmack ist das eindeutig zu viel an Gängelung.

 

Aber ich bin sicher, daß in nicht allzu ferner Zukunft der Zeitpunkt kommen wird, wo auch ich ein Tablet ausprobieren werde. Aber auch hier gilt, daß das Gadget mir zusätzlichen Nutzen bringen muß. Und Nutzen ist nicht nur der neidische Blick der anderen Urlauber oder der Mitreisenden im Zug.

 

Ich werde einige der Gedanken, die ich in diesem Posting geäußert habe, in den Idea Jam einstellen, den wir gerade im Rahmen des Lotus JamCamps durchführen, denn hier geht es um den Arbeitsplatz und die Arbeitswelt der Zukunft und um das persönliche Nutzenerlebnis durch das Web 2.0.

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