Gedankensplitter rund um Google und andere hungrige Konzerne

Google ist nicht nur wegen der gerade stattfindenden Entwicklerkonferenz und wegen der Streetview-Datenschutzpanne in der Diskussion. Persönlich habe ich ein sehr ambivalentes Verhältnis zum ehemaligen Suchkonzern. Auf der einen Seite bietet Google durchaus innovative, interessante Technologie, die ich auch nutze. Auf der anderen Seite scheinen mir hier jenseits der relevanten Datenkraken-Diskussion auch eine Macht- und Expansionsgelüste zu bestehen, die mich extrem mißtrauisch machen und an andere vermeindliche Monopolisten erinnern. Besonders negativ stößt mir auf, daß Google in der Web 2.0-Szene oft immer noch meiner Meinung nach sehr unkritisch und blauäugig als „Gutkonzern“ gesehen wird. Durchaus kritische Geister und Blogger blocken – so mein Eindruck – blenden die Machtgelüste des Konzerns aus und entschuldigen oft non chalant dessen Exzesse und Fehler. Ist Google fast schon bei vielen eine Religion, die nicht in Frage gestellt werden darf? Das macht mich sehr nervös.

Hervorragend finde ich die Bewertung von Michael Kroker auf Wirtschaftswoche.de. Er bezieht sich dort insbesondere auch auf das Interview, das Google-Chef Eric Schmidt und Firmengründer Larry Page dem Stern gegeben haben. Es ist aus meiner Sicht erschütternd, wie einfach mit einem Achselzucken über die Datenschutzfragen hinweggegangen wird. Ist das nun typisch amerikanisch? Oder ist es unterdessen die Arroganz einer Führungsmannschaft, die glaubt, daß man ihr und ihrem Konzeren sowieso nichts mehr kann?

Michael Kroker zieht folgendes Zwischenresumé:

Sollte Google jetzt nicht eine glaubwürdige Kehrwende vollziehen, dürfte das Image des einstmaligen Gutmenschen-Konzerns stramm in ebenjene Richtung des ungeliebten (um nicht zu sagen verhassten) Erzrivalen aus Redmond marschieren. Bisher scheint es freilich nicht so, als sei den Verantwortlichen im Googleplex in Mountain View/Kalifornien diese Gefahr bewusst.

Parallel dazu strömen gerade jetzt, aber auch schon vor einigen Wochen latent Nachrichten über die weiteren Pläne des Konzerns in unseren RSS-Reader. Ich zitiere den Stern:

Aus dem ehemaligen reinen Suchmaschinenbetreiber ist längst ein Multimediagigant geworden, der überall mitspielen will, wo es ihm sinnvoll erscheint – und wo er Werbung anzeigen kann.

Und hier die dazu passenden Schlagzeilen und Meldungen:

Handelsblatt: Google will Fernsehen und Internet kombinieren

ZDnet: Android-Tablet: Verizon und Google arbeiten an iPad-Konkurrenten

Und besonders interessant von Michelle Bowles: Google: The Social Media Company. Mit Social Search, Buzz, Wave, Real Time Search von Twitter und Facebook Feeds und durch gezielte Akquisitionen (denken wir nur an YouTube) sei man schon ein dominanter Social Media-Player. Hier könnte man leicht noch weitere Nachrichten hinzufügen, die gerade von der Entwicklerkonferenz in die Ticker strömen. Doch ich lassen es an dieser Stelle gut sein. Sebastian Mathes zieht in der Wirtschaftswoche einen weiteren Vergleich:

Das Startup von einst ist ein multinationaler Konzern mit Tausenden Mitarbeitern und nahezu unvorstellbarer Macht: Google kontrolliert den Weg durchs Netz. Zugleich verfügt Google über mehr Daten unseres Verhaltens, als Microsoft je ungestraft hätte sammeln dürfen. Und wie Microsoft versucht auch Google, die Nutzer ins eigene Ökosystem zu saugen: Neue Produkte wie das Navigationsprogramm etwa, werden nur für die eigenen Plattformen entwickelt.

Als Microsoft groß wurde, war IBM der Inbegriff des Bösen, der kleine Bruder des orwell-schen Überwachungsregimes. Als Google kam, war Microsoft dazu geworden. Nun ist es Google. Die Einzigen, die es noch nicht gemerkt haben, sind die Google-Jünger selbst.

Ich glaube und befürchte, daß wir neben Google und Microsoft derzeit auch einen sorgfältigen Blick auf Apple werfen müssen, die auch ihr eigenes geschlossenes Ökosystem bauen. Diese Grafik habe ich schon einmal gepostet. Ich halte sie weiterhin für eine gute Visualisierung, die deutlich macht, wo welcher Konzern Ansprüche erhebt:

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Gegenüber allen Playern, die solche Versuche machen, Kunden monopolartig von sich abhängig zu machen, ist ein mehr als gesundesd Mißtrauen und ein kritischer Blick gefragt. Nicht im Sinne von Religionskrieg, sondern im Sinne sachlicher, fachlicher Auseinandersetzung und vor allem Aufklärung der Consumer, die die Machtspiele und nicht nur technischen Abhängigkeiten oft gar nicht mehr durchschauen können.

P.S. Dies ist mein privater Blog und spiegelt meine persönliche Meinung wieder.

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