„Mich erinnern die Blogger an die politisierten Bürger von 1848/49“ – Antrittsvorlesung Heribert Prantl – sueddeutsche.de

Wir erleben wieder eine Kommunikationsrevolution wie 1848/49. Mich erinnern die Blogger von heute an die politisierten Bürger von 1848/49 – Blogs sind mehr Demokratie. Soll da wirklich der professionelle Journalismus die Nase hochzíehen, so wie es vor 160 Jahren die etablierten fürstlichen Herrschaften und die monarchischen Potentaten getan haben? Aber: die neue Kommunikationsrevolution braucht professionelle Begleitung, sie braucht einen publizistisch-gelehrten Kern. Es gibt ein neues, ganz anderes Professoren-Parlament: Es heißt Internet. Dieses digitale Parlament braucht, wie das damals in der Frankfurter Paulskirche, Führung und Sachverstand.

Der von Heribert Prantl gezogene Vergleich gefällt mir. Bei diesem Zitat – und einigen Stellen vorher – mußte ich unwillkürlich Jürgen Habermas aus dem Bücherregal holen: Strukturwandel der Öffentlichkeit. Über das Entstehen der bürgerlichen Öffentlichkeit, die durch die damals entstehende moderne, freie Presse erst möglich wurde, wollte ich eigentlich mal dissertieren. Nun könnten wir vor einer ähnlichen Kulturrevolution stehen.

Moderne gedruckte Zeitungen, die ersten Massenmedien, informierten im 19. Jahrhundert erstmals in der Breite die Bürger. Sie initiierten Diskussionen, in der Wirtschaft, im Café, auf dem Hambacher Schloss oder in Leserbriefen und trieben das demokratische Bewußtsein in Deutschland voran. Nun könnte man philosophieren, ob diese modernen Medien dann auch nach und mit der deutschen Einigung den (überzogenen) Nationalismus mit allen für Deutschland so fatalen und tragischen Folgen transportiert haben. Es spricht vieles dafür.

Es ist ein Beispiel dafür, wie moderne Medien – und mit dem Internet, mit Blogs und sozialen Medien erleben wir eine neue Dimension in Verfügbarkeit, Geschwindigkeit und Reichweite – sowohl sehr positiv wirken können (z.B. als Bürgerplattform). Gleichzeitig mahnt der Vergleich auch zur Vorsicht, denn Medien können auch manipuliert werden.

Ob nun die Journalisten die Sittenwächter und Moderatoren sein können, die gerade auch vor Mißbrauch warnen, sei dahingestellt. Es wäre zu wünschen, daß sie im Zusammenspiel mit aufgeklärten Bürgern ein wachsames Auge bezüglich Manipulationsversuchen und demagogischen Tendenzen haben.

Danke an CARTA, worüber ich auf diese Rede von Heribert Prantl aufmerksam geworden bin.

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