Zunehmend geschäftsfähig: Das iPad – Vorreiter einer neuen Gerätegeneration (Artikel in der Computerwoche)

In der Computerwoche ist mein Artikel zum iPad und zu Tablet Computern erschienen: Hier finden Sie die Online-Version vom 1. Juli 2010 mit vielen Fotos und Iluustrationen.

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Apple hat mit dem iPad erneut ein Produkt geschaffen, das im Consumer-Markt startet und dann an die Türen der Unternehmens-IT klopft.

Mit dem iPad scheint Apple das zu gelingen, was Bill Gates schon 2001 versucht hat: Tablets im Markt zu platzieren und einen wahren Hype für eine neue Art von Endgeräten auszulösen. Forrester Research sagt voraus, dass Tablets gemessen an den Verkaufszahlen im Jahr 2012 Netbooks und 2013 auch Desktop-Computer überflügeln werden.

Dabei gab es anlässlich des iPad-Verkaufsstarts neben der üblichen Euphorie vor großen Apple-Veröffentlichungen durchaus auch kritische Kommentare: nicht Multitasking-fähig, limitierte Connectivity zu Beamern und anderen Geräten, die Abhängigkeit vom iTunes App Store. Der Tenor lautete ungefähr: „Tolles Gerät, aber es fehlt doch noch eine ganze Menge.“

Fachgebiet: Konsum von Informationen

Doch das iPad bietet auch schon eine ganze Menge. Vor allem sollte man die Funktionalität als Gerät zum komfortablen Konsum von Informationen nicht unterschätzen. Das Checken von E-Mails gehört zum Arbeitsalltag und das iPad ist dafür ein valides Endgerät, auf jeden Fall besser geeignet als ein Smartphone. Im Vergleich zum Notebook ist es wesentlich komfortabler im Flugzeug oder in der Bahn zu nutzen, weil es wenig Platz braucht, eine lange Laufzeit hat und ein ausreichend großes Display bietet.

Zur Grundausstattung des iPads zählen E-Mail, Kalender und Kontakt-Synchronisation mit den wichtigsten E-Mail-Systemen. Gerade hat IBM eine native iPad-Version von Lotus Notes Traveler verfügbar gemacht: Die App bietet mobile Push-Mail sowie den Zugriff auf Anhänge, den Kalender, das Adressbuch, die Notizen und die To-Do-Listen. Lesen ist natürlich nur die eine Seite. Anwender wollen auch Daten eingeben und schreiben – und das ist zumindest für längere Texte gewöhnungsbedürftig. Wer bequem tippen will, kommt um eine externe Tastatur nicht herum, was wiederum auf Kosten der Handlichkeit geht.

Defizite bei der Hardware

Wer das iPad in sein Arbeitsleben integrieren will, stößt auf weitere Schwierigkeiten. Eigentlich fehlt fast alles, was für die Verbindung mit der üblichen IT-Landschaft im Unternehmen notwendig ist: Das iPad hat keinen USB-Anschluss, keinen Karteneinschub und ist nicht mal ein Telefon. Auch fehlt die Webcam. Dabei kann man sich beispielsweise Webkonferenzen mit dem Touchscreen sehr gut vorstellen. Neben Apps könnte also auch Hardware-Peripherie für iPads (und generell Tablets) ein interessanter Markt werden.

Stichwort Apps: Einerseits sind alle im Browser verfügbaren Anwendungen auf dem iPad lauffähig, wodurch auch eine Vielzahl professioneller Lösungen auf dem Tablet genutzt werden können. Daneben sind aber native Apps entscheidend. Die üppig bestückten Regale des App Store bieten für die private Nutzung eine Vielzahl von Anwendungen. Für den professionellen Einsatz genügen Office-Anwendungen wie iWork, die erste Büro-Suite mit Keynote, Pages und Numbers, jedoch nicht. Professionelle Anwendungen werden über die Zukunft des iPad als Gerät für das Business entscheiden.

Lesen und zeigen

Die augenfälligen Vorteile des iPads für den Arbeitsalltag liegen vielmehr in dem attraktiven Touchscreen. Er macht das iPad als Lesegerät und für die Präsentation attraktiv. So eignet sich der Bildschirm sehr gut für die Darstellung von Business-Dashboards. SAP hat dafür beispielsweise bereits ein Finanzanalyse-Tool präsentiert. Der Nutzer kann damit Geschäftsdaten einfach aus dem Datenbestand abrufen und in aussagekräftigen Charts und Grafiken darstellen. Per Fingertipp können die Daten und Diagramme am Bildschirm des iPad hin- und hergeschoben werden.

Wenn einige Lücken in der Präsentationstechnik gelöst sind, ist es durchaus vorstellbar, dass das iPad in Management- und sonstigen Meetings Verwendung findet. Kreative Apps wie „Ideate“ können beispielsweise dazu dienen, Ideen kreativ zu dokumentieren und dann gemeinsam zu bearbeiten. Doch gerade auch in der mobilen Datenerfassung könnte das iPad seinen Platz finden. Unterwegs schnell Daten zu erfassen, Bestellungen aufzunehmen oder Formulare auszufüllen ist ein denkbares Einsatzgebiet. Und das iPad ist hier wegen des großen Screens deutlich besser als ein Smartphone geeignet sein.

Sichere Verbindung zum Unternehmensserver

Besonders interessant sind Lösungen, die die Brücke zu Unternehmensanwendungen schlagen. Der Kölner IT-Dienstleister ebf bietet beispielsweise mit „ebf.connector“ eine Client-Server-Lösung an, mit der Informationen aus CRM-Systemen, SAP, Oracle verfügbar und Lotus Notes-Anwendungen auf dem iPad lauffähig gemacht werden können. Der ebf Connector 5 führt den Nutzer per Fingertipp in Echtzeit auf die Serverdaten. Die Daten werden automatisch abgeglichen.

Das iPad ist aber nur ein Beispiel dafür, wie sich der Umgang mit dem Arbeitsgerät „Computer“ im Augenblick verändert. Smartphones, Tablets und Netbooks werden mehr und mehr zum wichtigsten Produktivgerät der Wissensarbeiter von heute. Durch diese Entwicklung steigt der Bedarf an Werkzeugen, die den mobilen Nutzer bei seiner Arbeit präzise unterstützen. Dabei wird es nicht reichen, vorhandene Anwendungen und Infoangebote einfach 1:1 vom PC auf das Mobilgerät zu bringen. Die zukünftige Softwareentwicklung wird im Gegenteil zuerst an Usability und Arbeitsverhalten denken und dessen Bedürfnisse berücksichtigen müssen. So wird beispielsweise der Touchscreen neue Anforderungen an die Bedienung stellen. Darauf wird auch in der Softwareentwicklung und -ergonomie gedacht werden müssen. Ähnlich wie die Maus mit dem Erfolg von Windows die Bedienung gegenüber dem gewohnten Host-Bildschirm verändert hat, wird es nun der Touchscreen tun.

Verändertes Nutzungsverhalten

Doch dies ist nur ein Aspekt. Die IBM-Forschung beschäftigt sich intensiv mit der Mobilnutzung und kommt zum Beispiel zu dem Ergebnis, dass der Nutzer unterwegs viel sprunghafter und mit kürzeren Aufmerksamkeitsspannen auf Informationen reagiert und dass die Vorgänge von noch mehr Unterbrechungen gekennzeichnet sind, als das bisher auf den Desktops der Fall war. Gerät und Applikationen müssen diese und andere Anforderungen intuitiv adressieren. So arbeiten die Forscher an Lösungen, die es dem Nutzer leichter machen, Informationen auf dem mobilen Endgerät zu priorisieren und im richtigen Kontext zu bearbeiten. Ein Beispiel hierfür ist der Prototyp Mail Triage, mit dem der Nutzer seine E-Mails danach indizieren kann, wie er später damit verfahren will, also ob er sie zum Beispiel direkt beantworten, den Versender anrufen oder anders mit ihnen verfahren will.

Fazit

Das iPad stellt einen Meilenstein dar, da es Tablets als Arbeitsgeräte in privater Nutzung zum Durchbruch verhelfen wird. Dieser Trend wird analog zum Erfolg des iPhones ins Geschäftsleben überschwappen. Schon heute sieht man iPads als Management-Gadgets, aber es wird nicht beim Apple-Modell bleiben. Tablets werden generell Einzug halten, auf Management-Etagen und im Außendienst. Und wie im Markt für Smartphones werden es nicht nur Apple-Geräte sein. Hier wird es eine gesunde Vielfalt geben. Insbesondere Linux-basierenden Systemen mit Android oder Ubuntu sind durchaus auch Erfolge zuzutrauen, da sie mit ihrem Betriebssystem doch der Unternehmens-IT näher und vertrauter sein dürften. Wie groß oder gar dominant der Erfolg des iPad im professionellen Einsatz sein wird, ist eine offene und spannende Frage. Auch wenn es noch technische und funktionale Lücken zu schließen gibt, hat Apple sich schon einmal einen Riesenvorsprung vor dem Wettbewerb herausgearbeitet.

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