Facebook fürs Unternehmen oder die universelle soziale Inbox

Vor einigen Tagen hat Facebook einen ausgebauten E-Mail Service auf seinem sozialen Netzwerk angekündigt. Das Thema wird lange und breit in Blogosphere und Medien diskutiert. Ist das die fanfarenartig ausgestossene Kampfansage an Google? Ist das das Ende der bisher gekannten E-Mail? Verschiedene Posteingänge gibt es nun schon seit langem. Wer Facebook, Xing oder LinkedIn nutzt hat jeweils einen Nachrichteneingang. Daneben gibt es die „normalen“ E-Mail-Postfächer. Der glückliche Anwender hat vielleicht nur eine private E-Mail. Manch einer dagegen hat mehrere E-Mail Adressen. Extrem anstrengend und durchaus aufwendig ist es, alle Posteingänge zu überwachen und zeitnah zu bearbeiten.

Einige Medien haben von der universellen Social Inbox gesprochen, in der Facebook alle Posteingangskanäle, von E-Mail über Chat bis SMS zusammenfasse. Das soziale Netzwerk wird zur Schaltzentrale für Netzwerken sowie Nachrichten versenden und empfangen.Viele dieser Funktionen erinnern mich sehr stark an Project Vulcan, die Technologien, an der Kollegen in der IBM derzeit arbeiten. eWeek schrieb im Januar 2010 dazu IBM’s Project Vulcan Is Google Wave Meets Facebook Meets BI. Ich habe ein YouTube-Video vom April 2010 in diesen Beitrag eingebettet, in dem Ron Sebastian eine Preview von Project Vulcan gibt. Eine der wesentlichen Funktionen von Project Vulcan ist aus meiner Sicht, daß verschiedenste Informationsströme in einem universellen Posteingang konsolidiert zusammenlaufen. Das können E-Mails sein. Das sind aber auch Informationen aus dem sozialen Netzwerk, Aktivitäten und Aufgaben aus Lotus Connections, Status Updates von Kollegen, mit denen ich vernetzt bin, Benachrichtigungen, daß ich eine bestimmte Passage in einem Dokument oder einer Präsentation bearbeiten muß (Project Concord), Prozesse aus SAP (die über Alloy eingespielt werden) und viele andere Informations- und Aufgabenströme. Ein Fluß von Informationen, ein electronic river of information entsteht.

Der Anspruch von Project Vulcan geht aber noch darüber hinaus. Die Informationen oder Aufgaben sollen auch direkt bearbeitet werden können, ohne in einen anderen Client, beispielsweise SAP, wechseln zu müssen. Es entsteht eine Universal Social Inbox, in der direkt gearbeitet wird. Die Anwender leben nicht mehr in der bekannten E-Mail Inbox. Sie leben in einer Oberfläche, die viel stärker durch Funktionen von Social Software geprägt ist. Vor einiger Zeit habe ich geschrieben, daß das soziale Netzwerk, das Mitarbeiterverzeichnis der Zukunft sein wird. Das hat zu Zustimmung und auch sehr kritischen Bemerkungen geführt. Ich denke, daß soziale Netzwerke auch die bekannten drögen und funkionsarmen E-Mail-Adressbücher ablösen werden. Statt nur E-Mail-Adresse und spärliche Adressinformationen zur Verfügung zu stellen, werden Präsenzanzeige, direkte Möglichkeit zum Anrufen und Anchatten, Anzeige des Netzwerks des Adressaten und weitere Funktionen zur Verfügung stehen.

Für die private Nutzung wird diskutiert, ob Facebook GMail oder andere E-Mail-Systeme ablösen wird. Im beruflichen Umfeld ist der E-Mail-Client der Zukunft vielleicht gar keiner mehr sondern ein „Social Software-Client“, eine Kombination von Project Vulcan und Lotus Connections? Oder für die, die es lieber konservativer haben wollen: Der E-Mail Client der Zukunft wird immer funktionsreicher werden und bekommt deutlich mehr Funktionen wie nur Nachrichten beantworten. Die jüngere Generation soll – so ist oft zu hören und zu lesen – nicht mehr in der E-Mail Inbox leben. Sie leben online in sozialen Netzwerken. Es scheint so, als ob dieser Trend auch in Unternehmen Einzug halten könnte, einhergehend mit einem weiteren Paradigmenwechsel. Bisher arbeiten wir E-Mail-orientiert, senden Nachrichten von einer Person an ein oder mehrere Empfänger. Nun könnte die einer Öffentlichkeit oder einer Teilöffentlichkeit zugänglich gemachte Pinnwand, das Teilen von Informationen auf schwarzen Brettern, in Wikis und Blogs, die Welle deutlich höhere Bedeutung erhalten. Auch hier scheint ein Kulturwandel statt zu finden. Vielleicht geht der professionelle „Social Software-Client“ für den Unternehmenseinsatz sogar noch weiter und erlaubt die soziale Zusammenarbeit über Unternehmensgrenzen hinweg, natürlich in einem B2B-Umfeld dann in einer sicheren Umgebung in der Cloud? Derzeit noch unvorstellbar? Ich bin mir nicht sicher, wei weit weg wir davon wirklich sind. Das Web 2.0 mit Tools wie Twitter oder Facebook, Blogs und Wikis hat eine Ära der sozialen Transformation eingeläutet, die auch vor den Unternehmensmauern nicht halt machen wird. Und da gestaltet man lieber, statt überrollt zu werden. Ich bin auf die Lotusphere 2011 sehr gespannt.

Der Beitrag repräsentiert meine persönliche Meinung und ist keine Stellungnahme meines Arbeitgebers IBM.


 

Posted from Digital naiv – Stefan63’s Blog

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