Kommentar: CES – Deutschland, Land ohne Ideen (via Netzwelt) – Wirklich?

Eine sehr pessimistische Analyse des Innovationsstandorts Deutschland:

Die so innovativen Deutschen begnügen sich in der Computerwelt mit der Rolle der Spaßbremse. Sie nörgeln an Google Streetview herum, ärgern sich über Produkte, die nicht perfekt sind und haben Angst vor Sicherheitslücken. Es ist kein Zufall, dass Deutschlands bekannteste Computerexperten im Chaos Computer Club und ihre Tage damit zubringen, auf Probleme und Sicherheitslücken hinzuweisen. …

Es geht darum, dass Innovationen das Zusammenleben der Menschen und ihre Lebensweise beeinflussen. In all diesen coolen Produkten und Internet-Diensten steckt immer auch eine Weltanschauung, die wiederum von der Kultur und Gesellschaft dahinter geprägt ist. Facebook, YouTube, Twitter, Powerpoint und das iPhone sind sozusagen in Produkte gegossene Weltanschauungen. Und das Weltbild der modernen Gesellschaft wird stärker als je zuvor von einer Technik-Elite geprägt, die fast ausschließlich in den USA lebt. …

… Schade nur, dass so wenig gute Ideen aus Europa oder Deutschland kommen. Schade, dass aus Deutschland keine starken Ideen, Innovationen oder Geschäftsmodelle kommen, die genügend Faszination oder Kraft hätten, um international zu beeindrucken. Deutschland, das Land der Dichter und Denker, hat im digitalen Zeitalter nichts beizutragen, ist zum Mitläufer geworden.

Ich stimme dieser Analyse nur partiell zu. Ich glaube, daß wir in Deutschland schon innovativ sind und neue Dinge entwickeln. Wir sind aber hundsmiserabel dabei, diese Ideen zu vermarkten. Ich habe diese ja selbst auch leidig erlebt, als mein damaliger Arbeitsgeber vergeblich versuchte, international zu expandieren und insbesondere in den USA kläglich scheiterte und das am Neuen Markt gewonnene Kapital verbrannte. Die Deutschen sind keine Marketiers bzw. schlechte Marketiers. Wir sind wohl zu sehr Bedenkenträger. (Man verzeihe mir diese verallgemeinernde, zuspitzende Aussage.)

Hinzu kommt, daß es hierzulande keine Kultur des Venture Capitals gibt. Das Platzen der Neue Markt-Blase hat dazu beigetragen, daß für neue Gründer die Chancen noch schlechter stehen, an Kapital zu kommen. Wer ein Firma gründen und eine Idee wirklich massiv vermarkten will, geht in die USA. Vielleicht werden die Umwelttechnologien noch ein Gegenbeispiel. Mal schaun.

Eine (kleine) Lanze möchte ich auch für die Deutschen als Spaßbremse und Nörgler brechen. Ich bin sicher jemand, der für den offenen, innovativen Umgang mit Technologie plädiert (und ich ja deswegen ja auch hier und da kritisiert worden – siehe Kritik am Mitarbeiterverzeichnis der Zukunft oder die Diskussion auf dem DNUG Praxisworkshop Social Media). Ich möchte aber durchaus zu einem kritischen, nicht zu (amerikanisch) blauäugigen Umgang mit Technologie raten. Die Art, wie beispielsweise Mr. Schmidt und Mr. Zuckerberg naiv, fahrlässig oder bewusst mit Daten umgehen, ist für mich ein Beispiel, wo deutsches Genörgel durchaus angebracht ist. Auch wenn wir oft als Technikfeinde und Blocker dastehen (Und das auch bei Themen wie Betriebsrat und „Hire-and-fire“) : Eine gesunde Balance zwischen Technikfreundlichkeit und kritischem Bewusstsein ist gefragt.

P.S. Eine kleine Randbemerkung an den Autor von netzwelt, der darüber philosophiert, wie ein Office-Paket aus Deutschland aussehen werde: OpenOffice entstand einmal hier in Deutschland als StarOffice …

Posted from Digital naiv – Stefan63’s Blog


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