Die Deutschen und das Netz: „Neuland“ gestalten …

Das Internet ist für die Politik – quer durch alle Kontinente und Länder und quer durch alle Systeme – ein willkommenes Kontroll-Tool, im übrigen aber ein Störfall. Das Internet macht Politik anstrengend. Die Selbstorganisationskräfte sind riesig, das Kommunikationspotential auch für politische Inhalte unendlich. Die Dynamik, die das Internet politisch entfalten kann, hat es nicht erst im arabischen Frühling oder zuletzt in der Türkei bewiesen. Eine Dynamik, die viele Politiker in ihrer digitalen Inkompetenz oft peinlich lächerlich hat erscheinen lassen; zuletzt Angela Merkel mit ihrer “Neuland”-Bemerkung bei Obamas Besuch.
Die schlimmste Bedrohung der politischen Klasse – … – ist die Transparenz, die das Internet bietet. … Und Initiativen per Internet sind viel zu schnell und quecksilbrig, um der Politik eine Chance zu geben, auch nur halbwegs zeitnah angemessen reagieren zu können.
So dumm, wie man die Politik gerne darstellt, ist sie aber nicht. Sie weiß, dass sie das Internet nicht mehr loswerden kann. Dazu hat es sich zu sehr als positiver Wirtschaftsfaktor, als sensationeller Produktivitäts-Multiplikator und als Echtzeit-Kommunikationstool bewährt. Die Büchse der Pandora ist geöffnet und lässt sich nicht mehr schließen. …
… Die wirksamste Waffe gegen das Internet ist wohl, es umfassend – und nachhaltig (hier passt die Politphrase) in Misskredit zu bringen. Und was eignet sich besser dafür, als es als allgegenwärtige Überwachungskrake jenseits aller Negativszenarien (Orwells “1984″ u.v.a.) zu desavouieren?

Michael Konitzer auf Carta.info: Die Dekonstruktion des Internets

An dieser Analyse ist viel dran. Wenn ich sehe, wie viele sich aus Angst in meinem Bekanntenkreis schon heute dem Netz verweigern. Sehr oft sind es unter meine Bekannten gerade Lehrer, die Angst vor Mobbing im Netz haben … Vorfälle wie Prism potenzieren noch die 1984er Vorbehalte und verstärken die Verweigerungshaltung beziehungsweise die negative Grundeinstellung zum Netz. Ob Merkel und Konsorten einfach darauf setzen, dass die breite Wählermasse eh skeptisch gegenüber dem Netz eingestellt ist, dies in der Tat noch immer „Neuland“ für sie ist und diese Themen eh nicht wahlentscheidend sind?

Demgegenüber steht die Wahlkampfstrategie eines Obama, der durch den gezielten Einsatz des sozialen Netzes wohl die entscheidenden Wählerstimmen geholt hat. Aber vielleicht sind wir in der Nutzung und Akzeptanz des Netzes einfach noch nicht so weit wie die USA. Das eigentliche Problem ist, dass wir uns in Deutschland jenseits einer kleinen Netzelite einfach noch nicht konstruktiv und genug mit dem Netz auseinandersetzen. Die Betonung liegt auf nicht verweigernd, sondern auf konstruktiv, analytisch, gestaltend, über den Tellerrand einer nur piratisierenden Netzsplittergruppe hinaus blickend.

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