Amazon, Google, Facebook & Co.: Und man kann sie doch zügeln …

Ein wertvoller Beitrag, den Ulrich Schäfer auf Sueddeutsche.de veröffentlicht. Es geht um die auch hier schon oft vermeintliche Allmacht und Unangreifbarkeit der großen amerikanischen Internetgiganten. Oft entsteht der Eindruck des Fatalismus. Geht nicht, sind eh schon zu mächtig, hört man allenthalben. Mehr als  nur ein Hauch von Resignation schwingt da bei dem Einen oder Anderen mit.

In seinem Essay widerspricht Schäfer und das vollkommen zu Recht. Hoffnung macht … Europa.

Tatsächlich lassen sich die Digitalkonzerne sehr wohl einhegen. Und ausgerechnet Europa weist dabei die Richtung. Die EU-Staaten haben damit begonnen, dem wilden, ungezügelten Internetkapitalismus Made in USA etwas entgegenzusetzen: einen eigenen Ordnungsrahmen. Noch existiert dieser Rahmen erst in Fragmenten, noch fehlen wichtige Verbindungsstücke, noch werden die einzelnen Elemente zu zögerlich zusammengefügt. Aber: Ein Anfang ist gemacht.

via Facebook, Google und Co.: Fangt die Tech-Konzerne ein! – Wirtschaft – Süddeutsche.de

Auch das Kartellamt zeigt Profil – wie nicht viele deutsche andere deutschen Behörden, die doch einknicken oder nicht gegenwärtig sind, wie wichtig es ist, Kante zu zeigen. Das Drama rund um Linux in der Stadt München zeigt, wie gerade auch die großen Parteien vor Lobbyisten und Konzernen einknicken. Da können EU-Experten noch so mahnen und gar von Drogendealer-Modellen sprechen. Lieber folgt man dann den Empfehlungen des engen Microsoft-Alliierten Accenture zur Ablösung von Open Source und Einführung von Windows. Ein Schelm …

Schäfer zitiert Kartellamtschef Andreas Mundt:

Und nun legen sich die deutschen Wettbewerbshüter auch noch mit Facebook an, weil das Unternehmen Daten in viel zu großem Stil sammelt und dabei, kritisiert Kartellamtschef Andreas Mundt, „ein echtes Profiling, fast im kriminaltechnischen Sinn“ betreibt: Facebook sammelt von Followern und anderen Internetnutzern nicht bloß Informationen aus dem sozialen Netzwerk selbst, sondern auch aus anderen Quellen; und zwar, ohne darüber zu informieren. Die Kartellwächter schrecken auch nicht davor zurück, sich mit scheinbar übermächtigen Gegnern anzulegen: Dass ein Konzern wie Facebook „eine globale Geschäftsstrategie verfolgt, kann ja nicht dazu führen, dass wir die Hände in den Schoss legen“, sagt Andreas Mundt.

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Chapeau, Herr Kartellamtschef für die klaren Worte und das Handeln. Und ja, das Thema ist angesichts nationaler und europäischer Rangeleien und Zuständigkeiten sicher nicht einfach. Und ja, die Macht der Konzerne nimmt zu, in ihrem Börsenwert und bei den Anwendern:

Laut der Unternehmensberatung PwC kaufen 90 Prozent aller Deutschen, die Online-Shops nutzen, auch bei Amazon ein, und 90 Prozent nutzen hierzulande die Suchdienste von Google.

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Alles nicht so schlimm. Der Konkurrenzkampf zwischen Unternehmen wird es schon richten, glaubt man Verfechtern des freien, ungezügelten Wettbewerbs wie Alexander Armbruster, der am 20. Januar in der FAZ schreibt:

Andererseits ist auch die den großen Tech-Konzernen gerne zugewiesene Allmacht eine Übertreibung. Infolge nicht nur des Fortschritts in der Künstlichen Intelligenz sind sie einander sogar härtere Wettbewerber geworden – im Bereich der digitalen Assistenten, Cloud-Angeboten, Musik- und Videodiensten oder mobilen Betriebssystemen. Manchen mag die Moral des Silicon Valley befremden, der großes Zutrauen in die Problemlösungsfähigkeit von Technologie, Wissenschaft und dem Wettstreit um die besseren Produktideen zugrunde liegt. Bedrohlich ist sie nicht, im Gegenteil.

Eine aus meiner Sicht befremdliche Wahrnehmung, wenn man die monopolartige Stellung einiger Konzerne in durchaus kritischen Segmenten wie Online Shopping, Suche, soziales Netzwerken oder Betriebs- und Office-System sieht.

Alles nicht so schlimm, denn Monopole sind ja sogar gut, glaubt man dem deutschstämmigen PayPal-Mitgründer Peter Thiel, der „ausschließlich in der Wissenschaft und dem stetig technologischen Fortschritt der Schlüssel zum gesellschaftlichen Wohlstand“ sieht und die europäischen, insbesondere Bedenkenträger und „Regulierungswahnsinnigen“ scharf kritisiert. Wettbewerb zwischen unter Unternehmen führe nur dazu, dass die entsprechenden Unternehmen sich ausschließlich auf Profit konzentrierten anstatt großen Ideen hinterherzujagen. Eine steile These, die aus den Monopolen entstehende Macht besagter Konzerne mal so einfach ignoriert.

Bei aller Zustimmung, dass wir technologischen Fortschritt brauchen und konstruktiv gestalten müssen, schließe ich mich gerne Schäfer an, der die Behörden zum Handeln in vier Bereichen auffordert: gegen die Monopolmacht vorgehen, das Thema Datenschutz regeln, auf Bruch von Gesetzen prüfen und das Thema Steuerflucht adressieren:

Nötig ist ein Eingriff immer dann, wenn gegen Gesetze verstoßen wird, sei es im Wettbewerbs-, Steuer-, Sozial- oder Datenrecht ….

Das Ziel muss es sein, dem Wild-West-Prinzip, das anfangs im Internet galt, jenes Prinzip entgegenzusetzen, das sich in Europa seit Jahrzehnten bewährt haben: das Prinzip der sozialen Marktwirtschaft.

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Leider scheint es aber am politischen Willen und in vielen Parteien oft auch an der digitalen Kompetenz zu fehlen. Gerade in den großen Parteien, die ja auch gegen ein Lobbyisten-Verzeichnis sind … Stattdessen wird beispielsweise im „Ausschuss Digitale Agenda“ ja-wie-soll-man-es-denn-nennen? (Ursprünglich wollte ich herumdilettiert schreiben.)

(Stefan Pfeiffer)

Comments

Eine Antwort zu „Amazon, Google, Facebook & Co.: Und man kann sie doch zügeln …”.

  1. […] Verwaltung sind ja auch nicht gerade hinterher, Open Source und Alternativen zu unterstützten. Das leidige Thema der Stadt München ist ja zu bekannt. Und da kann es auch Berichte über die Risiken der Abhängigkeit heben, so viele […]

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