Die „Big Five“ Amazon, Apple, Facebook, Google und Microsoft: Ganz los werden wir sie wohl nimmer

Kashmir Hill hat für Gizmodo einen interessanten Selbstversuch gemacht und versucht, die „Big Five“ Google, Amazon, Facebook, Microsoft und Apple aus ihrem täglichen Leben auszusperren. [Kleine Randbemerkung: Der Begriff „Big Five“ mag ja erst einmal griffig und einschlägig sein. Allein tut man den armen Tieren unrecht, denn die sind schützenswert, im Gegensatz zu den Daten- und Netzgiganten.] Sie hat die entsprechenden Internet-Adressen der Anbieter über ein VPN für je eine Woche blockiert. Éine empfehlenswerte, interessante und teilweise frustrierende Lektüre.

In ihrem Beitrag zu Microsoft erinnert Kashmir an den missglückten Versuch der 90er Jahre, den Konzern wegen seiner Dominanz aufzuspalten. Damals war die Dominanz von Windows nicht zu übersehen und auch der Streit Internet Explorer versus Netscape als Browser ging durch alle Gazetten. Kashmir bemerkt zu Microsoft: „The big difference between Microsoft and the others in the Big Five is that it’s been forced into the shadows while the others are freely operating their respective empires right in our faces all the time.“ Oder um es frei mit Bert Brecht zu sagen: Und der eine steht im Dunkeln und die anderen stehen im Licht …

Selbst wenn man Microsoft Office und Windows mehr oder weniger aussperrt, wird man Microsoft meist nicht los. Skype oder LinkedIn sind zwei offensichtliche Beispiele, doch auch viele Server und Dienste agieren eher unauffällig im Hintergrund, vom Navigationssystem manchen Autos bis zu Active Sync und vielen anderen Diensten. Sehr amüsant das Beispiel Ford, das Microsoft nun aus seinen Wagen verbannt hat („too buggy“) und nun Dienste von Google und Amazon anbietet: “Ford and Alexa, a match made in tech heaven,” so zitiert Kashmir die Webseite von Ford. Und vergessen wir nicht, dass Microsoft die öffentliche Verwaltung im wahrsten Sinne des Wortes auf deutscher und europäischer Ebene in der Hand hat. Dagegen getan wird scheinbar nichts.

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Wie oft haben Kashmir’s Geräte versucht, Dienste der von ihr blockierten Anbieter zu verbinden. Illustration: Jim Cooke (Gizmodo Media Group) ©Gizmodo Meda Group – All rights reserved

Das Ergebnis beim Versuch, Amazon zu ignorieren, ist Kashmir gescheitert. Ihr Haushalt ist Echo- und Kindle-verseucht. Hinzu kommt – natürlich – der Onlinehandel, der nicht nur den USA heute zum Alltag vieler Konsumenten gehört. Nicht direkt im Blick haben „normale Anwender“ Amazon Web Services. Oder doch. Kashmir schreibt: „Spotify is the last entertainment provider standing (for now), because its music lives in the Google cloud.“ Und sie stellt fest, dass auch Alltags- und Arbeitswerkzeuge, bei denen man nicht an Amazon denkt, auf der Cloud-Technologie laufen: Slack und auch Signal. Gottseidank gibt es ja End-2-End-Verschlüsselung.

Dann hat Kashmir Facebook für eine Woche aufgegeben – und sie fühlte sich einsam, hat Freunde und Bekannte vermisst, sogar die Nachrichtenflut mit durchaus fragwürdigen Inhalten. Kein Facebook, kein Facebook Messenger, kein WhatsApp und kein Instagram. Viele Konsumenten scheinen sich gar nicht vor Augen zu halten, wie viele Kanäle Zuckerberg und Facebook beherrscht – und potentiell auf einer Plattform vereinen wollen. Selbst meine Frau, die auf Facebook keine privaten Bilder will, nutzt weiter WhatsApp und teilt Informationen und Links beispielsweise zu begrüßenswerten Umweltinitiativen. Und ich konnte meine Tennisgruppe auch nicht überzeugen, von WhatsApp weg auf Signal zu gehen. Die normalen Anwender/innen sind leider meist bequem oder nicht informiert. „Ich habe ja nichts zu verbergen.“

Schließlich kam auch Google an die Reihe, das 2018 ja auch mit dem Google+-Datenskandal zu tun hatte (Datenleck von 500.000 Nutzern) oder mit aufmüpfigen Mitarbeitern zu kämpfen hatte, die keine Künstliche Intelligenz für das Pentagon entwickeln wollte. Kashmirs Fazit: Ein Leben ohne Gmail, Kalender, Chrome, Docs, Suche, Maps (kontrolliert, so der Beitrag, 77 Prozent der Navigation), YouTube anderen gewohnten Services und Apps von Google ist … schwierig. Auch tritt der gleiche Effekt wie bei Amazon auf: Einige Services funktionieren nicht, wie im Falle Google Uber oder Spotify. Kashmir hatte auch eine interessante Erfahrung mit Dropbox. Dort konnte sie sich auch nicht mehr einloggen, weil Dropbox auf Google in der Identifizierung, ob es sich bei der/dem Anmeldenden um eine wirkliche Person handelt. Und denken wir noch an Android, das beherrschende Betriebssystem für Smartphones, das für viele Nutzer/innen logischerweise unverzichtbar ist.

[Einen Bericht über Apple habe ich hier später ergänzend veröffentlicht.]

Die Diskussion um eine Zerschlagung von Facebook, aber auch der anderen Konzerne wird an vielen Stellen – auch hier im Blog oder bei #9vor9 – geführt. Auch dazu finden sich interessante Stellen in den Artikeln von Kashmir. Sie zitiert beispielsweise Antonio Garcia-Martinez bezüglich der Erfahrungen, die man mit dem Microsoft-Fall gemacht hat: “U.S. antitrust laws, written in the industrial age, don’t capture many of the new realities and potential dangers of these vast data empires.” Die Gesetze genügen einfach nicht mehr, um die Daten- und Plattformgiganten zu zerschlagen. Entsprechende Hoffnung dürfte vergebens sein, auch wenn Aktivisten wie Sarah Miller, Deputy Director des Open Markets Institute, laut das Eingreifen der FTC fordern, da das Facebook-Imperium für “77 percent of mobile social networking traffic in America” stehe.

Meine persönlichen Erfahrungen

Ich bin da eher bei Sean O’Brien, Gründer des Yale Privacy Lab, der dazu auffordert, so wenig Dienste von Google (und den anderen Giganten) wie nur eben möglich zu nutzen: „Even me as an activist on these issues, a privacy maximalist, I can’t completely cut myself off.” Auch ich versuche seit geraumer Zeit, die Services von Amazon, Facebook, Google und Microsoft so wenig wie möglich zu nutzen. Hier nun meine persönlichen Erfahrungen:

Microsoft: Ich nutze wie Kashmir auch keine Windows-Rechner, sondern bin mit allen Vor- und Nachteilen auf Mac und Apple-Geräten. Die Nutzung von Microsoft Office ist deutlich zurück gegangen, ich komme aber nicht ganz um Excel oder Powerpoint herum. Tja, und auch LinkedIn nutze ich weiter, mehr sogar nach meinem Abschied von Facebook. Skype brauche ich nur für unsere Gespräche jeden Dienstag.

Amazon: Eine Leben ohne Shopping bei Amazon geht, ist aber manchmal aufwendiger. Alexa, Echo und Co gibt es bei uns eh nicht. Aber ich bin Slack- und Signal-Anwender, habe aber bei Signal eigentlich kein schlechtes „Sicherheitsgewissen“, obwohl ich mir wünschen würde, dass Signal einen andere Cloud-Plattform nutzen würde.

Facebook: Von Facebook bin ich nun einige Wochen weg  und ja, ich vermisse vor allem die leichten Flachsereien, zum Beispiel mit Thomas Wedel zum Bundesliga-Geschehen. Auch hat meine Abstinenz sicher auch Einfluss auf die Klickzahlen in meinem Blog. Zu WhatsApp habe ich mich ja schon geäußert: Viele sind sich wohl nicht gegenwärtig, dass WhatsApp zu Facebook gehört und ziehen keine Konsequenze.

Google: Meine Suchmaschinen sind Qwant oder DuckDuckGo. Nur selten rufe ich die Google-Suche noch auf. Von Gmail verabschiede ich mich gerade sukzessive und bin auf Mailbox.org umgestiegen. Scheint zu funktionieren. Aber auch bei Google ist klar: Irgendwo im Hintergrund nutze ich Google Services. Denken wir nur an Google Analytics im Zusammenspiel mit meinem WordPress-Blog.

Wie und ob ich die „Big Five“ vermeiden kann, habe ich in diesem Artikel behandelt: Digitale Veganer? Realistischer ist es, dass wir auf Diät gehen

(Stefan Pfeiffer)

Comments

3 Antworten zu „Die „Big Five“ Amazon, Apple, Facebook, Google und Microsoft: Ganz los werden wir sie wohl nimmer”.

  1. […] muss, bis hier endlich mit einer eigenständigen europäischen Digitalpolitik geantwortet wird, die Gegengewichte zu den „Big Five“ […]

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  2. […] habe hier bereits über das Experiment von Kashmir Hill geschrieben, die fünf das Netz, Desktop und mobile […]

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  3. […] Die „Big Five“ Amazon, Apple, Facebook, Google und Microsoft: Ganz los werden wir sie wo… […]

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