Von wegen digitale Souveränität und großer Wurf: Wie die deutsche Verwaltung unter anderem von Word- und Excel-Makros abhängig ist | Digitalthemen bei #9vor9

Der Herr mit den unsäglichen Aussagen und eben solcher Frisur hat heute in hohem Maße die Digitalthemen der Woche dominiert. Lars hat Facebook, Twitter & Co und die anstehenden US Wahlen auf der Pfanne: Facebook will kurz vor US-Wahl keine neue Politwerbung annehmen, so berichtet (nicht nur) Zeit Online. Sicherlich wird es in den kommenden Wochen spannend, gerade auch, wenn man sich die letzten Wahlen entsprechend anschaut. Schlimmer geht nimmer? Oder etwa doch.

Mein Thema wurde durch die ct beziehungsweise heise online in entsprechenden Beiträgen und einem Video-/Podcast inspiriert. heise ist weiter gefühlt die einzige IT Publikation, die sich konstant mit Open Source und digitaler Souveränität Deutschlands kritisch auseinander setzt. Jan Mahn Christian Wölbert eröffnen ihren Beitrag wie folgt:

Washington, Herbst 2020: In der heißen Phase des US-Wahlkampfs verschärft Donald Trump die Sanktionen gegen die Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 und verbietet amerikanischen Digitalkonzernen die Zusammenarbeit mit staatlichen Stellen in Deutschland. Kurz darauf verlieren Hunderte Behörden, Krankenkassen und Schulen den Zugriff auf Cloud-Dienste wie Microsoft Office 365, Google Docs und Cisco Webex.

Die riskante Abhängigkeit der Bundesrepublik von amerikanischen IT-Riesen | heise online

In den einigen Beiträgen nehmen die Redakteure die lange bestehende Abhängigkeit der deutschen Verwaltung vom Betriebssystem Windows, von Microsoft Office insbesondere mit tausenden von Excel- und Word-Makros, vom Active Directory, das die Administratoren zu lieben scheinen, und von Fachanwendungen, die nur unter Windows laufen, aufs Korn. Und das sind Themen, die quasi schon Jahrzehnte bekannt sind und wo sich gefühlt nichts oder nur sehr wenig ändert. Die ganze Situation scheint sich jetzt noch durch die Bewegung in die Public Cloud oder einer quasi Private Cloud von Microsofts Gnaden zu verschärfen, wie heise korrekt umschreibt.

Die Grafik der ct zum Thema Digitale Souveränität – Die Beiträge sind im Heft und auch online unter heise+ gegen einen entsprechenden Obolus verfügbar.

Hier sei auch nochmals auf das 2019 veröffentlichtes Gutachten von PricewaterhouseCoopers (PwC) (PDF) verwiesen. Schauen wir mal, ob die neue Abteilung für digitale Souveränität etwas spürbar verändern wird. Uns – Lars und mir – scheint der politische Wille zu fehlen. Und die föderale Struktur trägt offensichtlich auch ihren Teil bei.

Thomas Bönig, „Chief Digital Officer“ der Stadt München, die ja mit LiMux eine never ending Story zu produzieren scheint, fordert auf heise online:

Zielführend wäre es, wenn der Bund zusammen mit der europäischen Industrie zwei oder drei zertifizierte Betriebssysteme vorgibt, die in der Verwaltung eingesetzt werden können und die von allen Herstellern von Fachverfahren unterstützt werden müssen. … Dann können wir als Kommune frei wählen, ohne abhängig von einem einzigen Konzern zu sein.

Woran LiMux scheiterte und was wir daraus lernen können | heise online

In Frankreich beispielsweise scheint sich, so eine neue Studie des European Center for Digital Competitiveness (ESCP) zur digitalen Wettbewerbsfähigkeit, deutlich mehr zu tun. Macron hat sich das Thema Digitalisierung auf die Trikolore geschrieben. Er hat die digitalen Hosen an. Christian Wölbert bemängelt, dass der große Wurf der Bundesregierung immer noch ausstehe:

Der Bundesregierung fehlen offensichtlich Mut und Kraft, die verkorkste IT-Konsolidierung noch einmal neu auszurichten – und ernsthaft auf Open Source zu setzen.

Kommentar: Der „große Wurf“ zur „digitalen Souveränität“ bleibt aus | heise online

Braucht es etwa doch das Digitalministerium, wie unser Freund Gunnar Sohn schon lange fordert? Muss unsere Staatsministerin Doro Bär nicht nur das digitale Dirndl anziehen, sondern endlich auch die entsprechenden Befugnisse bekommen?

Und in rührseliger Erinnerung unser Talk zum Thema Open Source „Freier Code für freie Bürger“ im IBM Livestudio in Berlin vom vergangenem Jahr mit Stephan Dörner, Chefredakteur von t3n Online, Saskia Esken, damals Bundestagsabgeordnete der SPD und Mitglied in der Arbeitsgruppe der Enquete-Kommission „Künstliche Intelligenz“, dem Blogger Michael Seemann und mit Peter Ganten, Vorsitzender der Open Source Business Alliance.

(Stefan Pfeiffer)


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