Mitarbeiter an der Leine führen? Homeoffice und mobiles Arbeiten bei #9vor9 mit Birgit und Ole Wintermann

Zu Gast bei bei Dachdecker Lars und mir waren diesmal Birgit und Ole Wintermann von der Bertelsmann Stiftung zu unserem gemeinsamen Thema Homeoffice beziehungsweise mobiles Arbeiten. Und in den 25 Minuten unseres Gespräches haben wir die Befürchtung diskutiert, dass gar manche Führungskraft oder gar manche Personalabteilung gerne wieder den Geist in die Flasche, sprich die Mitarbeiter:innen ins Büro befehlen würden. Wird das so kommen?

Entsprechende Initiativen und Statements sind auf jeden Fall an verschiedenen Stellen nachzulesen. Die Erfahrungen der vergangenen Monate werden hier und da ignoriert. Statt aus den Homeoffice-Zeiten in der Pandemie zu lernen und neue, hybride Arbeitsmodelle zu entwickeln wird versucht, einen Status Quo von gestern zurück zu holen, so oft der Eindruck.

Ole hat es schön auf den Punkt gebracht: Bei den Betrachtungen sollte man sich auf die Beschäftigten konzentrieren, was die wollen, um so das Beste für das Unternehmen und die Mitarbeiter:innen heraus zu holen. Genau die Studien, die darauf ihren Fokus legten, solle man sich zu Gemüte führen, statt die oft aus reiner Arbeitnehmer- oder Arbeitgebersicht verfassten Berichte zu Rate zu ziehen. An dieser Stelle seien beispielsweise die Studien der Initiative D21, von Bitkom oder auch von der Bertelsmann Stiftung zur Zukunft der Arbeit genannt und verlinkt.

Auch manifestiert sich vieler Orten ein fragwürdiges Verständnis von Führung: Müssen Mitarbeiter:innen an der Leine wie ein Hund geführt werden? Sitzt frei nach Udo Lindenberg Jonny Controletti, der unter Führung nur zu oft Excel-Charts versteht, in vielen Leitungspositionen – und lässt die Kollegen:innen leiden? Arbeitszeitkontrolle durch Erfassung der Zeiten, wer wie lange mit einem bestimmten Tool arbeitet, sind nur zu deutliche Auswüchse einer entsprechenden Mentalität. Nur zu gut, dass in Deutschland dann doch gegen diese Dinge – so sie sichtbar werden – vorgegangen wird. Die Situation in anderen Ländern ist sicherlich schlimmer und man geht unbedarfter mit solchen Daten um.

Interessant ist es sicherlich zu beobachten, ob sich Büros wirklich zu den Kreativplätzen entwickeln werden, die vielerorts in Hochglanz promotet werden. Orte der Zusammenkunft, der Zusammenarbeit und des kreativen Miteinanders statt Großraumbüros, in denen eh jeder hinter seinem Bildschirm in Videokonferenzen sitzt. Kann man denn nur im Büro kreativ und innovativ sein? Dieser Wahrnehmung wurde in unserem Gespräch vehement widersprochen. Geographisch verteilte Teams sind in vielen Unternehmen gelebte Realität – und diese Teams waren nach unserer aller Beobachtung durchaus innovativ und kreativ.

Nur zu oft wird schwarz-weiß gemalt, wird von einem entweder-oder gesprochen, statt gezielt über Mischmodelle von Büro, Homeoffice und mobilem Arbeiten nachzudenken und diese umzusetzen. Leicht sind plakative und provokante Statements abgesondert, dass Gemeinschaft und Teamsport nur im Büro entstehe.

Auch sei an dieser Stelle durchaus nochmals auf die ökologischen Aspekte verwiesen. Vor Jahren habe ich einmal ausgerechnet, wie viele Kilometer ich in meiner Zeit im Büro bei der FileNet GmbH auf der Straße verbracht habe, wie viel Zeit im Auto auf dem Weg ins oder vom Büro. Erschreckende Zahlen für das Klima und das persönliche Wohlbefinden, die man zumindest teilweise entschärfen könnte, so man es denn will.

Der Erdumfang am Äquator beträgt rund 40.000 Kilometer. Ich habe also in den sieben Jahren fünfmal die Erde umrundet und unendlich viel Lebenszeit auf der Autobahn verbracht.

Nochmals herzlichen Dank an Birgit und Ole Wintermann für das Gespräch. Wir werden in Kontakt bleiben und die beiden sicherlich wieder zu ihrem neuen Schwerpunkt Nachhaltigkeit und digitale Transformationen zu einladen!

Anhang

Die Links, die uns Birgit und Ole besonders ans Herz legen:

Bild von Peggychoucair auf Pixabay

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