Deutschland auf Platz 25 gefallen – Dramatische Lesung zum Stand unserer Digitalisierung bei #9vor9

Er hat es dann doch nicht getan, der Lars Basche, und hat keine dramatische Lesung des Partei- oder Wahlprogramms der CDU/CSU vorgenommen. Ich überlege noch, eine entsprechende Petition zu starten, damit er zu dieser Lesung gezw…, äh überredet wird. Das ist ein wirklich guter Plan für Deutschland, wie ich finde. Wir sind doch wieder bei einem hier schon oft diskutierten Thema gelandet. FDP und CDU fordern ein Digitalministerium, Olaf Scholz will die Kompetenz im Kanzleramt verankern und Robert Habeck will – so ein Bericht des Handelsblatts (€€) – die Richtlinienkompetenz in einem bestehenden Ministerium bündeln. Kanzlerkandidat Laschet jedenfalls träumt vom starken Digitalministerium mit einem App-Store für Verwaltung, in dem digitale Lösungen ausgetauscht werden.

Hehre Worte und Versprechen, aber das hatten wir doch schon einmal: Ein gewisser Peter Altmaier, damals noch Kanzleramtsminister, sagte 2017, dass Deutschlands Verwaltung bis 2021 komplett digital sei. Er sei bereit, zwölf Flaschen guten Grauburgunder darauf zu verwetten, dass dies klappe. Die Flaschen nehmen Lars und ich gerne entgegen, denn ganz so gut ist es dann doch nicht gekommen, wie wir alle wissen. Eher sogar schlimmer, scheint es, denn Deutschland ist im internationalen E-Government-Vergleich auf Platz 25 abgefallen, berichtet t3n. Man ist innerhalb von nur 2 Jahren um 13 Plätze abgefallen. Die Dänen liegen übrigens auf Platz 1. Zu den typisch deutschen Entscheidungsprozessen möchte ich nochmals auf diesen Artikel und die Grafik des Normenkontrollrats verweisen.

Und ich muss unserem Lars noch ein zusätzliches Lob aussprechen. Während ich nur die Zusammenfassung des Papers, was die Landesverwaltung Hessen aus der Corona-Pandemie gelernt hat, gelesen habe, ist er in die intellektuellen Tiefen des entsprechenden Papiers abgetaucht und hat dort bahnbrechende Vorschläge gefunden. Unter anderem hat er dort die Forderung nach schnellem Internet – an jeder Milchkanne?? – gefunden. Endlich hat es jemand nieder geschrieben!

Es ist schwer, zu diesem Thema nicht sarkastisch oder frustriert zu werden. Und damit haben sicher gerade diejenigen zu kämpfen, die Dinge in diesem Land verändern sollen und wollen. Im Interview mit der Wirtschaftswoche hört man solchen Frust auch beim Chef der Chef der Agentur für Sprunginnovationen, dem geschätzte Rafael Laguna, heraus:

Wir sollen Sprunginnovationen ermöglichen, müssen uns aber bei der Finanzierung von Forschungsprojekten an zahlreiche Verwaltungsvorschriften halten: an die Bundeshaushaltsordnung, ans Vergaberecht, ans EU-Beihilferecht, ans Besserstellungsverbot.  All das sind Konstruktionen, mit denen wir ein agiles Handeln des Staates nahezu unmöglich gemacht haben.

„Während wir Paragraf 65 einhalten müssen, hängen uns China und die USA ab“ – Wirtschaftswoche

Das ganze Interview lesen. Er macht den Job nur so lange, bis er sieht, ob die neue Regierung wirklich etwas ändert … Mal bewusst die drei Punkte gesetzt.

Mein Digitalthema der Wochen ist durch eine von ihm vorgestellte Studie und seinen Rant initiiert worden: Michael Kroker berichtet in seinem WiWo-Blog über Studienergebnisse, nach denen jeder fünfte Mitarbeiter in kleineren und mittleren Unternehmen am Arbeitsplatz überwacht (21 Prozent) würden. Logischerweise fühlen sich vielfach unter Druck gesetzt.

Im Windschatten der vermeintlichen neuen Freiheiten für viele Beschäftigte fürchteten viele Manager offenbar einen Kontrollverlust – und führten im großen Stil Tools zur Überwachung ihrer Mitarbeiter ein.

Krokers RAM: Vergesst Mitarbeiterüberwachung – sie steht Vertrauensarbeit diametral entgegen!

Geht natürlich gar nicht, wie auch Michael kommentiert, aber die Überwachung hat sich wohl deutlich seit der Pandemie erhöht. Man kann nun diesen Trend sehr leicht in Beziehung zu den Sicherheitsanforderungen setzen, die in der Pandemie im Homeoffice gelten sollten. Nur zu oft wird hier geschlampt und Daten oder Verbindungen sind eben nicht so abgesichert, wie es sich gehört. Sicherheit ist das Eine, Überwachung etwas Anderes und diese sollte nicht unter dem Deckmäntelchen Security durch die Hintertür eingeführt werden.

Und Lars musste mich natürlich noch auf einen weiteren Tweet aufmerksam machen, den ich kürzlich abgesetzt habe. Die Datenschutz- und Internet-Blase regt sich über die neuen Bestimmungen von WhatsApp aka Facebook auf und fordert – nicht erst seitdem – auf, die Plattform zu verlassen. Die normalen Anwender:innen schert es einen feuchten Kehricht (oder geht am Boppes vorbei), so eine Umfrage, die dpa in Auftrag gegeben hat. Sie zucken mit den Schultern, stimmen den neuen Bedingungen und bleiben auf WhatsApp, auch wenn viele angeben, ein schlechtes Gefühl zu haben.

Ja, lieber Rainer Pausch, wir sollten das Thema mal bei adressieren, wie Du vorgeschlagen hast, aber ich hätte hier gerne einen echten Experten mit an Bord und bin für Vorschläge dankbar. Dass ich selbst WhatsApp schon lange verlassen habe, habe ich ja ift genug kommuniziert. Im Gegensatz zu Katze oder Mops: Ein Leben ohne WhatsApp ist durchaus möglich und sinnvoll. In diesem Sinne lassen wir uns nicht unterkriegen!

Bild von Mikes-Photography auf Pixabay

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