A surrealist painting of a chessboard with Germany as the playing field. The chess pieces are the tech logos of X, Twitter, TikTok, YouTube, Facebook, and Instagram, as well as political symbols and the profile of Elon Musk, Putin, and Donald Trump. There are a lot of X and Twitter logos. The background is a dramatic, dark sky with clouds. The board is placed on a hill, with the German flag at the top of the hill.

Von Weimar lernen! Wirtschaft, AfD und die Demokratie – 1933 und 2025

Ich glaube, wir sollten die Unflätigkeiten, Unverschämtheiten und Lügen von Elon Murks mehr ignorieren. Jenseits jeder notwendigen Kritik und politischen Auseinandersetzung und Diskussion: Nach seinem umstrittenen Gastbeitrag in der „Welt am Sonntag“, in dem er die AfD als „letzten Funken Hoffnung“ für Deutschland bezeichnet und den schönsten AfD-Werbetext geschrieben hat, attackierte er Kanzler Scholz als Idioten und Bundespräsident Steinmeier als „undemokratischen Tyrannen“. Die Liste der Entgleisungen lässt sich beliebig fortsetzen, z.B. seine Nachrichten zum ach so woken Wikipedia oder dem Propagandablatt Spiegel. Gefühlt stündlich schleudert die Messaging-Maschine weiter Dreck hinaus. Musk ignorieren und seitens der EU regulieren und bestrafen. Das ist das Gebot der Stunde. Ich habe hier die Links zu seinen „Beiträgen“ bewusst nicht hinterlegt.

Musk mehr ignorieren und seinen Dreck nicht teilen

Die systematische Einflussnahme folgt einem erkennbaren Muster: Murks unterstützt weltweit rechtspopulistische Kräfte – von Nigel Farage in Großbritannien bis zu Javier Milei in Argentinien und Alice Weidel in Deutschland, die und deren Partei natürlich keinerlei Ähnlichkeiten mit Adolf Hitler hat. „Es geht nicht nur um ein paar kontroverse Posts, sondern um die Frage, inwieweit eine reiche, aber nicht demokratisch gewählte Einzelperson die öffentliche Meinung beeinflussen kann„.

Musk scheint Deutschland als gewinnträchtiges Terrain zu sehen, ein guter Moment für radikale Disruption und das weitere Schwächen der Kontrollmechanismen eines liberaldemokratischen Systems. Was von seiner Argumentation stimmt, spielt dabei keine Rolle – solange nur die Zweifel bleiben, dass er weitgehend ohne Kontrolle handeln kann und kräftig verdient.

Mehr Kontrolle bei Parteispenden

Nicht nur konservative Politiker wie Ruprecht Polenz fordern, politische, publizistische und wirtschaftliche Macht voneinander zu trennen. Die Höhe der Parteispenden solle begrenzt werden. Herr Linder sieht das wohl anders. Er will mehr Musk und Milei wagen. Seine Schleimspur ist deutlich Richtung Mar-a-Lago zu sehen. Aber er kommt zu spät. Alice aus dem rechtsradikalen Dunkelland ist schon da.

Wohl nur eine Randnotiz, aber Down Under scheint es eine interessante Entwicklung zu geben: Die australische Regierung führt laut London Economics Reformen zur Begrenzung politischer Spenden ein. Die Laborpartei habe einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der Einzelspenden auf 20.000 Dollar pro Kandidat und Jahr beschränken soll. Diese Initiative ziele darauf ab, den Einfluss von Milliardären und Großspendern auf die Politik zu reduzieren. Viele Berichte und Details zur Initiative habe ich bisher leider nicht gefunden. Warum gefällt mir die Idee generell so gut? Gut, das würde die Dreckschleuder X nicht stoppen, aber immerhin.

Zwei Alphatiere: Wie lange geht das gut und was passiert dann?

Vielleicht gibt es ja andere, wirksamere Mechanismen, Musk einzudämmen: Die FAZ und andere Medien munkeln, dass es zwei derartige Alphatiere nicht lange gemeinsam in einem Revier aushalten werden. Musk stehle Trump die Show, und mit hoher Wahrscheinlichkeit werde es eher früher als später zum Showdown kommen. Schaun wir mal, ob es passiert und wie sich die beiden Herren dann zueinander verhalten …

Doch noch einmal zurück zum Artikel von Herrn Murks in der Welt. Aus Wirtschaftskreisen und von den sogenannten Wirtschaftsweisen wurden nach dem Erscheinen eine Diskussion begrüßt und gefordert: „Wenn wir nicht umsteuern – also etwa der Rückzug des Staates aus vielen Wirtschaftsbereichen, Steuersenkungen, Anpassungen des Sozialstaats, Senkung der Arbeitskosten und eine vernünftige Energiepolitik,“ so die Wirtschaftsweise Veronika Grimm laut FAZ (€).

Nicht Musk blind hinterplappern, sondern vernünftig einordnen

Ich glaube, gerade eine Wirtschaftsweise sollte nicht die wirtschaftslibertären Narrative eines Herrn Musk vermeintlich nachplappern und so Programmpunkte der AfD quasi legitimieren. Die oben zitierten Aussagen von Grimm sind sehr generisch; jeder nickt erst einmal, und Aussagen wie „eine vernünftige Energiepolitik“ spielen gerade auch den Klischees in die Hände. Dass Herr Musk beispielsweise Gewerkschaften boykottiert, Tarifverträge verweigert und nach dem Hire-and-Fire-Prinzip agiert, wird einfach ignoriert. Dies gehört aber unbedingt zu einer vernünftigen Einordnung, wenn man schon den Musk-Artikel kommentieren muss.

In Wirtschaftskreisen werden seit geraumer Zeit wirtschaftsliberale Erleichterungen gefordert. Die Regierung ist ja an allem schuld. Also die jetzige Regierung. Die Wirtschaftsführer haben alles richtig gemacht und würden ja gerne, aber … Wie kann man nur einem Grünen das Wirtschaftsministerium anvertrauen? Der hat ja nicht die Kompetenz dazu, so die Argumentation nicht nur in einem Gespräch, das ich geführt habe. Diese Kompetenzfrage wird sinnigerweise bei einem Herrn Lindner nicht gestellt. Wenn man nach der Kompetenz der CSU-Verkehrsminister fragt, herrscht plötzlich betretenes Schweigen.

Wenn Vertreter aus der Gründerszene Koalition mit der AfD fordern

Die Situation vor der Bundestagswahl ist besorgniserregend. Wenn Vertreter aus der Gründerszene CDU-Chef Friedrich Merz auffordern, eine Koalition mit der AfD zu prüfen, falls mit der FDP keine Mehrheit zustande kommt, ist dies das I-Tüpfelchen. Ist es schon wieder so weit in der deutschen Wirtschaft? Haben wir von Weimar nichts gelernt? Wie kann man ernsthaft so etwas fordern? Die berüchtigte Brandmauer scheint immer mehr zu bröckeln.

„Wir können unsere eigenen Werte nicht zusehends über Bord werfen angesichts der Bedrohung durch die AfD“, schreibt die ehemalige Brandenburger Gesundheitsministerin Ursula Nonnenmacher (Grüne) in einem Gastbeitrag in der „Zeit“. Der Populismus sickert immer mehr in die demokratischen Parteien ein. „Ich würde mir wünschen, dass sich jede Partei auf ihre eigenen Themen besinnt. Und wir aufhören, der AfD hinterherzuhecheln.“

Anfang des Jahres 2024 gingen Hunderttausende gegen die AfD auf die Straße, auch einige Tausend hier in Darmstadt. „Die Proteste haben gezeigt, dass es eine aktive, demokratische Zivilgesellschaft gibt, die den Rechtsdruck wahrnimmt und kritisch sieht. Aber nüchtern betrachtet folgte auf diese Massenproteste nichts“, so Johannes Kiess im Gespräch mit n-tv. Und er hat wohl recht.

Für Demokratie eintreten: Bundestagswahl 2025 als kritischer Wendepunkt

Der Bundestagswahlkampf 2025 droht einer der schmutzigsten der Geschichte zu werden. Die AfD hat längst erkannt: Angst mobilisiert Wähler. Migration, Sicherheit und gesellschaftlicher Wandel werden instrumentalisiert. Jetzt verleiht Musk der AfD quasi noch wirtschaftliche Kompetenz. All das ist besorgniserregend.

Die Bundestagswahl 2025 könnte wie einst 1933 einen kritischen Wendepunkt für die deutsche Demokratie darstellen. Es geht um die fundamentale Ausrichtung unserer Gesellschaft: Spaltung und Hetze oder demokratischer Diskurs und konstruktive Kompromisse. Die Antwort darauf kann nicht allein von politischen Akteuren kommen. Jede Bürgerin und jeder Bürger ist gefordert, sich aktiv einzubringen – sei es in lokalen Initiativen, durch Diskussionen im persönlichen Umfeld oder durch entschiedenes Auftreten gegen Desinformation und Hetze. Demokratie lebt vom Engagement aller. Es liegt an uns, ob wir schweigend zusehen oder für ein demokratisches Deutschland eintreten.

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Comments

2 Antworten zu „Von Weimar lernen! Wirtschaft, AfD und die Demokratie – 1933 und 2025”.

  1. Wenn ich „Anpassung des Sozialstaats“ und „Senkung der Arbeitskosten“ höre: Warum muss ich dann wieder an Arbeitsverdichtung, Abschaffung des Sozialstaates und die weitere Belastung der Bevölkerung zu Gunsten einer Geldelite denken?
    Danke für den Beitrag!

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  2. Ich habe das Gefühl, wir sind so kurz davor! Danke für diesen Beitrag.

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