Die Zukunft von E-Mail: Ich bin ein E-Mailsortierer *schäm*

Ich oute mich gleich zu Beginn: Ich bin ein E-Mail Sortierer. Wichtige, aber auch leider viele nicht so wichtige oder später online nachrecherchierbare E-Mails lege ich in einer persönlichen Ordnerstruktur händisch ab. Den Ablagebaum mit Ordnern und Unterordnern habe ich mir über Jahre gemäss meiner Aufgaben erarbeitet und er scheint mir persönlich Sinn zu machen.

Die Diskussion ist ja schon an vielerlei Stelle geführt worden: Der Spiegel schreibt „Wer sortiert, verliert“ und zitiert eine IBM Studie, nach der man E-Mails nicht sortieren sollte. Diese koste nur Zeit. Man solle besser der Suchfunktion vertrauen. Für beide Optionen gibt es Pros und Kontras. Die Ablage in Ordnerstrukturen hat ihre Grenzen. Beispielweise kann man E-Mails nicht ohne wirklichen Zusatzaufwand parallel in verschiedenen Ordnern ablegen. Ich führe auf einer Veranstaltung ein Gespräch mit einem Analysten. Lege ich die betreffende E-Mail mit der Gesprächszusammenfassung nun im Ordner „05-MarCom/Analysten“ oder im Ordner „04-Kampagnen/EventXYZ“ ab? Inhaltlich gehört es in beide Ordner, aber physikalisch lege ich es in einem der Ordner ab und werde mir nicht die Mühe einer Duplizierung oder Verlinkung machen.

Durch die sozialen Kanäle ist nun neben der Ordnerstruktur ein neues Ordnungskriterium hinzugekommen: Informationen werden „getagged“, d.h. man verschlagwortet ein Stück Information mit Stichworten. Die oben erwähnte Gesprächsnotiz bekäme beispielsweise die Stichwort „Analyst“ , „Briefing“, „EventXYZ“, eventuell noch Firma und Namen des Analysten. Über diese Tags könnte ich dann später auf die Notiz wieder zugreifen, entweder über die Tagewolke oder Suche.

Tags haben noch nicht wirklich in die Welt der E-Mail Einzug gehalten. Weder die professionellen noch die privaten E-Mail-Anbieter offerieren derzeit Tagging. Tags sind ein typisches Kennzeichen der neuen sozialen Kanäle. Beispielsweise verwenden wir Tagging in IBM Connections, der Social Software der IBM. Jede Informationseinheit, ob nun das Profil eines Anwenders, ein Blogbeitrag, ein Lesezeichen, eine Community, eine Datei oder eine Aktivität kann (und sollte) „getagged“ werden. Wenn ich und meine Kollegen nun nach diesen Tags über die sogenannte Tagwolke oder konventionelle Recherche suchen, werden uns alle einem Tag zugeordneten Informationsobjekte angezeigt. Dieser übergreifende Aspekt ist besonders wichtig für Social Software. Ein persönliches Tagging auf der lokalen Festplatte der persönlichen E-Mail wäre wieder auf dieses Silo beschränkt und würde nicht andere Informationen (lokal gespeicherte Dateien etc.) umfassen. Und natürlich muss man sich die Frage stellen, ob Anwender angesichts der Flut der Nachrichten E-Mails wirklich manuell taggen und damit verschlagworten würden.

Eigentlich sollte man doch Hilfe von den ach so intelligenten DV-Systemen erwarten dürfen. Warum verschlagwortet nicht mein E-Mail-System oder mein Betriebssystem automatisch die Mails und sortiert sie – zumindest für die optische Darstellung – in bestimmte Ordner ein? Technologisch ist das heute machbar, dürfte aber die Rechnerleistung manches lokalen Computers doch überfordern. Am Ende landen wir dann doch wieder bei der Suchfunktion des E-Mail Programmes oder besser einer Desktop-Suche. Zu Zeiten als ich noch Windows nutzte, war bei mir Google Desktop Search auch in Kombination mit Lotus Notes im Einsatz (Und ich habe einige andere Werkzeuge durchgetestet), um eben nicht nur in meinen E-Mails, sondern auch im Dateisystem zu suchen.

Als Mac-Anwender nutze ich Spotlight, die eingebaute Suchfunktion des Mac Betriebssystems, mit der ich Dateien, lokal ge-cache-te Webseiten, Mails und mehr auf einen Schlag durchsuchen kann. Als Zusatztool habe ich Tembo installiert, das noch etwas komfortabler in der Sortierung der Suchergebnisse ist. Und wenn ich mein persönliches Nutzungsverhalten sehe, muss ich mir eingestehen, dass ich in den allermeisten Fälle die Suche nutze, statt durch Ordnerstrukturen zu navigieren. Die Ordner sind nur dann ein Krückstock, wenn ich beispielsweise den Namen eines Senders vergessen habe, nicht mehr oder weniger. Mal schauen, ob ich meine E-Mail-Sortierei abstellen kann, die alten Gewohnheiten …

P.S. Eine Anmerkung muss ich noch machen: Ich bin ein Freund, übergreifend – also nicht nur in E-Mail – zu suchen. Diese Funktionalität wird natürlich dann ausgehebelt, wenn es eine Unternehmens-Policy gibt, die vorschreibt, die persönlichen E-Mail-Archive zu verschlüsseln. Daran scheitern dann die Desktop-Suchwerkzeuge. Und natürlich wäre es wünschenswert und pfiffig, wenn Desktopsuche mit der Suche im Unternehmensspeicher und im freien Web kombinierbar wäre.

Teil 3 meiner Artikelreihe zum Thema Zukunft von E-Mail. Und es werden noch weitere Teile folgen.

Comments

2 Antworten zu „Die Zukunft von E-Mail: Ich bin ein E-Mailsortierer *schäm*”.

  1. […] unterschätzen. Bleiben wir beim Thema E-Mail: Ich habe mich vor einiger Zeit hier im Blog als E-Mail-Sortierer geoutet. Und das Sortieren von Mails kann man nun wirklich in Frage stellen. Sortiert man richtig? […]

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  2. […] man nicht mehr wissen. Und viele, ja die meisten Anwender machen nicht viel mehr. Ja, vielleicht sortieren sie E-Mails noch in Ordner, um sie leichter wieder zu finden. Das ist es dann aber meistens […]

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