1,28 Milliarden Euro für Microsoft-Lizenzen, 19 Millionen für Zendis

In meiner Reha auf Sylt hatte ich oft wenig Zeit, zugegebenermaßen auch weniger Lust, auf die mich bewegenden Ereignisse der vergangenen Tage zurückzublicken. Doch jetzt ist es mal wieder an der Zeit, einige Dinge aufzuarbeiten. Natürlich darf mein Lieblingsthema Digitalisierung und mein Frust über die deutschen Verwaltungs- und Bürokratiestrukturen nicht fehlen. Ich teile die Wochenschau in zwei Teile, da die Ausführungen zu Microsoft und Open Source – einmal wieder viel Platz einnehmen.

Erster Aufreger ist einmal mehr der Umgang der deutschen Verwaltung mit Open Source-Lösungen auf der einen und Microsoft auf der anderen Seite. Es scheint, dass immer wieder das Murmeltier grüßt. Im Koalitionsvertrag hat die Ampel noch als Ziel ausgegeben, dass Deutschland digital souverän werden soll. Dazu gehört auch mehr Unabhängigkeit in der Software insbesondere vom Techgiganten und -monopolisten Microsoft, die von 96 % aller deutsche Behörden genutzt wird.

Luftblase digitale Souveränität

Das liegt einerseits daran, dass das Zendis von Ministerien abhängt, die sich scheinbar nicht verantwortlich fühlen. Und es liegt am Geld: Nach den jüngsten Haushaltskürzungen muss das Zendis 2024 statt mit 45 Millionen Euro nun mit 19 Millionen Euro auskommen. Doch selbst die kommen gerade nicht an. Denn das BMI, das Open Desk bisher koordinierte, hat dem Zendis bisher offiziell keinen Auftrag erteilt. Nicht aus bösem Willen, heißt es aus Bochum, sondern weil solche Übergaben nun einmal ihre Zeit bräuchten.

Quelle: Deutschlands Antwort auf Microsoft, Johanna Jürgens in Die Zeit (€)

Die Arbeiten am Projekt ruhen nach Bericht derzeit und es wird einmal mehr Beamten-Mikado gespielt. Da stört es auch nicht, dass sich Schleswig-Holstein und Thüringen zu der Lösung bekannt haben und sich an Zendis beteiligen wollen.

Und Microsoft kassiert trotz aller Security-Bedenken

Microsoft ist unterdessen nicht untätig und hat eine vollmundige Pressemitteilung veröffentlicht, dass das SPD-geführte Bundesland Niedersachsen eine datenschutzrechtliche Vereinbarung mit Microsoft zur Nutzung von Teams abgeschlossen habe. Im Laufe diesen Jahres würden zunächst ca. 13.500 Arbeitsplätze mit Microsoft Teams ausgestattet:

Nach Einschätzung des Innenministeriums wird von der Vereinbarung mit Microsoft eine Signalwirkung auf den gesamten öffentlichen Sektor in Deutschland ausgehen und der Modernisierung der IT nochmal einen Schub geben.

Quelle: Microsoft Teams in der öffentlichen Verwaltung, Silicon.de

Deutsche Behörden scheinen dabei auch nicht die Sicherheitsvorfälle und -bedenken zu stören, die gerade in den USA heftig diskutiert werden. Die US-Cybersicherheitsbehörde CISA kritisierte Microsoft heftig und spricht in ihrem Untersuchungsbericht von „Kaskade vermeidbarer Fehler“, „Versagen bei der Angriffserkennung“ und „inkorrekte öffentliche Aussagen. In den USA spitzt sich die Situation für Microsoft derart zu, dass Microsofts Geschäftsführer Satya Nadella in seinem Earnings Call nun gegensteuern und beteuern musste, dass das Unternehmen sich mehr auf IT-Sicherheit konzentrieren werde.

Das hiesige Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) sieht trotz schon fast regelmäßig katastrophale Security-Vorfälle dagegen kein Problem, berichtet heise. Die Frage, was Microsofts Security-Schlamperei für die IT Deutschlands bedeute, wird geflissentlich vermieden.

Stattdessen werden neue Abkommen geschlossen und es wird kräftig in hohem dreistelligen Millionenbereich (und mehr) an Redmond gezahlt, statt die eigene IT-Industrie zu unterstützen. Laut Berichten geht es etwa 1,28 Milliarden Euro für Microsoft-Lizenzen, die allein der Bund bis zum Jahr 2025 erworben hat. Und wird reden über vergleichsweise läppische 18 Millionen für Zendis. So viel zum Thema Digitale Souveränität und was sie uns wert ist.

Immer abhängiger von Microsoft

Besagtes Beamten-Mikado, erfolgreiche Lobby-Arbeit von Microsoft quer über die Parteien in Kombination mit Trägheit und Unvermögen kennzeichnen die Situation im deutschen Schilda bestens. Statt unabhängiger zu werden, begibt man sich in eine immer größer werdende Abhängigkeit. Die deutsche Verwaltung trägt kräftig dazu bei, dass Microsoft zum wertvollsten Unternehmen geworden ist. Es ändert sich scheinbar nichts und das Thema ist schon so alt, dass ich eigentlich keine Lust mehr habe, darüber zu schreiben. Es frustriert nur und eigentlich müsste ich meine Beiträge zum Thema einstellen. Seit mindestens 2010 – wenn nicht sogar länger – schreibe ich als Kind der Generation Windows zum Thema.

P.S. Und ja, ich weiß, dass die Überschrift sehr plakativ ist und auch auf der Open Source-Seite weitere Gelder anfallen würden, so man sich endlich dafür entscheiden würde. Auch höre ich durchaus die, die über die Usability und die Qualität vieler Open Source-Produkte schimpfen, doch auch das könnte man in den Griff bekommen. Und and diejenigen, die argumentieren, dass Microsoft Open Source unterstützt: Das hat Redmond nie davon abgehalten für seine Office-Produkte enormes Geld einzustreichen.

Die Titelgrafik wurde mit Ideogram.ai nach folgendem Prompt erstellt: A striking graphic featuring an open-source lettering on one side, accompanied by a vibrant Microsoft logo and German politicians with a German flag are depicted pouring money into the Microsoft site, symbolizing their suppor.on the other. The contrast highlights the battle between the two technology giants. In the right center, The overall atmosphere is competitive, with a touch of satire and a hint of political influence in the tech industry.


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Comments

Eine Antwort zu „1,28 Milliarden Euro für Microsoft-Lizenzen, 19 Millionen für Zendis”.

  1. jazzonbike

    Wirklich frustrierend. Siehe dazu auch die Stellungnahme der OSBA https://osb-alliance.de/news/keine-digitale-souveraenitaet-ohne-open-source

    Gefällt 1 Person

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