A surreal digital illustration inspired by Joan Miró depicting "Unsichtbare Kompetenzen" as a dynamic arrangement of abstract shapes and symbols. Floating within a soft, cloud-like expanse are swirling spiral forms, intertwined lines resembling neural networks, and miniature digital icons like stylized clouds and gears, rendered in a palette of warm oranges, yellows, and cool blues. The composition conveys depth and lightness, suggesting hidden value and experience, with subtle gradations of color creating a sense of ethereal movement and openness. Soft, diffused lighting illuminates the scene, accentuating the interplay of forms and contributing to an overall feeling of quiet contemplation.

Erfahren, aber oft abgehängt: Die Realität älterer Arbeitnehmer

Ich habe noch immer den Xing-Newsletter „Internet + Kommunikation“ abonniert, weil er mir regelmäßig interessante Beiträge liefert, die ich sonst verpassen würde. Am Ende des Newsletters gibt es immer einen Lesetipp. Am 2. Juli 2025 war es „Erfahren, aber digital abgehängt? Weshalb Vorurteile gefährlich sind und wir Silver Worker dringend brauchen“ von Thomas Kindler. Als älterer Arbeitnehmer hat mich das natürlich interessiert.

Laut Kindler sind ältere Fachkräfte nicht „digital abgehängt“. Er bezeichnet die Generation 55+ als „Superpower“. Diese Gruppe hat nicht nur tiefgreifende Digitalisierungserfahrung, sondern bringt auch Flexibilität, umfassende Berufserfahrung und hohe Lernmotivation mit. Viele aus dieser Altersgruppe verfügen laut Kindler über beeindruckende Resilienz und Innovationskraft, die Unternehmen angesichts des zunehmenden Fachkräftemangels dringend benötigen.

Ganz so optimistisch sehe ich die Situation nicht. Wie in allen Generationen gibt es unterschiedliche Typen von Menschen, wie sehr prägnant in diesem Beitrag von Sofie Czilwik dargelegt wird. Was ich jedoch über die Jahre hinweg beobachtet habe, ist, dass ältere Mitarbeitende oft nicht wertgeschätzt werden. Es kommt vor, dass Geschäftsführer abfällige Bemerkungen über ältere Mitarbeiter machen, die angeblich den Fortschritt des Unternehmens behindern. Bei Kosteneinsparungen oder Personalabbau sind sie oft die Ersten, die gehen müssen, oft mit einer Abfindung oder Vorruhestandsregelung.

Nach einigen Monaten stellt das Unternehmen dann fest, dass es beispielsweise die Cobol-Programmierer doch noch braucht, weil niemand sonst die Systeme kennt. Dann werden sie – wenn sie noch wollen – teuer auf Zeit eingekauft oder oder zeigen dem Unternehmen den Stinkefinger.

Es gibt viele ältere Mitarbeitende, die motiviert und lernwillig sind. Aber welche Chancen haben sie noch? Nach meiner Beobachtung werden sie bei der Besetzung von Führungspositionen oft übergangen. Unternehmen und HR-Abteilungen schweigen darüber. Altersdiskriminierung gibt es offiziell nicht.

Die Betroffenen reden nicht darüber. Wer Ende 50 ist, hält still, um keine weiteren Benachteiligungen zu riskieren und in Ruhe in die Rente zu gehen. Fair ist das nicht. Die schönen Worte über die Wichtigkeit älterer Mitarbeitender verhallen schnell angesichts der Realität in den Unternehmen.

Einen neuen Job auf dem freien Markt zu finden, ist für ältere Arbeitnehmer schwierig. Egal wie gut die Qualifikation ist, sie werden oft nicht berücksichtigt, weil sie als zu alt und zu teuer gelten. So verschwinden die Babyboomer langsam aus den Unternehmen in den Ruhestand oder Unruhestand, wo sie hoffentlich noch ihre Erfahrungen einbringen und ihre Interessen leben können. Wer als erfahrener Mitarbeitender auf einen fairen Platz hofft, dem bleibt oft nur eines: sich treu bleiben, das Spiel durchschauen – und mit Haltung Abschied nehmen.

Das 60-Sekundenvideo zum Blogbeitrag – veröffentlicht auf YouTube, TikTok und Instagram


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3 Antworten zu „Erfahren, aber oft abgehängt: Die Realität älterer Arbeitnehmer”.

  1. Für mich klingen die immer wieder zu hörenden Aussagen über den vermeintlich „unschätzbaren Wert“ älterer Arbeitnehmer wie unglaubwürdiges Gebrabbel. Wären sie wirklich so wichtig, dann wären sie nicht regelmäßig die Ersten, deren Stellen gestrichen werden – und zwar nicht nur in der Krise.

    <blockquote>Was ich über die Jahre beobachtet habe: Ältere Mitarbeitende werden selten wirklich wertgeschätzt. Es kommt vor, dass Geschäftsführer abfällige Bemerkungen über sie machen – sie seien Bremser, behinderten den Fortschritt. Und wenn gespart werden muss, trifft es oft zuerst sie. Mit etwas Glück gibt es dann eine Abfindung oder eine elegante Vorruhestandslösung. Doch am Ende heißt es: Geh bitte – aber leise.</blockquote>

    Klar: Ältere werden öfter mal krank, sie sind weniger bereit, alles widerspruchslos hinzunehmen. Und ja – auch das lässt sich nicht schönreden – sie haben den Zenit ihrer Leistungsfähigkeit meist überschritten. Erfahrung ist viel wert, aber sie wiegt diesen „Mangel“ nicht immer auf.

    Ich schreibe das nicht aus theoretischer Distanz, sondern weil ich es selbst erlebt habe. Es ist kein schönes Gefühl, wenn einem auf diese Weise klargemacht wird, wie leicht man zu ersetzen ist. Für mich war das eine bittere Lektion – zumal genau diese Illusion über Jahrzehnte mein innerer Antrieb war: dass mein Einsatz, meine Loyalität, mein Wissen zählen.

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  2. Die Diskussion um Wertschätzung und längere Lebensarbeitszeit wird ja gerade wieder durch Wirtschaftsministerin Katherina Reiche hochgekocht: „Wir müssen mehr und länger arbeiten“. Angeheizt hat sie ja der Kanzler. Ganz offensichtlich kennen beide nicht die Realität in vielen Betrieben, wo die angehenden Baby Boomer-Rentner wie oben beschrieben gar nicht mehr gewollt werden.

    So klafft eine Riesenlücke zwischen dem, was viele Baby Boomer empfinden, und was namhafte CDU-Politkerinnen und Politiker so absondern. Der Artikel von Uwe Jahn auf Tagesschau.de widmet sich der anhaltenden Debatte um die „Boomer-Rente“ und das immer spätere Renteneintrittsalter in Deutschland. Jahn zeigt kritisch auf, dass viele Angehörige der Baby-Boomer-Generation sich gesellschaftlich kaum wertgeschätzt fühlen, obwohl von ihnen erwartet wird, länger zu arbeiten.

    Die politische Diskussion fokussiere sich zu sehr auf das Verschieben des Rentenalters, ohne die dahinterliegenden gesellschaftlichen und generationenübergreifenden Fragen zu adressieren. Jahn fordert mehr Respekt und Anerkennung für die Lebensleistung der Boomer, um deren Bereitschaft zur längeren Arbeitszeit zu fördern.

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