Lucien Favre: Vom Trainergott zur Fussballdiva

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Als Gladbach-Fan ist man Lucien Favre erst einmal sehr dankbar. Man muss es sein. Er hat wesentlich dazu beigetragen, dass die Borussia nicht abgestiegen ist und 4 erfolgreiche Jahre mit dem 3. Platz am Ende der vergangenen Saison als Höhepunkt hatte. Solche Zeiten gab es in Gladbach ewig nicht mehr. Danke dafür.

Klar musste vor der Saison eigentich auch sein, dass ein 3. Platz in der aktuellen Runde mit größter Wahrscheinlichkeit nicht möglich sein wird. Einerseits hat die Mannschaft gerade in der Rückrunde 2015 am obersten Leistungslimit gespielt, andererseits ist einfach nicht zu erwarten, dass die finanziell wesentlich besser gestellten Schalker, Dortmunder oder Leverkusener wiederum schwächeln.

Trotzdem konnte ma,n wenn auch nicht euphorisch, so doch optimistisch in die Bundesliga-Saison 2015/16 gehen. Ein Platz im oberen Tabellendrittel schien möglich. Solch ein Fehlstart war – trotz des Dortmunder „Vorbilds“ der vergangenen Saison – nicht zu erwarten und ist auch von keinem der sogenannten Experten vorhergesagt worden.

Dass nun Lucien Favre von sich aus eigenständig das Handtuch hinschmeissen würde, ist fast tragisch zu nennen, passt aber zur Fussballdiva Favre. Sein Abschiedsstatement ist emotional und berührt, trotzdem:

Dieser Alleingang ist schlichtweg unverantwortlich gegenüber Borussia.  … Sein letzter Akt mag ein ›typischer Favre‹ sein, doch es ist ein mehr als unwürdiges Finale.

Source: Unverantwortlicher Alleingang: TORfabrik.de | Das Web-Magazin

Bei aller Genialität neigt der Schweizer wohl sehr zu Stimmungsschwankungen und dramatisch-exzentrischen Auftritten. Es soll wohl nicht die einzige Rücktrittsdrohung gewesen sein, wie man nun Presseberichten entnehmen kann. Trotzdem dachte ich im falschen Film zu sein, als mir ein Freund gestern Abend die Nachricht schickte.

Favre hatte allem Anschein nach weiter die Rückendeckung der Vereinsführung und der Mehrheit der Fans, auch wenn manche Entscheidungen der vergangenen Wochen den Außenstehenden überraschten. Der Stammformations-Fetischist Favre rotierte wie noch nie zuvor. Einkäufe wie Lars Stindl – übrigens nach dem Pokalsieg in St. Paui hochgejubelt – sind noch nicht in Gladbach angekommen. Eckpfeiler wie Stranzl, Xhaka oder Raffael laufen ihrer Form hinterher und die beiden Mr. Zuverlässig Jantschke oder Brouwers hauen daneben. Negative Puzzlesteine vereinen sich zu dem Bild, das Borussia in der Tabelle gerade abgibt.

Nun bereits von einer verfehlten Einkaufspolitik und Fehleinkäufen zu sprechen, ist zu früh. Man denke dran, wie lange Xhaka gebraucht hat, um auf Bundesliganiveau zu spielen. Auch bringen Schuldzuweisungen, wer denn nun welchen Transfer zu verantworten hat, derzeit absolut nichts. Die Mannschaft hat Qualität und Potential auch für die Zukunft, muss aber erst einmal die Gegenwart meistern.

Das Team muss jetzt mit einem neuen Mann am Ruder seine Ruhe wieder finden und das heisst zuerst einmal, in der Defensive besser stehen. Erst danach kann man wieder daran gehen, Fussball zu spielen. Favres Rücktritt kommt zu einem extrem schlechten Zeitpunkt. Zwei Schlüsselspiele im Kampf gegen den Absturz stehen gegen Augsburg und Stuttgart bevor. Das nächste Spiel ist in 2 Tagen …

Nun beginnt die Trainersuche und die Gerüchteküche kocht. Ist Jürgen Klopp eine realistische Option? Wie ist Thomas Schaaf zu bewerten, der in Frankfurt auch selbstgewählt seinen Abschied nahm? Viele gute Trainer (wie Verbeek) sind (in Bochum) bei anderen Vereinen gebunden. Stefan Effenberg wurde von Fans ins Spiel gebracht. Gott sei Dank fiel der Name Loddar noch nicht. Wird es. wie zu erwarten eine interne Interimslösung geben (müssen), da in zwei Tagen kaum ein Trainer zu finden sein dürfte? Wir werden in den nächsten Stunden und Tagen mehr hören.

Ich denke, seitens der Fans ist es jetzt wichtig, der Vereinsführung rund um Max Eberl, Schippers, Bonhof und Königs den Rücken zu stärken. Sie haben in den vergangenen Jahren hervorragende Arbeit geleistet und auf der Basis der sportlichen Erfolge den Verein hervorragend aufgestellt. Nun gilt es, schnellstens wieder mit einem kompetenten Trainer, der auch mittel- und langfristig bei Borussia arbeiten will, in ruhige Fahrwasser zu kommen. Schade, alle Fans rund um die Borussia und wohl auch die Führungsmannschaft hatten gehofft, dass dieser Trainer Lucien Favre sein werde.


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2 Antworten zu „Lucien Favre: Vom Trainergott zur Fussballdiva”.

  1. Es sind viele Trainer Exzentriker, wie auch Pep oder Tuchel. Wie auch sonst kann man in diesem Geschäft mit 25-30 Spielerdiven überleben.
    Und vielleicht ist die Negativserie ja auch der Ausdruck dessen, dass sich ein Trainer über die Jahre im Frontalunterricht „abgenutzt“ mit einer Mannschaft hat. Wie hat schon Klopp vor Jahren gesagt. Irgendwann ist der Zeitpunkt, da hat ein Spieler, der lange dabei ist, jede Art der Trainer-Motivation schon paarmal gehört. …

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  2. Gerade gelesen:

    „Wir sind offen gestanden schockiert. Eigentlich ist es unfassbar, dass ein vertraglich gebundener Angestellter, egal was er vorher geleistet und welchen Status er sich erarbeitet hat, derart eigenmächtig über seinen Abschied entscheidet. Wenn der Arbeitgeber meinen Rücktritt ablehnt, gehe ich an die Presse und schaffe Fakten. Das ist, so ehrlich muss man selbst mit dem wahrscheinlich besten Trainer seit Hennes Weisweiler sein, ganz schlechter Stil!!“

    Source: Genie und Wahnsinn gehen – Borussia bleibt bestehen! – MitGedacht (http://www.mitgedacht-block.de/genie-und-wahnsinn-gehen-borussia-bleibt-bestehen/)

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