Gladbach am Scheideweg – ob mit oder ohne Daniel Farke

Farke ist angezählt. Eloquenz und schöne Worte genügen jetzt nicht mehr.“ Das habe ich vor ziemlich genau zwei Monaten geschrieben. Was ist nun eigentlich die Steigerung von angezählt? Gefeuert? Zumindest könnte das passieren, wenn man der Gerüchteküche glaubt. Nach Dieter Hecking wollte vor allem wohl Max Eberl – aber mit Unterstützung oder zumindest Duldung des Vorstands – den nächsten Schritt gehen. Das ist krachend gescheitert. Kommt es nun innerhalb kurzer Zeit nach Marco Rose und Adi Hütter zum nächsten Trainerwechsel? Bekommt Daniel Farke nochmals das Vertrauen für einen Neuaufbau in der neuen Saison geschenkt? Gute Karten und Rückendeckung bei den Fans hat er wegen unbedachter Äußerungen und vor allem fehlendem Erfolg nicht. Er hat seinen Kredit von Beginn der Saison sehr schnell verspielt. Oder gibt es einen Neuanfang mit einem neuen Job, vielleicht sogar Eugen Polanski, dem jetzigen U23-Trainer? Das wäre trotz einer guten ersten Trainersaison bei den U23 ein sehr mutiger, ja gewagter Schritt. Wir werden sehen. Doch das eigentliche Problem ist die Mannschaft, deren einzelne Spieler doch angeblich so viel Qualität haben. Fast alle Experten sind sich einig, dass Gladbach mit dieser „Qualität“ ganz wo anders in der Tabelle stehen müsste. Und gestandene Gladbach-Kenner wie Karsten Kellermann oder Jannik Sorgatz haben noch vergangene Woche von in ihrem Fohlenfutter-Podcast von einem möglichen Sieg in Dortmund schwadronier. Leute, habt Ihr den Schuss noch nicht gehört? „Es ist einfach so, dass diese Mannschaft sehr launisch ist. Sie hat auch Probleme, mit Widerständen zu kämpfen,“ sagt Adi Hütter in einem Interview. Und das haben weder er noch Farke in den Griff bekommen. Viel zu lange hat man sich wegen einiger herausragender Spiele eingeredet, diese sei einen Spitzenmannschaft. Großer Quatsch. In dieser Mannschaft stimmt es seit geraumer Zeit einfach nicht. Mit vielen Spielern stimmt es nicht. Sie lassen Einsatz und Willen vermissen. Nun wird es unausweichlich zum Umbruch kommen. Bensebaini, Thuram, Stindl, wohl auch Koné gehen oder werden gehen. Von einigen Ergänzungsspielern, die sich nie richtig durchgesetzt haben, wird man sich sehr wahrscheinlich trennen: Lainer, Wolf, Noß, Reitz und wie sie alle heißen. Marvin Friedrich – ein großer Fragezeichen nach der Leistung in Dortmund. Und dann gibt es eine Riege Altgedienter von Herrmann über Jantschke und – ja auch er – Kramer bis zu Sippel, mit denen man zumindest noch ein Jahr wegen der Hierarchie und Struktur den Vertrag verlängert hat oder wo der Vertrag noch gilt. Joe Scally und Luca Netz sind junge Spieler mit Potential, aber sicher noch nicht diejenigen, die voran marschieren. Und im Sturm? Ngoumou hat den Durchbruch noch nicht geschafft. Die Hoffnung auf das Eigengewächs und Talent Borges Sanches hat sich bisher nicht erfüllt. Ach ja: Natürlich gibt es noch Plea und Elvedi, aber die scheinen eher mit zu schwimmen, denn zu führen. Jonas Omlin, Julian Weigl, Jonas Hofmann – das ist wohl die Achse, die in Gladbach bleibt. Ko Itakura muss erst noch beweisen, dass er ein Achsenspieler ist. Nach einer starken Hinrunde hat er in der Rückrunde geschwächelt. Florian Neuhaus hätte wohl das Potential zu einem Achsen- und Führungsspieler, doch dann muss er in Gladbach bleiben wollen und den Hintern endlich mal hochbekommen.

Vorbilder: SC Freiburg und Union Berlin

Der personelle Umbruch ist unausweichlich, aber keiner kann sagen, was dann kommt, egal ob der Trainer Farke, Polanski oder sonst wie heißt. Borussia Mönchengladbach steht am Scheideweg und im schlimmsten Fall kann der Club den Weg anderer Vereine in die Zweitklassigkeit oder noch schlimmer gehen. Schauen wir uns den HSV an oder blicken in die Pfalz. Nein, ich möchte nicht die roten Teufel an die Wand malen, aber die Situation ist mehr als herausfordernd. Wohin die kommende Saison führt, ist vollkommen offen und das Risiko des Umbruchs ist extrem hoch. Vom wem könnten die Gladbacher lernen? Sofort fallen mir der SC Freiburg und Union Berlin ein, die nun geraume Zeit stabil und erfolgreich arbeiten. Es sind die Vereine, wo es den Trainern zu gelingen scheint, die Mannschaft zusammen zu schweißen, wo Kampf, Einsatzwille, Mentalität, vielleicht auch Identifikation mit dem Verein offenbar vorhanden ist. Klar kann man sich einen Glücksfall wie einen Christian Streich oder einen Urs Fischer als Trainer nicht backen, aber diese Vereine sind mit ihren sportlichen Leistungen derzeit Leuchttürme, an denen sich die Borussia ein Beispiel nehmen sollte. Borussia Mönchengladbach ist ein Traditionsverein – mit einer starken bundesweiten Fanbasis und ist mit 98.000 Mitgliedern unter den Top 6 der Bundesliga. Die Ansprüche gerade auch der Fans sind hoch, aber der Verein hat Potential. Man hat viel rund um den Borussia Park aufgebaut. Hoffentlich geht das jetzt nicht den Bach herunter. Ach ja: Natürlich hoffe ich, dass man Capitano Lars Stindl trotz der beschissenen Leistungen der Mannschaft in dieser Saison einen würdigen Abschied bereitet.

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