Eine düstere, detailreiche Weltkarte, durchzogen von Ketten und Verbindungslinien zwischen autokratischen Staaten. Zwischen diesen Staaten fließen Geldströme. Auf der Karte sind überall Social Media-Icons und Megafone zu sehen. Überwachungskameras beobachten verschiedene Länder- Im Hintergrund erscheinen schattenhafte Silhouetten der Machthaber. Die Atmosphäre ist bedrohlich und düster, betont durch die Farben, schwarz, grau und rot.

Von Autokraten und Kleptokraten und was wir gegen sie tun sollten

Gerade habe ich das beeindruckende Buch „Die Achse der Autokraten“ von Anne Applebaum, Historikerin und Trägerin des Friedenspreises des Börsenvereins des deutschen Buchhandels 2024, gehört. Ich kann es nur allen weiterempfehlen. Vergleiche hinken, aber es erinnert mich in seiner Bedeutung in unserer heutigen Zeit an Hannah Arendts Klassiker „Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft“.

Applebaum dröselt in beeindruckender Weise auf, wie das heutige komplexe, internationale Netzwerk von Autokraten aus „etwa drei Dutzend“ Ländern, darunter Russland, China, Iran, Nordkorea, Syrien oder Venezuela, international zusammenarbeitet und sich gegenseitig unterstützt. Sie tauschen Ressourcen und Technologien aus, nutzen moderne Überwachungstechnologien, waschen Geld und ermöglichen den Austausch von korrupten Investitionsmöglichkeiten und überfluten Länder mit Propaganda von Trollfarmen und Bots.

Sie spielen die Propaganda-Klaviatur virtuos

Applebaum warnt eindringlich vor politischer Manipulation durch die systematische Nutzung sozialer Medien durch autokratische Regime und rechte Gruppierungen. Ein ausgeklügeltes System von Bots, Trollen und koordinierten Desinformationskampagnen agiert international. Besonders besorgniserregend sei dabei die Dominanz rechter Gruppen in den sozialen Medien, die durch eine „internationale Alt-Right“ vernetzt sind und Memes, Botschaften sowie Verschwörungstheorien grenzüberschreitend teilen.

Die neue Qualität dieser digitalen Propaganda liegt laut Applebaum in der beispiellosen Geschwindigkeit und Reichweite, mit der Falschinformationen heute verbreitet werden können. Während Russland diese Taktiken perfektioniert hat, kopieren inzwischen verschiedene autokratische Regime. Es sei eine fundamentale Bedrohung für demokratische Systeme.

Geldwäsche, Immobilien und Bereicherung

Die Kleptokraten bereichern sich systematisch, umgehen Wirtschaftssanktionen, waschen Gelder über internationale Finanzsysteme, sind oft in Drogenhandel und Goldschmuggel involviert und legen ihre Gelder in ausländischen Immobilien, gerade im Westen, an. Westliche Mittäter spielen mit: Banken erlauben und ermöglichen Geldwäsche, Anwälte gründen für sie Briefkastenfirmen, und Immobilienmakler spielen bei zweifelhaften Investments mit. Das neoliberale Wirtschaftssystem des Westens hat, so Applebaum, den Kleptokraten erst die Möglichkeiten eröffnet, ihre illegalen Geschäfte im globalen Maßstab abzuwickeln.

Im Epilog schlägt Applebaum verschiedene Maßnahmen zur Eindämmung autoritärer Regimes vor. Eine zentrale Forderung ist eine grundlegende Reform des internationalen Finanzsystems. Sie fordert schärfere Kontrollen von anonymen Firmenkonstrukten und Steueroasen, während gleichzeitig westliche Banken stärker in die Pflicht genommen werden sollen, um Geldwäsche zu unterbinden. Wirtschaftlich fordert Applebaum einen klaren Kurswechsel. Der jahrzehntelang verfolgte Ansatz „Wandel durch Handel“ ist gescheitert; stattdessen soll man sich gezielt wirtschaftlich abkoppeln und Abhängigkeiten vermeiden.

Forderung: Transparente Finanzsysteme, transparente soziale Medien und Algorithmen

Applebaum plädiert vehement für eine stärkere rechtliche Verantwortung sozialer Medien für ihre Veröffentlichungen und fordert mehr Transparenz bei der Funktionsweise von Algorithmen. Nutzer sollten bessere Kontrolle über ihre persönlichen Daten erhalten. Auch die Systeme der künstlichen Intelligenz sollen entsprechend kontrolliert werden.

Doch nicht nur Kontrolle der sozialen Medien ist meiner Meinung nach notwendig. Auch muss man selbst eine aktivere Informationspolitik betreiben, damit die russische und chinesische Propaganda beispielsweise nicht weiter die Meinungsbildung in afrikanischen Ländern dominiert und manipuliert. Nicht umsonst gab es einmal ein Radio Free Europe … Der Westen muss Antworten auf das von Russia Today (RT) und Xinhua produzierte Propagandamaterial finden.

Zurück zu Anne Applebaum. Viele der Forderungen klingen logisch und mehr als sinnvoll. Doch natürlich hat man Fragezeichen in den Augen, ob man zumindest in den westlichen Ländern Finanz- und Bankgeschäfte wirklich reformieren kann und will, um Geldflüsse und Geldwäsche transparent zu machen? Oder haben zum Beispiel die USA und Europa die Kraft und den Willen, die großen Social-Media-Plattformen zu kontrollieren und sie zu zwingen, ihre Algorithmen öffentlich zu machen? Nötig wäre es. Sollte Donald Trump die Wahl gewinnen, wird es ein Elon Musk zu verhindern wissen.

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