Interview mit Markus Walter: „Weg von einer einseitigen Beschallung der Empfänger hin zum Dialog“

Vor einigen Tagen habe ich mich Markus Walter von Visuelle PR über das Thema Social Media unterhalten. Das Ergebnis hat er im Blog Pressearbeit.de von Visuelle PR hier veröffentlicht. Ich kopiere den Inhalt hier hinein, da doch viele Aspekte von Social Media behandelt werden.

„Spannende Antworten zu seinen Erfahrungen mit Social Media gibt uns heute Stefan Pfeiffer, Marketing Manager ECM & Lotus bei der IBM Deutschland.

Können Sie unseren Blogleser Ihren Bereich bei IBM vorstellen?

Ich verantworte das Marketing der Lotus-Softwareprodukte der IBM in Deutschland. Das sind Lösungen, die Zusammenarbeit und Kommunikation im Unternehmen, zwischen Unternehmen und zwischen Unternehmen und ihren Kunden vereinfachen. Bekannt geworden ist Lotus vor allem durch Lotus Notes. Doch unterdessen haben wir darüber hinaus ein breites Lösungsportfolio, das von E-Mail, Chatten, integriertem Telefonieren über Portale und Web Content Management bis zu Social Software reicht. Letztere ist in unserem Zusammenhang besonders interessant, da wir Werkzeuge, wie wir sie aus der privaten Nutzung des Web 2.0 kennen, für den Unternehmenseinsatz anbieten.

Wie nutzen Sie als PR-Manager die sozialen Netzwerke?

Soziale Netzwerke spielen in PR und Marketing für die Lotus-Produkte einen zentrale Rolle. Sie sind im Marketingmix für uns unterdessen ein unverzichtbarer Bestandteil. Wir kommunizieren per Facebook, Twitter, auf XING oder LinkedIn und in unseren eigenen Communities intensiv mit unseren Kunden, mit Interessenten, mit Presse und auch der Web 2.0 Szene. Dabei nutzen wir neben bestehenden Kanälen auch unsere eigene Social Software, zum Beispiel auf unserer Kundenplattform EULUC. Die Lösung heißt Lotus Connections und Connections beschreibt auch am besten, was wir damit tun: Uns verbinden und vernetzen, um in Dialog zu treten.

Welche Erfahrungen haben Sie dabei gemacht?

Unsere Erfahrungen sind hervorragend. Auf der einen Seite sehen wir, daß uns immer mehr Leute über die Social Media-Kanäle folgen oder Fans werden. Auf der anderen Seite bemerken wir auch einen starken Dialog. Und das ist für uns der entscheidende Unterschied zu vielen herkömmlichen Marketingmaßnahmen. Wir reden mit Kunden und Interessenten, weg von einer einseitigen Beschallung der Empfänger hin zum Dialog.

Sehen Sie spezielle Unterschiede, wenn man die B2C- und die B2B-Kommunikation vergleicht?

Wenn wir es unter dem Aspekt des Verkaufs von Produkten sehen, scheint es mir schon Unterschiede zu geben. Ich glaube, daß B2C -Kommunikation wesentlich direkter vertriebs- und verkaufsorientiert sein kann. Hier kann und will man ja direkt an den Endkunden verkaufen. Dell in den USA ist ja ein bekanntes Beispiel, wie ich Rechner über Twitter direkt erfolgreich verkaufen kann. Im B2B-Umfeld geht es dagegen in der Regel um erklärungsbedürftigere Produkte oder Dienstleistungen. Das bedeutet, daß man hier eher erklärend und verkaufsvorbereitend agieren muß. Aber Vertrieb und Verkauf sind ja nur ein mögliches Einsatzgebiet von Social Media. Da kommen viele anderen hinzu, von Kundendienst bis zu Marktforschung. Verblüffend waren für mich aktuelle Umfrageergebnisse, daß im B2B Umfeld Social Media teilweise stärker genutzt wird als in B2C. Eine entsprechende Übersicht finden Sie hier in meinem privaten Blog.

 Welche Themen kommunizieren Sie? Fällt es Ihnen leicht, Content zu generieren?

Die Themen unterscheiden sich nicht generell zur klassischen Pressearbeit. Ich denke aber, daß wir im Vergleich zu konventionellen Kampagnen (Anzeigen, Direkt Mailings, Telefonmarketing usw.) noch mehr sachlich informieren müssen. Gerade Social Media leben in unserem Umfeld von Authenzität, Schnelligkeit und Qualität der Information. Unsere „Empfänger“ abonnieren uns ja freiwillig. Also müssen wir ihnen Nutzen bieten. Das gilt auch für die Reaktion auf Anfragen, die per Social Media reinkommen. Da versuchen wir schnell und gezielt zu antworten, soweit das zeitlich klappt. Inhalte haben wir genug. Wir monitoren unsere wichtigsten Nachrichtenkanäle sowie die wichtigsten Themen rund um Collaboration, verwerten, verteilen und kommentieren diese. Und natürlich schreiben wir auch eigene Blogbeiträge und Inhalte. Klar gibt es auch mal ruhigere Zeiten, aber in der Regel mangelt es nicht an Content.

Wie hoch ist der zeitliche Aufwand für Sie, die Social-Media-Kanäle zu bedienen?

Ich selbst investiere wohl so 8 bis 10 Stunden wöchentlich in Social Media, aber das ist durch meine Rolle als Marketing Manager und durch meine private Lust am Schreiben und Diskutieren bestimmt. Daneben arbeiten wir im Team, um unsere Social Media Kanäle zu bedienen, zuzuhören und Impulse zu geben. Meine Vision ist es, daß Social Media-Aktivitäten integraler Bestandteil der Arbeit jedes in Betracht kommenden Mitarbeiters sind: Der technische Lotus Notes-Experte ist im entsprechenden Forum auf XING aktiv, der Portal-Produktmanager engagiert sich dort in der Portal-Gruppe, die Kenner von mobilen Geräten machen auf entsprechenden Plattormen mit und so weiter. Auf Social Media aktiv zu sein gehört in dieser Vision genauso zur täglichen Arbeit und Rollenbeschreibung wie das Telefon, E-Mail oder die Teilnahme an Veranstaltungen. Aber wie gesagt, das ist noch ein wenig Vision, aber der Zug wird in diese Richtung abfahren. Da bin ich sicher.

Wie sehen Sie die Relation von Zeitaufwand und Nutzen?

Zeitaufwand und Nutzen müssen sie natürlich je nach Aufgabe und Tätigkeitsgebiet differenzieren. Als Marketing Manager generiere ich Leads, erzeuge Awareness und bilde Meinung. Und ich bekomme direkten Feedback vom und habe direkte Interaktion mit dem Markt. Also für mich ein hervorragendes Zeit-/Nutzenverhältnis. Ich glaube, daß auch clevere Vertriebler hier großen Nutzen ziehen können, in dem sie Kunden betreuen und Neue gewinnen.

Welche Zielgruppe erreichen Sie über welche Kanäle?

Über die EULUC-Plattform erreichen wir viele unserer bestehenden Kunden und Partner. Die Kunden – das zeigen die Zugriffszahlen – wollen diese Plattform, um neueste Informationen zeitnah zu erhalten und mit uns zu kommunizieren. Mitte 2007 hatten wir dort 50.000 Hits. Heute liegen wir bei 1,25 Millionen weiter rasant steigend. Auf den anderen Kanälen ist es vielschichtiger. Über Twitter und Facebook kommen Kunden, Partner, Interessenten und Opinion Leader zu uns. Auf XING oder LinkedIn kommen wir über entsprechende Foren auch an neue fachlich interessierte Kontakte. Man muß das Ganze also differentiert sehen.

Wie messen Sie Erfolge?

Wir ziehen verschiedene Parameter heran: Zuallererst zählen und verfolgen wir alle Vertriebskontakte nach, die wir über Social Media gewinnen. Darüber weise ich nach, wieviele Leads wir im Zeitraum X über Social Media bekommen. Daneben beobachten wir auch, welche Themen interessant gefunden werden. Das sehen wir an Zugriffszahlen, an der Anzahl der Kommentare und auch an der Qualität der Diskussion. Natürlich verfolgen wir auch, wie sich die Zahl unserer Fans, unserer Follower und eben die Visits entwickeln. Also ist es ein Mix an Kriterien, der entscheidend für die Erfolgsmessung ist.

Betreiben Sie ein Social-Media-Monitoring? Wenn ja wie?

Ja, natürlich. Ganz banal tracken wir Retweets, Kommentare etc. und verteilen auch intern einen Social Media Report. Daneben haben wir in der IBM ja diverse Tools zum Social Media Monitoring, über die wir zum Beispiel auch Einfluß messen. Das Problem am Monitoring ist, dass es das „Überwachen“ bereits im Begriff hat. Es ist passiv und beobachtend, ähnlich dem Zuschauen eines Unfalls und sich später hinstellen und sagen, man hätte es kommen sehen. Was wir machen ist Social Media Analytics. Das heißt das strategische Messen von Aktion und Reaktion. Das Aufnehmen und vergleichen von Sachverhalten. Es geht und vor allem darum aus dem SocialWeb zu lernen, zu wissen was wir verbessern können und wie wir unsere Anwender in unsere internen Dialoge integrieren können. Veranstaltungen wie in wenigen Tagen die DNUG erzeugen eine Aufmerksamkeit und Reaktion. Es ist unsere Pflicht zu wissen, was gesprochen wird und entsprechend darauf reagieren zu können. Social Media Analyse ist dabei das Tool der Wahl.

Gibt es Benefits für Sie, die sich konkret durch Social Media ergeben?

Wie oben schon erwähnt: Wir messen Leads (neue Kontakte) und daraus resultierende Umsätze. Wir betreiben Social Media Monitoring und verfolgen, wie wir wahrgenommen werden. Und wir beobachten auch den qualitativen Aspekt von Dialog und Diskussion. Mehr Awareness, höhere Umsätze und besserer Kundendienst sind für mich die wesentlichen Benefits von SocialMedia.

Was ist neues geplant?

Wir haben ja gerade im April 2010 das Lotus JamCamp durchgeführt und so eine neue Eventform ausprobiert, wobei das Wort Event nicht ganz korrekt ist. Es war eine Kombination von Online Jam, Online Diskussion in einer Community, auf Twitter und Facebook, Workshops, einer Bustour quer durch Deutschland mit Halts an diversen Diskussionsstationen und einer Barcamp-ähnlichen Abschlußveranstaltung auf dem IBM Campus in Ehningen. Die Resonanz hierauf war extrem positiv und wir werden überlegen, wie wir das fortführen, verbessern und neu auflegen. Und daneben geht es nicht nur darum, immer Neues zu machen. Ich denke, Konstanz und Qualität sind auch entscheidend. Wenn die „Leser“ merken, daß konstant gute Informationen geliefert werden und Diskussionen zustande kommen, dann bleiben sie treu und werden mehr. Und ja, klar, wir denken auch über neue Kanäle, insbesondere mobile Geräte oder Videoformate nach.

Lohnt es sich aus Ihrer Sicht, Social-Media-Kanäle im B2B einzusetzen?

Welche Tipps würden Sie Einsteigern geben? Ja, ohne Einschränkungen lohnt es sich. Aber wichtig ist zu verstehen, daß Social Media Teil des Marketingmix ist, bestehende Maßnahmen ergänzt, verbessert und nicht ersetzt. Es kann eine neue Qualität in die Kundenkommunikation bringen, eben dialogorientiertes Marketing. Und es führt eh kein Weg an Social Media vorbei, denn das Web 2.0, Twitter, Facebook und YouTube sind heute schon Realität. Und auch im B2B-Umfeld werden die Kanäle genutzt, um Kaufentscheidungen zu treffen. Das haben entsprechende Studien unterdessen belegt.

An Einsteiger gerichtet: Bitte nicht nur plumpe Marketingnachrichten in Einwegkommunikation versenden. Zuhören, sich auf Diskussion einlassen, Kritik konstruktiv entgegennehmen, Qualität liefern, Profil und Kompetenz zeigen und vor allem konstant dabei bleiben. Klingt so einfach, erfordert aber einen Plan und konsequentes Engagement.

Lieber Herr Pfeiffer, vielen Dank für diese interessanten Einblicke in Ihre Arbeit!“

 

 


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