Die vergangenen Tage bin ich über diverse Postings und Artikel gestossen, die das Thema Hyperlinks adressieren. Prof. Dr. Gerald Lembke schreibt auf Perspektive Mittelstand über die Hypertext-Organisation und die Vorteile, die durch eine Hypertext-artige Vernetzung auf dem Weg zum Enterprise 2.0 erreicht werden. Die Computerwoche veröffentlichte einen Artikel, der sich damit befasst, daß das Internet und die zunehmende Informationflut oberflächliche Leser produziere. Sie zitiert dabei auhc Nicholas Carr, der einen Grund dafür in Hyperlinks sieht. Carr skizziert in seinem eigenen Blog, wie man sich manchmal durch das Klicken auf Hyperlinks verliert. Man wandert von einer Seite zur nächsten Seite und verliert den Kontext beziehungsweise den ursprünglichen Text. Er spricht von “Delinkification” und rät dazu, alle Hyperlinks als Fussnoten ans Ende eines Postings zu setzen, um so den Lesefluss nicht zu stören. Wer dann Interesse an weiteren Quellen hat, kann von den Endnoten aus zu den entsprechenden Seiten springen. Carr verweist auf diverse wissenschaftliche Experimente und rät dazu, es einmal selbst auszuprobieren. Die Qualität bzw. die Aufnahme der Informationen sei wesentlich tiefer und intensiver,
Als jemand, der vor vielen Jahren mit ersten Windows-basierten Hypertext-Systemen experimentiert hat, bin ich etwas skeptisch. Ja, einerseits verleiten Hyperlinks dazu, von einer Seite wegzuspringen und den Faden zu verlieren. Auf der anderen Seite ist die direkte Verlinkung komfortabler und manchmal kann dieses Wegspringen auch nützlich sein, da man eventuell zu einer Seite gelangt, die für das eigene Interesse gerade relevanter ist. Ich weiß auch, wie frustrierend es ist, wenn der Link dann nicht die Ergebnisse liefert. Die Computerwoche beispielsweise referenziert auf Carr und einen Artikel auf Wired. Der Link geht aber eben nicht zu diesem Artikel, sondern landet auf der Home Page von Wired. Das Carr-Posting mußte ich dann in seinem Blog recherchieren. Genau so sollte nicht verlinkt werden.
Aber zurück zum Thema Hyperlinks und neue Taktiken zum Informationskonsum. Ich glaube, daß Hyperlinks im Text nützlich sind und dort auch beibehalten werden sollten. Es mag dabei durchaus auch Sinn machen, eine Liste der wichgsten Links oder empfohlenen weiterführenden Lektüre ans Ende eines Postings zu setzen. Generell – und darauf bezieht sich der Artikel in der Computerwoche – geht es darum angesichts der Informationsflut in der Lage zu sein, schnell Informationen auf ihre Relevanz zu prüfen. Thorsten Zoerner hat das Thema gerade bei einem Social Media-Workshop, den wir auf der DNUG Frühjahrskonferenz gehalten haben, adressiert. Die Computerwoche zitiert Günter Exel (und verlinkt wieder nicht zum Originaltext auf pressetext):
Mediennutzer müssen lernen, den News-Fluss zu scannen und einzelne Informationen in kürzester Zeit auf ihre Relevanz zu filtern. Das Know-how zum Filtern – maßgeschneiderte News auf Portalen, Twitter-Listen, etc. – wird zum Schlüssel gegen die Überforderung.
Ich persönlich praktiziere seit Jahren (schon vor Zeiten des Internets) unbewußt das Schnelllesen, hangele mich aufgrund von Stichworten schnell durch Texte und konsumiere so Informationen sehr schnell. Analog verfahre ich heute auch in meinem RSS Reader, beim Lesen von Webseiten oder E-Mails. Nur so ist die Informationsflut überhaupt zu bewältigen. Ergänzt werden muß das sicher durch eine sorgfältige Selektion und vor allem auch laufende Pflege der Informationskanäle. In meinem Fall sind das – wie schon einmal gepostet – jenseits meiner E-Mail Inbox mein RSS Reader, Relevants und Google Alerts. Lars Basche hat auf dem bereits genannten Social Media Workshop dargelegt, daß er seine Informationen nur noch über Twitter bezieht, Newsletter und ähnliches abbestellt hat. Sicher muß jeder seine persönliche Präferenz finden, wie man sich informiert. Generell braucht man aber sicher die Fähigkeit, Informationen schnell zu scannen und auf die genannte Relevanz zu filtern. Und auch dies ist aus meiner Sicht (wie generell der Umgang mit Social Media) eine Ausbildungsfrage, eine Frage von Schulen und Universitäten. Ich hoffe zumindest einmal, daß das Web nicht den “Oberflächling” generieren wird, der kein fundiertes Tiefenwissen mehr besitzt, vielleicht stattdessen einen besser informierten, mündigen Bürger, der die Transparenzmaschine Internet nutzt und im Idealfall nicht nur Informationen konsumiert, sondern diese vielleicht sogar kommentiert und in Dialog tritt. Ok, ich bin mal etwas optimistisch blauäugig.
Die relevanten Links:
Pressetext-Interview mit Günter Exel
Nicholas Carr: Experiments in delinkification
Computerwoche-Artikel: Das Internet produziert oberflächliche Leser