Social Heisenberg oder Tweets allein für sich stehend und gleichzeitig Teil einer Diskussion | @SaschaLobo

Dieser Tage haben Winfried Felser und ich Ping-Pong auf Twitter gespielt, über Xing und LinkedIn, Eitelkeiten und Werbung diskutiert. Hat Spaß gemacht, aber am Ende habe ich Winfried dann die Frage gestellt, wie man unsere Diskussion denn nun vernünftig dokumentiert. Im Netz habe ich kein Tool gefunden, das die Konversation visuell darstellen könnte. Falls es so etwas gibt, bin ich für Tipps dankbar. Als Notlösung habe ich dann Screenshots gemacht und Tweets in WordPress eingebettet. Vernünftig visualisiert und dokumentiert ist die Diskussion trotzdem nicht.

Warum diese Vorrede? Sascha Lobo hat die Tage einen Bericht darüber geschrieben, warum Twitter für eine politische Diskussion ungeeignet sei. Er analysiert ein Kernproblem wie folgt:

Der Schlüssel zum Verständnis der Empörung und Gegenempörung aber liegt in einer sehr zentralen Eigenschaft der sozialen Medien, nämlich einer Entkontextualisierung, die man als Unschärferelation der Sozialen Medien bezeichnen kann, Social Heisenberg quasi. Das bedeutet: Jeder Tweet kann gleichzeitig als Teil einer Diskussion verstanden werden und als für sich allein stehend.

über Social Heisenberg – warum Twitter nicht für politische Diskussionen geeignet ist – saschalobo.com

Ein Tweet kann für sich alleine, aber eben auch als Bestandteil einer Konversation gesehen werden. Da kann ich nur zustimmend nicken. Wer einen Tweet absetzt, sollte sich immer darüber im Klaren sein, dass der eine Diskussion auslösen kann und dann auch Bestandteil jener Diskussion ist. Und dies müsste auch immer einfach darstellbar sein. Ist es aber derzeit nicht. [Hier gefällt mir die News Feed von Facebook zum Beispiel wesentlich besser.]

Doch zurück zur eigentlichen Aussage von Sascha, dass „Twitter für politische Diskussionen in vielen Fällen etwa so geeignet ist wie das Display einer Mikrowelle für 4K-Kinofilme“. Ja, Tweets können aus dem Zusammenhang gerissen werden und unterschiedlich interpretiert werden. Geschieht das aber nicht auch, wenn ich aus einem Blogbeitrag zitiere? Auch das kann „missbraucht“, weil aus dem Kontext entfernt. Aber der Vergleich mag hinken.

Was kann aber die Konsequenz sein? Politische Diskussion auf Twitter einstellen, weil dort – und auf anderen Kanälen – das „Arschlochproblem“ zu groß ist? Den A..löchern einfach das Feld überlassen? Oder immer mitzudenken versuchen, dass Tweets (und nach Sascha) und generell Nachrichten in sozialen Medien immer alleine oder im Zusammenhang gesehen werden können:

Ich glaube, dass man bei professioneller Kommunikation die Entkontextualisierbarkeit sozialer Medien deshalb immer mitdenken sollte. Das kann zugegeben sehr schwierig sein, aber eine Alternative dazu sehe ich bei der heutigen Struktur der Öffentlichkeit nicht. …

Das sind eben die Besonderheiten von sozialen Medien, die politische Diskussionen so schwierig und manchmal unmöglich machen.

über Social Heisenberg – warum Twitter nicht für politische Diskussionen geeignet ist – saschalobo.com

Das Thema politische Diskussion in sozialen Medien wird uns in den kommenden Monaten, wahrscheinlich Jahren weiter beschäftigen. Antworten haben wir nach meiner Beobachtung noch nicht, wie wir Hasskommentare, Verunglimpfungen, Manipulationsversuche (nicht nur durch Bots) bekämpfen und aufdecken können. Doch besagter Strukturwandel der Öffentlichkeit ist in vollem Gange und muss gerade auch unter Einbeziehung der sozialen Kanäle von demokratischen Kräften konstruktiv gestaltet werden. Wegdiskutieren werden sie nämlich nicht mehr können.  Es braucht unser aller Gehirnschmalz und Handeln, obwohl wir angesichts mancher Tweets und Aussagen in sozialen Medien einfach nur k..tzen könnten. Oder gerade deswegen. Und das schreibe ich als jemand, der gerade sein Facebook-Konto deaktiviert hat, aber die Gründe dafür sind ein anderes Thema.

Abschließender Kommentar, warum Twitter mein wichtigster Infokanal ist

Und auch ich muss zum Abschluss – wie Sascha zu Beginn seines Beitrags – nochmals betonen, wie sehr ich Twitter schätze. Auch wenn manche es nur als einen Platz ansehen, auf dem sich Journalisten und Besserwisser rumtreiben, ist es für mich eine wertvolle Quelle neuer Informationen und Links. Um den Überblick in der sich ständig aktualisierenden Timeline nicht zu verlieren, habe ich Listen angelegt, eine davon verfolge ich aus gerade genanntem Grund laufend.

Raus aus Twitter! Die Nutzerzahlen
in Deutschland waren schon immer
auf sehr niedrigem Niveau – und die
Tendenz ist eher noch sinkend. Aber
gerade Journalisten, Medien und andere
digital-affinen Menschen tummeln sich
eben noch sehr gern in ihrer Twitter
Filter Bubble. – über Shitstorm-Bremse:
Keine Bühne für Trolle | LEAD

Der private Genussfaktor ist eher klein. Für eines meiner Interessengebiete Wein bekommt man unterdessen kaum noch Infos auf Twitter. Ich habe mal durchgeschaut, wieviele deutschsprachige Weinfreunde und -blogger noch auf Twitter aktiv sind. Sehr überschaubar oder eben nicht mehr existent. Auch „flachse“ und albere ich auf Twitter nicht mit Freunden herum, wie ich es auf Facebook getan habe. Viele private Kontakte sind auf Twitter gar nicht aktiv, weil es ihnen zu wenig gibt.

Trotzdem bleibt Twitter für mich ein wichtiger sozialer Kanal, vielleicht auch aus genanntem Grund der wichtigste Informationskanal.

(Stefan Pfeiffer)


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