Die Fohlenelf, Charakter, Resilienz und das Ende des Kapitels Eberl

Es ist seit Monaten eine frustrierende und deprimierende Zeit für Anhänger von Borussia Mönchengladbach. Die Hoffnung, ja gewisse Euphorie war nach dem Neustart mit Daniel Farke (und Roland Virkus) groß. Diese Euphorie ist großer Enttäuschung gewichen. Auch Daniel Farke bekommt keine Beständigkeit, keine Resilienz (die er ja so lautstark gefordert hat) in die Mannschaft. Die Spieler enttäuschen immer wieder in „normalen“ Spielen gegen Gegner, die ihnen vermeintlich unterlegen oder auf Augenhöhe sein sollten. Nur in Partien gegen Spitzenmannschaften überzeugt die Mannschaft, begeistert teilweise. Das ist aber nicht genug, nicht genug, um im einstelligen Tabellenbereich oder gar auf einem Platz zu landen, der in europäische Wettbewerbe führt.

Oft fehlt es an den Basics: Laufbereitschaft, Kampf und eben Resilienz, Widerstandsfähigkeit, dem Charakter, um nach Rückschlägen wieder aufzustehen. Genau den Kampf und das Dagegenhalten fordern aber die Fans ein, doch immer wieder tritt ein saft- und kraftloses, blutleeres Team ohne wirkliche Leader, Führungspersönlichkeiten an. In kritischen Situationen sind einstige Hoffnungsträger wie ein Nico Elvedi oder auch Chris Kramer und Jonas Hoffmann einfach nur passiv und ergeben sich der Situation. Der von Farke mit Vehemenz geforderte und hochgelobte Julian Weigl zeigt ebensowenig Führungsqualitäten. Auch ein reiner Mitläufer. Warum sollte man ihn eigentlich holen und halten? Die eh abwandernden und vom Trainer immer wieder hochgehypten Marcus Thuram und Ramy Benseibaini glänzen nur dann, wenn es ums Schaulaufen geht.

Farke: Nicht nur schönreden, jetzt liefern

Damit sind wir automatisch beim Trainer, der zu Beginn seiner Amtszeit verbal überzeugt und viele – auch mich – positiv gestimmt hat. Mit Farke will die Borussia zum eigenen Stil, zum Ballbesitzfußball zurückkehren. Oft hat man auch mehr Ballbesitz, aber es bringt nichts. Man macht kein Tor und leistet sich immer wieder haarsträubende Fehler, zuletzt Koné oder Plea, davor immer wieder ein Elvedi und auch andere. Seit Monaten waren die Spieler nicht der Lage, eine Niederlage aufzuholen, sich zurück zu kämpfenn. Das ist schwach, charakterlos und das Gegenteil von resilient.

Farke hat sich lange Zeit – und tut es teilweise noch – hinter beziehungsweise vor die Spieler gestellt. Dass ein Trainer so etwas macht, ist verständlich und wichtig, aber irgendwann ist der Punkt, wo er nicht nur Jungprofis wie Ngoumou oder Borges Sanches, sondern auch gestandene Spieler, die ihre Leistung nicht bringen, auch öffentlich kritisieren muss. Vor allem muss er handeln und Änderungen in der Aufstellung vornehmen.

Diese Konsequenz lässt Farke zumindest in der Öffentlichkeit vermissen. Auch schütteln viele – wie auch ich – über seine Taktik beim Wechseln den Kopf. Nur zu oft hat er Spieler erst in den letzten fünf Minuten eingewechselt, dann, wenn es rein gar nichts mehr bringt. Will man noch einen Impuls setzen, will man noch ein Spiel drehen, müssen Spieler die Chance haben, sich noch mindestens 15 bis 20 Minuten zu profilieren. Vielleicht ist es durchaus mal angebracht, zur Halbzeit zu wechseln, wenn ein Spieler neben sich steht. Die Mehrzahl seiner Trainerkollegen tun das ja auch, teilweise erfolgreich.

Farke ist angezählt. Eloquenz und schöne Worte genügen jetzt nicht mehr. Auch er muss liefern, endlich Mut beweisen und Wechsel vornehmen. Es ist endgültig an der Zeit, dass ein Luca Netz spielt (so er nicht komplett versagt). Bensebaini ist eh weg und hat eh keine Bäume mehr ausgerissen. Selbst ein Thuram muss in Frage gestellt werden. Farke und auch Roland Virkus müssen jetzt die ersten Zeichen setzen, wie eine „durchlüftete“ Fohlenelf aussehen kann und soll. Es ist keine Zeit mehr zu verlieren. Farke hat wohl in England erst in seinem zweiten Jahr geliefert. Ich hoffe, er liefert überhaupt und möglichst von jetzt an in Gladbach. Die Zeit ist gekommen.

Und ja, es ist eine Reihe hochriskanter Operationen, die jetzt vorgenommen werden müssen. Das kann auch schief gehen, siehe das Beispiel Werder Bremen, gegen die die Fohlen heute Abend antreten – und eigentlich gewinnen müssen. Ich bin da leider wenig optimistisch. Die Spieler, die Mannschaft, der Trainer haben mir gerade in den vergangenen den Spaß und auch den Glauben an das Team genommen.

Zuerst einen auf Asterix machen und dann beim Brauseimperium anheuern

In den vergangenen Jahren, nicht erst jetzt, ist viel schief gelaufen. Da sind wir bei den Trainerexperimenten mit Rose und Hütter, maßgeblich initiert durch Ex-Manager Max Eberl, bei einer Kaderpolitik, die er zu großen Teilen zu verantworten hat. Bei allen Verdiensten, die sich Eberl in der Vergangenheit erworben hat, ist vieles unter seiner Verantwortung daneben gegangen.

Mein letztes Wort zur Causa Eberl. Ich nehme ihm seine Krankheit und seine Depressionen ab und wünsche ihm gesundheitlich alles Gute. Als Mensch hat mich Max Eberl jedoch maßlos enttäuscht. Zuerst einen auf Asterix und gallisches Dorf machen, Leipzig und Konsorten anprangern und dann beim Brauseimperium anheuern und jetzt lautstark rum lamentieren – das geht einfach nicht. Ein Wechsel zu den Bayern hätte man ihm wegen seiner Wurzeln wohl verziehen, aber diesen Schritt und vor allem dieses Verhalten? Der Weg zu Red Bull und seine aktuellen Aussagen zeugen von mangelndem Rückgrat und schwachem Charakter. Max Eberl hat die Fans, besonders die der Borussia, einfach verarscht.

Diese Kritik hat nichts mit Fußballnostalgie und der Sehnsucht nach guten alten Zeiten zu tun. Es ist eben eine Frage des Charakters und des Anstands. Altmodisch? Damit soll es dann auch gut sein mit dem Thema Max Eberl.


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Eine Antwort zu „Die Fohlenelf, Charakter, Resilienz und das Ende des Kapitels Eberl”.

  1. […] “Farke ist angezählt. Eloquenz und schöne Worte genügen jetzt nicht mehr.” Das habe ich vor ziemlich genau zwei Monaten geschrieben. Was ist nun eigentlich die Steigerung von angezählt? Gefeuert? Zumindest könnte das passieren, wenn man der Gerüchteküche glaubt. Nach Dieter Hecking wollte vor allem wohl Max Eberl – aber mit Unterstützung oder zumindest Duldung des Vorstands – den nächsten Schritt gehen. Das ist krachend gescheitert. […]

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