
In der vergangenen Woche kommt man natürlich nicht um die Nachwehen der US-Wahl herum oder anders formuliert: Allerorten wird besorgt in die Zukunft geschaut. Manchmal schreibt die Politik halt Horrorgeschichten, die man sich nicht besser ausdenken könnte. Donald Trump gewinnt die US-Wahl und einer der ersten Schachzüge ist es, ausgerechnet Elon Musk zum obersten Bürokratie-Killer zu ernennen. Der reichste Mensch der Welt soll ein „Department of Government Efficiency“ leiten – was ungefähr so klingt, als würde man einem Fuchs die Aufsicht über den Hühnerstall übertragen.
Was passiert, wenn man einen Tech-Milliardär zum obersten Bürokratie-Abbauer macht? Nichts Gutes, befürchten viele Expertinnen und Experten. Als Chef des neuen „Department of Government Efficiency“ könnte Musk genau die Regeln schleifen, die seine eigenen Unternehmen einschränken. Pikant: Seine Firma SpaceX profitiert von Milliardenaufträgen der Regierung, während Tesla wegen zweifelhafter Autopilot-Versprechen unter Beobachtung steht. Musks angekündigte „Schockwellen durchs System“ könnten vor allem bedeuten: weniger Kontrolle für Big Tech, weniger Verbraucherschutz, mehr Macht für die Digital-Giganten. Ein Schelm, wer dabei an Interessenkonflikte denkt.
Überraschen kann diese Entwicklung allerdings nur jene, die in den letzten Monaten unter einem digitalen Stein gelebt haben. Musks X-Plattform hat sich längst zur Trump-Echokammer entwickelt. Der Deal ist simpel: Trump bekommt seine digitale Bühne, Musk seinen politischen Einfluss. Win-win, wie man im Silicon Valley so schön sagt.
Europas digitaler Albtraum
Für die EU könnte sich die Situation zum Albtraum-Szenario entwickeln. Kaum ist die Tinte unter dem Digital Markets Act trocken, droht J.D. Vance – Trumps designierter Vize – den NATO-Partnern schon mal vorsorglich mit Konsequenzen, falls sie es wagen sollten, Musks digitales Imperium zu regulieren. Das nennt man wohl „diplomatische Feinfühligkeit“ à la MAGA. Mit Vance und Musk rücken zwei KI-Enthusiasten in Schlüsselpositionen, die diese Technologie am liebsten gestern als neuen Weltenlenker installiert hätten. Regulierung? Sicherheitsbedenken? Sowas ist was für Digitalpessimisten!

Was wir hier erleben, ist nichts weniger als der Versuch einer feindlichen Übernahme der US-Digitalpolitik durch die Tech-Elite. Da spielt nicht nur Musk eine Rolle. Brüssels digitaler Showdown mit der Trump-Musk-Allianz steht bevor. Während die EU mit DSA, DMA und AI Act das schärfste digitale Regelwerk der Welt geschmiedet hat, droht nun massiver Gegenwind aus Washington.
Die Zerreißprobe für Europas digitale Souveränität könnte kaum größer sein: Während der Digital Services Act gerade erst seine volle Wirkung entfaltet und Tech-Giganten wie Meta, TikTok und X zu mehr Transparenz und weniger Desinformation zwingen soll, formiert sich in Washington eine techfreundliche Allianz, die Regulierungen als Innovationsbremsen bekämpft. Die entscheidende Frage wird sein, ob die EU dem Druck standhält oder ihre ambitionierten Regeln für KI, Plattformen und digitale Märkte verwässert.
Die EU steht vor der Herausforderung ihres digitalpolitischen Lebens. Die spannende Frage wird sein: Wer reguliert hier eigentlich wen? Die Politik die Tech-Giganten – oder umgekehrt? Die Antwort darauf könnte unsere digitale Zukunft für Jahrzehnte prägen.
Rebellion im eigenen Haus
Vielleicht sollten wir Musks generative Künstliche Intelligenz Grok fragen, was sie davon hält. Der scheint ja erstaunlich unabhängig zu denken … Ausgerechnet Musks eigener KI-Chatbot Grok spielt nicht mit und beschuldigt seinen Schöpfer der Desinformation. Man könnte fast meinen, künstliche Intelligenz sei manchmal klüger als ihre menschlichen Erschaffer.
Zwei Randnotizen: Der SPD-Kanzlerkandidat und Lindners Porsche
Noch eine kurze Randnotiz zu einem anderen Thema: Am Mittwoch saß ich mit Freunden und Bekannten bei unserem Tennis-Spanier und kam irgendwie auf das Thema Olaf Scholz und wer der Kanzlerkandidat der SPD wird. Mein Bekannter, sozialdemokratischer Insider, meinte, die Entscheidung sei noch nicht final gefallen. Die Parteispitze um Lars Klingbeil klammert sich zwar noch an Scholz, doch an der Basis grummelt es wohl. Mit Olaf Scholz hätte die SPD laut Meinungsforschern „null Chancen“, nun fordern wohl immer mehr Sozialdemokraten, auf Boris Pistorius zu wechseln. Von Niedersachsen bis Hamburg verweigern immer mehr Funktionäre Scholz die Gefolgschaft, doch ich habe meine Zweifel, ob es ein Harris-Ereignis geben wird.
Und nun mal wirklich Breaking News: FDP-Chef Lindner will seinen Porsche verkaufen, berichtet n-tv. Lindner hat Tijen Onaran im FAZ-Magazin (€) ein Interview gegeben: „Ein altes Auto hat Charakter und Geschichte. Daran würde ich festhalten.“ Ein Auto schon. Und: „Ich bin langsam offen für etwas anderes.“ Das ist niemandem aufgefallen. Apropos: Hat die FDP etwa bereits im September den D-Day, den Koalitionsbruch, vorbereitet?


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