Dateien per E-Mail versenden sollte out sein …

Es ist ein Thema, das schon seit Jahren relevant ist: Das Versenden von Dateianhängen per E-Mail. Dieser Tage hat mich Kollege Dr. Peter Schütt auf eine Studie aufmerksam gemacht, die zu folgendem Ergebnis kommt:

83% of email users prefer to email documents back and forth, instead of uploading the document on a public folder, shared drive, or workspace.

distractedenterprise.com

Das Ergebnis wundert mich nicht, denn es spiegelt meine persönlichen Erfahrungen wider. Für immer in Erinnerung werde ich eine E-Mail eines Kollegen behalten, der über 40 MB Dateianhänge an einen wirklich großen Verteiler verschickte. Sinnigerweise war dieser Kollege auch noch für eines unserer Werkzeug zum Dokumenten- und Dateimanagement zuständig.Der Befehl Per E-Mail senden ist in der Textverarbeitung, der Tabellenkalkulation oder dem Präsentationsprogramm nur zu einfach ausgeführt. 78 % der Befragten sagten, dies sei einfach die schnellste Option. Und 48 % bemerkten, daß sei einfach das, was sie kennen. Als weitere „Entschuldigung“ nannten die Interviewten Unkenntnis der entsprechenden Werkzeuge zum Dateimanagement, unkomfortable Bedienung der Tools sowie schwere Wiederauffindbarkeit der Dateien.

Dabei sollte eigentlich klar sein, daß Dokumente und Dateien aus verschiedensten Gründen in ein System zur Dateiverwaltung gehören. Was ist nun dieses System? Ich komme aus der Welt des Enterprise Content Managements (ECM) und Dokumentenmanagements (DMS). Über viele Jahre habe ich mich mit der geordneten Ablage von Dokumenten, mit Versionierung, Zugriffsverwaltung und korrekter Verschlagwortung auseinandergesetzt und diese Nachrichten im Markt gepredigt. E-Mail Management, das geordnete Ablegen, Archivieren und auch Löschen von Nachrichten und Dateianhängen ist ein Thema, mit dem ich mich auf vielfältige Weise kontrovers mit erhöhtem Blutdruck oder spielerisch auf der Bühne auseinandergesetzt habe.

Es gibt vielfältige Gründe für E-Mail und Dokumentenmanagement: Das reicht von der banalen Entlastung der Speicherkapazität des E-Mail-Kontos eines Anwenders über gesetzlichen Vorschriften zur Aufbewahrung handels- und steuerrechtlicher Dokumente (und das sind auch E-Mails und Dateianhänge) zu Optimierung dokumentenzentrischer Geschäftsprozesse (Sach- und Fallbearbeitung) bis hin unternehmensweitem Knowledge Management, der Verwaltung und Aufbewahrung von Wissen, das für ein Unternehmen wichtig ist. Dem gegenüber stehen die oben genannten Aussagen der Befragten. Offensichtlich sind unsere geliebten Systeme zum Dokumenten- und Dateimanagement noch immer zu schwer zu bedienen. Die Anwender wollen keine umfangreichen Masken ausfüllen, um Dateien mit Metadaten zu versehen. Sie wollen nicht umfangreiche Zugriffseinstellungen vornehmen, entscheiden, ob sie anderen Benutzern Lese- oder Schreibrechte geben wollen. Sie wollen die Dateien und Dokumente schnell und unkompliziert wiederfinden, durch eine logische Baum- und Ordnerstruktur, einen „google-artigen“ einfachen Suchmechanismus oder über die „Web 2.0-nulligen“ Tags.

Das sind Aufgaben, die an uns Anbieter von entsprechenden Lösungen gestellt werden und auf die wir hören sollten. Einfache Bedienung muß im Vordergrund stehen. In guter Erinnerung habe ich ein PlugIn, das mich beim Versenden von Dateien in Lotus Notes fragte, ob ich die Datei als Anhang oder als Dateilink verschicken will. Wählte ich die Option Link, so wurde die Datei in einer von mir voreingestellten Dokumentenbibliothek abgelegt. Die Empfänger der E-Mail bekamen einen Link und konnten so auf die Datei zugreifen. Das ist schon ein sehr guter Ansatz, um Dateien innerhalb des Unternehmens nicht mehr als Anhang zu versenden, sondern diese geordnet abzulegen. An die Grenze stieß diese Lösung, sobald Dateien das Unternehmen verlassen und mit Kunden oder Partnern geteilt werden sollen.

Doch sind auch hier technische Lösungen denkbar. Ich bin persönlich in vielen Fällen dazu übergegangen, Dateien, die ich mit „Externen“ teile, in die Cloud zu legen und dann als Link zu verschicken. Cloud-Lösungen bieten dafür ja alle Optionen, denn ich kann nicht nur dort Dateien ablegen. Ich kann auch beliebig viele „Externe“ als Gast einladen und mit diesen „Gästen“ die Dateien teilen und gemeinsam bearbeiten – ohne jegliche Kosten für die „Gäste“ oder mich. Aber es sind einige Arbeitsschritte nötig: Datei hoch laden, prüfen, ob der oder die Empfänger bereits ein Konto haben, diejenigen, die kein Konto haben, einladen und dann Link versenden, Zugriffsrechte vergeben.

Ist das so schnell, wie einfach eine Datei versenden (siehe oben)? Ehrlich gesagt, nein. Wenn ich weitere meiner Kollegen von dieser Art, Dateien per LotusLive zu teilen, überzeugen will, muß es in einem Arbeitsschritt ohne manuelles Zutun desjenigen, der die E-Mail mit Anhang versenden will, geschehen. All die oben beschriebenen Schritte müssen im Hintergrund passieren, um „den gemeinen Anwender“ zu gewinnen. (Ich arbeite noch daran, daß wir dieses PlugIn entweder über unsere Unversitätspartnerschaften oder IBM-intern entwickelt bekommen.)

Dateien per E-Mail versenden ist also out …. Oder besser: Dateien per E-Mail versenden sollte out sein und durch elegante Mechanismen ersetzt werden, die ein komfortables Teilen von Dateien und Dokumenten erlauben. Oder noch besser: E-Mail sollte dort wo es sinnvoll ist durch leistungsfähigere Werkzeuge zur Zusammenarbeit ersetzt bzw. ergänzt werden: Wikis, Blogs, soziale Netzwerke, Instant Messaging. Noch ist die deutliche Mehrzahl der Mitarbeiter in Unternehmen primär auf E-Mail, in umfangreichen Tabellen und endlosen Präsentationen. Jedoch deutet sich ein Paradigmenwechsel an (der sicher seine Zeit brauchen wird, aber auch unaufhaltsam ist). Gerade die jüngere Generation lebt nicht mehr in der E-Mail Inbox. Sie nutzen stattdessen viel mehr soziale Netzwerke und andere Web 2.0-Werkzeuge, wie diverse Studien auch belegen.

Doch es geht um mehr als nur um einen Technologiewechsel von E-Mail zu Social Software. Es geht vor allem um einen Geisteswandel hin zu mehr offenem Teilen von Informationen. Es geht um den Weg heraus aus der persönlichen Inbox hin zum sozialen Netzwerk, zur neuen Form des Posteingangs, zum Social Workplace. Nicht nur E-Mail, auch Dokumentenmanagement, Portale und Intranets werden nicht verschwinden, aber sie werden sich ändern. Die Art und Weise, wie Informationen im privaten Web 2.0 geteilt werden, wird sich auch in das Enterprise 2.0 übertragen. Eher früher, denn später, als manche denken.

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