Big Data, Zahlenautismus, Dünnbrettbohrer, digitales Marketing

Die Tage bin ich über zwei Beiträge zum Thema Big Data und Marketing gestossen, die wiederum  mir aufgestossen sind. In einem der Beiträge nimmt Anne Schüller die Zahlenhörigkeit der Manager aufs Korn. Einige Kernzitate:

Die Big-Data-Flut ist Chance und Risiko zugleich

Ein Zuviel an Daten ist heute die Norm. Zahlenautismus ist eine bedrohliche Folgegefahr. …

Oft genug wird dabei übersehen, dass das eigentlich Wichtige nicht in Zahlenkolonnen passiert, sondern an den Touchpoints zwischen Mitarbeitern, Unternehmen und Kunden. Weil es aber über das Web so leicht möglich ist, aus der ganzen Datenflut immer neue Einsichten zu aggregieren, wird dies auch fleißig gemacht.

Die Krux dabei: Zahlen sagen niemals die Wahrheit. Erstens sind die Ergebnisse immer nur so gut wie das Ausgangsmaterial. Und zweitens sind sie immer das Resultat von Zielen, Interessen und Motivationen. …

Natürlich sind Kennzahlen wichtig. Und Messbarkeit hilft, die Spreu vom Weizen zu trennen. Doch die Zahlenhörigkeit vieler Führungsgremien ist geradezu abstrus. Oft genug wird ganz fanatisch das Falsche getan, Hauptsache, es kann gemessen werden.

Übervolle Excel-Tabellen aus den Managementinformationssystemen bauen eine Scheinwelt aus willkürlich festgelegten Quartalen auf, die in den abgeschirmten Zentren der Macht für die Realität gehalten wird.

via Die 7 unternehmerischen Schlüsselaufgaben für morgen – Aufgabe 6, Teil 1: Sich digital transformieren – statt budgetieren « Touchpoint Blog Anne M. Schüller.

Anne Schüller zieht über Planspiele und die verschwendete Zeit her und fordert, sich statt nur auf Zahlenspiele auf den Kunden zu konzentrieren. Ein wenig sehr plakativ (denn a bisserl Planung und einige Kennzahlen müssen sein),  aber wer wagt da prinzipiell zu widersprechen?

Ich muss bei Big Data natürlich als Marketier an „data-driven Marketing“ denken, das jetzt immer mehr en vogue ist. Dieser Tage habe ich zum Thema Digital Marketing und Kennzahlen eine Diskussion mit einem Kollegen gehabt. Wieviele Kennzahlen brauchen wir, um effektives digitales Marketing zu messen? Click-through-Rates, Conversion Rates, E-Mail Öffnungsraten, Reichweite, die Anzahl von Fans und Followern, Site Visits, potentielle Kunden auf der Webseite tracken, deren Kontaktdaten gewinnen, all das sind Daten, Zahlen oder Big Data, die Marketiers interessieren (müssen), da sie und ihr Erfolg daran gemessen werden.

Doch welche und wieviele Zahlen müssen wir Marketiers sammeln und analysieren? Man kann sich leicht, wie es auch Anne Schüller schreibt, im Zahlenwust verlieren, immer neue Slices und Dices, mehr oder minder sinnvolle Analysen durchführen. Viele der oben genannten Zahlen sind für mich wichtige und notwendige Eckpunkte, an denen ich mich orientieren kann. Sie sind aber nicht die letzte Wahrheit. Die Wahrheit und das Ziel ist der zufriedene Kunde, der kauft, guten Service erhält und im Idealfall darüber spricht, wie zufrieden er ist.

Zu Big Data und zur Datensammelwut von Marketiers passt dann auch der Beitrag von Gunnar Sohn, der in gewohnt klaren Worten die Produzenten von Werbe-Spam am Beispiel des sogenannten „Canvas Fingerprinting“ aufs Korn nimmt:

Irgendwie kommt man sich wie der Affe im Zoo vor, der von irgendwelchen Marketing-Jägern eingekreist wird, um einen Ausbruch aus dem Käfig zu verhindern. Jedenfalls steigt die Wut der Netzgemeinde, wenn solche Nasenring-Systeme ohne unsere Zustimmung zum Einsatz kommen. …

Gegen die Idioten im Maschinenraum des Marketings, die mit Software das schnelle Geld machen wollen, scheint kein Kraut gewachsen zu sein. Die kalkulatorisch-statistischen Stalker verfahren nach dem Hase- und Igel-Wettlauf.

via Stilvolle Anarchie mit Steve McQueen und Jackass gegen die Marketing-Schreihälse des Netzes | Ich sag mal.

Da ich  ja selbst Marketier bin und Kunden gewinnen will, bleibt mir natürlich der Bissen im Hals stecken. Und meine gichtigen Finger finden kaum die Tastatur, doch ich denke, es muss geschrieben werden, dass wir Marketiers transparent und offen spielen müssen. Ja, wir wollen und müssen im Sinne von Verkaufen, aber auch Kundendienst und Service Daten über unsere Kunden und Interessenten sammeln, aber wir sollten offen legen, wie, wann und warum wir das tun.

Muss das denn sein? Die meisten Surfer bekommen doch gar nicht mit, dass wir deren Daten erfassen, höre ich die von Gunnar beschriebenen Marketing-Maschinisten sagen. Ja, ich persönlich glaube, dass diese Offenheit sein muss, auch wenn sie unser Leben manchmal schwieriger macht. Nur so werden wir das Vertrauen unserer Kunden erhalten und behalten.

Was ist Eure/Ihre Meinung? Bin auf Kommentare und Antworten gespannt.

Eigentlich ist dieses Thema eine ausführliche Diskussion und Blogparade wert.

Comments

2 Antworten zu „Big Data, Zahlenautismus, Dünnbrettbohrer, digitales Marketing”.

  1. […] Ich würde noch wirtschaftliches Interesse hinzufügen, sonst vollkommen korrekt. Es geht heute nicht nur um ein “Recht auf Vergessen”.  Die Herausforderung ist umfassender, siehe die Beiträge zur teilweise nicht nachvollziehbaren Speicherung von Nutzerdaten via “Canvas Fingerprinting” oder die Datensammelwut von uns Marketiers. […]

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