Verleger „Babba“ Karl Hesselbach und die Zukunft des Journalismus 2022

Live aus der gute Stubb der Familie Hesselbach wurde am 18. Januar 2022 das erste des Jahres 2022 mit der Stammbesatzung Lars Basche und Stefan Pfeiffer. Nicht umsonst wurde die gute Stubb der hessischen Kultfamilie und TV-Serie der 60er Jahre gewählt, denn Karl „Babba“ Hesselbach ist Besitzer einer kleinen Verlagsdruckerei, Verleger der Wochenzeitung Weltschau am Sonntag, denn Lars Basche hat Journalisten und Medien im Jahr 2022 anläßlich der Reuters Institute Umfrage zu Journalismus und Medien gewählt.

Demzufolge – 246 Personen wurden befragt – konsolidert sich der Markt und die meisten setzen darauf bestehende Produkte weiter zu entwickeln und Podcasts, E-Mails-Newsletter, aber auch Video im Portfolio auf- und auszubauen. Kaum revolutionäre Vorhaben, mehr Evolution des Portfolios. Im Journalismus und Verlagswesen scheint das virtuelle Metaverse noch weit weg.

Auch in der Finanzierung bleibt man bei bekannten Modellen: Abonnements dominieren. Wir sind noch immer weit weg, einzelne Artikel der Plattformen zu einem fairen Preis kaufen zu können. Die Verlage wollen einfach die teuren Abos verkaufen und bewegen sich nicht. Ob nun die Tech-Konzerne, Google & Co., signifikant zur Finanierung beitragen werden, erscheint Lars und mir fraglich. Schauen wir mal.

Die Abo-Modelle sind unterdessen für die Digitalformate angepasst worden. Einige Verlag wie die FAZ sind mit ihrer Offerte FAZ+ hier durchaus preislich kompetitiv unterwegs. Leider wird aber auch hier die Politik gefahren, dass neue Kunden bevorzugt werden, in dem sie deutlich bessere Preise bekommen, während die Stammkunden höher „gemolken“ werden. Kennen wir ja aus anderen Branchen wie der Telekom. Ja genau der.

In der Diskussion um Abos musste ich dann auch an den Digitec Podcast der FAZ beim Marketing Club Frankfurt denken, in dem sich einer der Herausgeber, Carsten Knop, über die Apps und Online-Präsenzen genau jene Öffentlich-Rechtlichen mokiert hat, die mit ihren kostenlosen Angeboten eben einer FAZ Konkurrenz machen. Da prallen dann Wirtschaftsunternehmen, die Verlage nun einmal sind, auf die Öffentlich-Rechtlichen, die wir über unsere Rundfunkbeiträge bezahlen, die sich aber – so verstehe ich Knop – auf Kanälen tummeln, die eigentlich nicht zu ihrem ursprünglichen Auftrag und Kanälen – Fernsehen und Radio – passen.

Nun verwischen die Kanäle generell immer weiter. Auch die FAZ produziert Audio, sprich Podcasts, und auch Video.Umgedreht schreiben die ARD-Anstalten und das ZDF auch Texte, veröffentlichen sie auf Apps, Mediatheken und online. Dass manchem die Öffentlich-Rechtlichen ein Dorn im Auge sind, kann man auchdem Tweet und Bericht der Mitteldeutschen Zeitung entnehmen, nachdem die CDU aus Sachsen-Anhalt „Das Erste“ abschalten wolle. Ruprecht Polenz, ehemaliger CDU Generalsekretär und unterdessen großerer Twitterer, entgegnet, dass man die Öffentlich-Rechtlichen brauche, gerade auch im Internet.

Führen Abo-Modelle und die entsprechenden Preise dazu, dass Journalismus nur noch die gebildeten Schichten, ich hätte eher geschrieben die Besserverdienenden, erreicht, ist eine Frage, die in der Studie gestellt wurde. Für die tägliche BILD-Zeitung scheint es oft nochzu reichen, aber wir haben ja auch von Journalismus gesprochen und nicht von BILD. Laut Statista beträgt die gedruckte Auflage im 3. Quartal immerhin noch 1,63 Millionen Exemplare, die verkaufte Auflage 1,4 Millionen – natürlich kein Vergleich zu früheren Jahren, aber immerhin nehmen diese 1,4 Millionen die 0,80 € in die Hand, trotz der weiter fragwürdigen Überschriften, Artikel und vor allem Hetzkampagnen.

Doch noch mehr Sorgen machen mir diejenigen, die nur noch auf alternative Fakten zu hören scheinen, sich wie anno dazumal vor den Redaktionen versammeln und heutzutage Lügenpresse brüllen. Unabhängiger Journalismus ist wichtig. Deshalb brauchen wir eine Bandbreite von Zeitungen und Zeitschriften, digital und gedruckt, oder auch öffentlich-rechtliche Sender, die berichten und eben nicht alternative Fakten und Lügen verbreiten.

Noch ein Seitenaspekt der Reuters-Umfrage: Demnach werden Instagram, TikTok und YouTube immer wichtiger (obwohl die zahlungskräftigere Klientel sich ja weiter eher auf Facebook tummelt). Doch offensichtlich will man allenthalben junge Kunden an sich binden. Deshalb wird die FAZ -so Knop in erwähntem Podcast – auch mit einer Präsenz auf Tiktok starten. Wir sind alle gespannt – aber es gibt derzeit meiner Meinung nach wichtigere Schauplätze, eine freie,vielfältige Presse und Qualitätsjournalismsus zu verteidigen.

9vor9 Episode 75 – Über die Zukunft des Journalismus #9vor9 – Die Digitalthemen der Woche

Wir melden uns zurück mit unserer ersten Episode im neuen Jahr 2022 und sprechen über die Studie des Reuters Institute for the Study of Journalism mit dem Titel "Journalism, media, and technology trends and predictions 2022". Jedes Jahr veröffentlicht das Institut die Ergebnisse ihrer Umfrage von Menschen, die in der Medienbranche arbeiten. Dieses Jahr sind das 246 Personen. Die meisten kommen aus Großbritannien (22 Prozent) gefolgt von Deutschland (10 Prozent). Der größte Anteil der Antworten stammt aus Europa, die Ergebnisse sind also für unseren deutschsprachigen Markt sicher auch relevant. Zusammenfassend kann man sagen, das 2022 aus Mediensicht eher ein Jahr der Konsolidierung dessen wird, was in den letzten Jahren aufgebaut wurde, und nicht eins der alles hinterfragenden Innovationen. Der Fokus liegt dabei auf Podcasts und Audio (80%) sowie Newslettern (70%). Finanzieren wollen sich die Medien vor allem über Abomodelle und erst an zweiter Stelle über Werbung. Immerhin 30 Prozent der Befragten glaubt, dass die digitalen Plattformen den Journalismus mitfinanzieren werden über Lizensierungen zum Beispiel. Andere Themen aus der Umfrage, die wir besprechen, sind die stärkere Polarisierung in den Social Media und wie die Medien damit umgehen und wie sie vor allem auch ihre Journalistinnen und Journalisten schützen und unterstützen wollen. Viel Spaß beim Hören.

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