Der Merz ist gekommen oder vom röhrenden Hirschen über dem Sofa, Sympathie und Emotionalität

Eigentlich wollte ich mich zum Thema Kandidatenkür bei der CDU und anderen derzeit diskutierten GroKo-Personalien von Horschtl bis Andrea nicht äußern. Die Beiträge von Sascha Lobo und der TAZ haben mich aber eines anderen belehrt. Sascha fordert in seiner Kolumne auf Spiegel Online von der SPD mehr Emotionalität statt des ausschließlichen Fokus auf Sacharbeit. Die Sozialdemokraten unterschätzten den Sympathie-Faktor.

Da ist eine Menge dran, aber wie gesagt wollte ich mich dazu nicht äußern. Die letzte sozialdemokratische Emotion mit Schulz war ja nicht einmal eine Seifenblase. Und wer aus der mir bekannten Führungsriege der SPD kommt schon sympathisch rüber? Und auch Juso-Kühnert ist für mich kein Träger jener. Man kann sich vielleicht an ihm reiben. Das ist es aber. Und der Reibungsfaktor ist auch nicht so groß, dass es der Rede beziehungsweise der Stimme wert ist.

Und dann kommt der Friedrich Merz daher und räumt ab. Seine Person polarisiert und emotionalisiert. Die TAZ titelt vom röhrenden Hirschen über miefigen deutschen Sofas.

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Merz sei ein Abziehbild der Kohl-Ära, ja unterstellt Merz eine mögliche Koalition mit der AfD.

Gabor Steingart schreibt in seinem Morning Briefing vom 2. November 2018 eine Gebrauchsanleitung zum Verstehen in zehn Punkten. Merz käme von außen, sei in der CDU ein willkommener Rückkehrer, aufgrund seiner Rhetorik und seiner Wirtschaftsbeziehungen und -kenntnis ein Kanzler zum Sofortgebrauch. Er würde der AfD das Feindbild nehmen und der SPD wieder eine klare Abgrenzung ermöglichen. Steingart adelt Merz quasi dann noch als einer der wenigen Politiker, der die Wahrheit sage.

Da wird mir Friedrich Merz zu sehr zum Messias – wie anno dazumal Herr Guttenberg – „hochsterilsiert“. Beziehungen zur Wirtschaft und transatlantisch können sicherlich von Nutzen sein. Sie können aber auch kritisch betrachtet werden. Da braucht man – wie in einem Einspieler bei Maybrit Illner geschehen – Merz nicht die Darth Vader-Maske „überstülpen“. Eine reine „Mehr Kapitalismus wagen“-Politik ist für mich bestimmt nicht die Zukunftsperspektive. Es braucht Butter bei die Fische. Was will er denn nun, der Herr Merz, bei Themen wie Klimawandel oder meinem Steckenpferd Digitalisierung?

Merz würde dann bei mir an Glaubwürdigkeit gewinnen, wenn er darüber hinaus seine Beziehungen und Posten transparent macht und das Thema Transparenz generell in Themen wie Lobbyregister voranbrächte. Doch das ist mit allergrößter Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten. Eher werden meine Fohlen Meister, als das …

Doch zurück zum Ursprung mit Sascha Lobo: Emotionalität und Sympathie. Merz ist sicher jemand, der derzeit CDU-intern hohe Sympathiewerte verbuchen kann. Manch einer, der unter dem Hirsch auf dem Sofa müffelt, würde sich aber wundern, ja erschrecken, was Merz alles modernisieren und transformieren will. Gut, er wäre ja auch erst einmal „nur“ CDU-Vorsitzender. Merz ist auch jemand, an dem sich die politischen Gegner emotional reiben können. Und so jemand mit Sympathie- und Reibungsflächen fehlt derzeit den Sozialdemokraten.

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Dicke Eier oder tritt er doch „großzügig“ zugunsten von Friedrich Merz zurück? (Um in wenigen Jahren um so dicker …)

Schauen wir mal, wer nun wirklich zum CDU Vorsitzenden gewählt wird. Spannend finde ich die Entwicklung auf jeden Fall. Wird beispielsweise Spahn bald „zurücktreten“ und Merz das Feld überlassen, wie wie Hajo Schumacher bei Maybrit Illner vermutete. Oder kommt es ganz anders? In der Perspektive: Uns geht es wirtschaftlich derzeit gut. Jedoch erleben wir eine Politikverdrossenheit, die sehr stark durch Klüngelei und einer blinden Weiter-so-Mentalität verursacht wurde. Eine lebendige politische Debatte, die den Bürgerinnen und Bürgern das Gefühl vermittelt, dass da doch was geht, täte und tut dem Land gut und könnte durchaus den Rechtspopulisten viel Wind aus den Segeln nehmen.

(Stefan Pfeiffer)

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