Knackige Aussagen und verschiedene Meinungen zu den Ergebnissen des deutschen Ki-Gipfel, zu dem sich die Regierung die Tage am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam getroffen hat. In der Strategie Künstliche Intelligenz wurden 12 Handlungsfelder definiert. Jenseits strategischer Aussagen und Willensbekundungen sollen konkret rund drei Milliarden Euro – nein, nicht im Jahr, bis 2025 – investiert oder mindestens 100 neue Professuren geschaffen werden. Die Details kann man auf der entsprechenden Webseite nachlesen. Ziel ist es, Deutschland in die erste Liga in der zentralen Zukunftstechnologie Künstliche Intelligenz (KI) zu führen. Und nein, ich spare mir jetzt den Bezug auf Bundes-Jogi und den Abstieg der deutschen Nationalmannschaft aus der National League.
Die deutsche „KI-Ikone“ Wolfgang Wahlster, der (Noch-)Leiter des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI), äußert sich in der FAZ positiv:
„Ich bin von der neuen KI-Strategie begeistert, da nun in Europa das größte nationale Förderprogramm den Durchbruch von KI-Lösungen auf breiter Front ermöglicht“
„Damit wird endlich auch die von etlichen Medien und amerikanischen Unternehmensberatern oft fälschlich behauptete Überlegenheit der amerikanischen und chinesischen KI-Strategien klar widerlegt.“
über Die Schwächen der deutschen KI-Strategie – FAZ.NET
Andere Protagonisten äußern sich im entsprechenden Bericht der FAZ eher negativ. Halbherzig, fehlende Forschungs-Hotspots, die mit den Top-Unis konkurrenzfähig sind, und andere Bedenken werden geäußert. Mir persönlich erscheint die ganze Strategie etwas zu „national“. Künstliche Intelligenz macht nicht an Grenzen halt. Ein sehr gutes Beispiel ist CIMON, der in Deutschland entwickelte und gebaute Astronauten-Assistent, der gerade seine Feuertaufe bestanden hat: In Deutschland entwickelt, aber US-amerikanische Technologie mit IBM Watson nutzend …
Also seien wir stolz auf deutsche Entwicklungen, bauen wir unsere Kompetenz in Forschung, Unternehmen, besonders auch dem Mittelstand aus, bilden wir vor allem in Schulen, Universitäten und Betrieben weiter, aber denken wir europäisch, ja international. Bei allen Bedenken und aller Kritik wurde auf jeden Fall ein Zeichen gesetzt und es gilt nun das Beste draus zu machen und vor allem umgehend konkret zu werden. Hoffentlich landen wir nicht wieder in Bedenkenträgertum und Regulierungswahn, bei aller Notwendigkeit Betriebsräte oder Datenschützer eng einzubinden.
Auch vor heiklen Themen wie Datenschutz und Verfügbarmachung von Daten dürfen wir keine Angst haben. Wie drückt es Frank Riemensperger von der Unternehmensberatung Accenture so schön aus:
„KI ohne Daten ist wie Trockenschwimmen: Mit Schwimmübungen ohne Wasser wird man auch kein guter Schwimmer.“
über Die Schwächen der deutschen KI-Strategie – FAZ.NET
Er fordert, konsequent Datenpools in Deutschland aufzubauen, mit denen KI-Systeme trainiert werden. Klar sollte sein, dass Datenpools aufbauen nicht heissen muss, Daten nicht – wo notwendig – zu anonymisieren und so zu schützen. Ich bin ja immer noch der Meinung, dass die DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) – bei aller Notwendigkeit im Detail zu konkretisieren – ein mehr als guter Start in dieser Beziehung sein kann – und bin da mit Apple-Chef Tim Cook einer Meinung. Wir können uns hier in Europa – nochmals, Deutschland alleine ist zu kurz gedacht – von China und US-amerikanischen Datenkraken deutlich abgrenzen – und damit wirklich vorangehen.
All das ist sicher ein dickes Brett, das im Wettbewerb gebohrt werden muss, aber bei aller typisch deutschen Skepsis würde uns ein bisschen Selbstbewusstsein und Optimismus gut tun. Vor allem darf es keine Eintagsfliege sein nach dem Motto Ich gebe mal Geld, macht mal. Das wird nicht genügen. Auch die Bundesregierung und die nach- oder zugeordneten Behörden müssen kontinuierlich weiter arbeiten, fördern, eng mit Forschung, Unternehmen diskutieren und kooperieren. Das Thema Künstliche Intelligenz muss latent auf der Tagesordnung bleiben. Nur dann kann man einigermaßen dem Anspruch gerecht werden, Deutschland zum führenden Standort für künstliche Intelligenz zu machen. Wir spät dran. Hoffentlich nicht zu spät.
(Stefan Pfeiffer)
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