GAFAM: „Corona-Krise macht die digitalen Riesen noch riesiger“

Er – Gabor Steingart – liebt die pointierten Formulierungen, oft auch die überpointierten, wie ich ja hier auch schon kritisiert habe. Doch ist etwas Wahres an der Aussage dran, dass wir die Vergangenheit bewahren statt in die Zukunft zu investieren?

Unter den 20 größten Digitalunternehmen gibt es kein europäisches Unternehmen – und dabei wird es auch bleiben. Deutschland rettet derzeit mit Billionensummen seine Vergangenheit. Die Große Koalition baut das teuerste Industriemuseum der Welt.

US-Technologiebörse: Stunde der Gewinner- Morning Briefing vom 11. Juni 2020

Das Risiko, „alte Industrien“ zu subventionieren, ist sicherlich enorm hoch. Und der Druck ist enorm hoch, gerade auf die Parteien der großen Koalition. Man höre sich gerade das Gezetere der Gewerkschaften (!!!) gegen die SPD an, dass eben nicht Benzin- und Dieselfahrzeuge subventioniert werden. Es wird ein harter Kampf, in die Zukunft zu investieren, dort Arbeitsplätze zu schaffen, statt die Vergangenheit zu zementieren mit der trügerischen Hoffnung, dort Arbeitsplätze zu bewahren. Doch einmal wieder schießt Steingart über das Ziel hinaus. Beispielsweise die Investitionen in Wasserstofftechnologien oder eben auch die Kaufprämie für E-Autos sind durchaus zukunftsgerichtet. Ja, wir brauchen noch mehr davon und müssen die Verteilung von Subventionen im Blick haben.

Doch eigentlich ging es in dem entsprechenden Absatz um die immer größere werdende Macht und den immer höheren Wert von Google (= Alphabet), Amazon, Facebook, Apple und Microsoft, um die Dominanz der US-amerikanischen GAFAM-Konzerne, die jetzt in und nach der Krise noch größer werden könnte.

Die Corona-Krise macht die digitalen Riesen noch riesiger und beschleunigt die Schrumpfung traditioneller Geschäftsmodelle. Virtuelle Realitäten, autonomes Fahren und ein auf Daten basiertes Gesundheitssystem sind die Wachstumsfelder der Zukunft.

US-Technologiebörse: Stunde der Gewinner- Morning Briefing vom 11. Juni 2020

In dieses Horn stößt auch das Handelsblatt in einem lesenswerten Essay von Sebastian Matthes vom 3. Juni 2020:

Für die großen amerikanischen Tech-Konzerne Google, Amazon, Facebook, Apple und Microsoft, die GAFAM-Firmen, ist die Virus-Pandemie auch eine Erschütterung – nur anders als anderswo eine positive.

Die großen US-Techkonzerne betreiben digitalen Kolonialismus

Sie sind die Profiteure der Krise und bekommen noch mehr Einfluss, scheint es. Der Beitrag schlüsselt auf, wie Amazon, Apple & Co in den Unterhaltungs- und Videomarkt vordringen. Und natürlich werden auch die Ambitionen im Gesundheitswesen behandelt. Die Corona-Warn-App zeigt, wie dominant Apple und Google sind. Sie beherrschen den Markt für Smartphones und Apple zeigt mit der Watch, was am Armband alles gehen könnte (Disclaimer: Ich bin ein Fan der Apple Watch). Apple will vor allem (noch?) Geräte verkaufen, Google Werbung und Amazon scheint das Ziel zu haben, Medikamente an Frau und Mann zu bringen. Mit Alexa hat der Bezos-Konzern schließlich noch eine Joker im Smart Home im Ärmel.

Mit dem Einstieg ins Gesundheitswesen schließen die Konzerne auch eine letzte große Datenlücke. Denn die Gesundheitsinformationen ihrer Nutzer werden in vielen Ländern immer noch per Papierakte und allenfalls Fax weiterverarbeitet.

Die großen US-Techkonzerne betreiben digitalen Kolonialismus

Nicht nur in Deutschland, auch bei Google, wird mit der elektronischen Gesundheitsakte experimentiert und die elektronische Patientenakte eingeführt. Sinnigerweise habe ich gerade dazu allerdings unter rein deutscher Perspektive losgelöst von dem Ambitionen besagter Konzerne ein Gespräch mit meinem Kollegen Ronald Fritz von der IBM geführt, das wir bald veröffentlichen werden. Dort haben wir auch das Thema Eigentumsrecht an den Daten behandelt, das eindeutig bei den Benutzern liegen muss. Sebastian Matthes schlägt vor, die Daten mit einem Preisschild zu versehen – und die Konzerne dafür zahlen zu lassen. Steile These, die wir auch mal bei diskutieren könnten. Und wie so viele andere Kommentaren taucht natürlich auch bei Matthes die Forderung nach Regulierung und potentieller Aufspaltung der Konzerne auf.

Noch einige knackige Zitate aus beiden erwähnten Beiträgen:

Der Konzern ist im Internet so etwas wie die Bank im Kasino: Alle spielen – aber am Ende gewinnt immer . | @SMatthes im @Handelsblatt

Die Coronakrise hat eine Art Zwangsdigitalisierung des Alltags ausgelöst. Die Menschen nutzen so viele digitale Angebote der Tech-Riesen wie nie zuvor. | @SMatthes im @Handelsblatt

Die Welt erlebt soeben zwei Jahre digitale Transformation komprimiert auf zwei Monate. | @satyanadella zitiert nach Gabor Steingarts Morning Briefing

(Stefan Pfeiffer)

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

Comments

Eine Antwort zu „GAFAM: „Corona-Krise macht die digitalen Riesen noch riesiger“”.

  1. […] Möglichkeiten geben würde und könnte, gegen die immer größere werdende Macht und den Einfluss der GAFAM-Konzerne vorzugehen, die gerade durch die gegenwärtige Covid-19-Krise noch mehr zu profitieren scheinen. […]

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Hinterlasse eine Antwort zu Christine, mach hinne mit der GWB-Novelle, kommen die richtigen Nachrichten zu mir und macht ein deutsches Autobetriebssystem nach Open Source-Prinzip Sinn? Digitalthemen bei #9vor9 – StefanPfeiffer.Blog Antwort abbrechen

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