Wenn die neuen Antwortmaschinen einen Joint geraucht haben

Wir sprechen bei über Google und das unter (mindestens) zwei Aspekten: Was bedeutet es, dass ein US-Gericht Google als Monopolisten „geoutet“ hat. Und wie ernsthaft sind die Bedrohungen durch KI-getriebene Antwortmaschinenen wie Perplexity.ai oder SearchGPT für Google’s Dominanz im Markt für Suchmaschinen.

Google-Urteil: Wo bleiben die Konsequenzen in den USA und der EU?

„Google is a monopolist, and it has acted as one to maintain its monopoly“, so ein US-Bundesrichter im Urteil des seit 2002 laufenden Kartellrechtsverfahren gegen Google. Der Konzern habe seine Marktmacht zugunsten seines Suchmaschinengeschäfts missbraucht. Doch was sind die Konsequenzen dieses Anfang August 2024 bekannt gegebenen Urteils? Sicher, es werden mögliche Maßnahmen wie eine Zerschlagung des Konzerns diskutiert. Doch erst einmal geht Google in Revision, was laut Lars weitere vier bis fünf Jahre dauern kann.

Auch in Europa wird die Diskussion um Googles Monopolstellung immer wieder aufgegriffen. Allein auch hier fehlen wirklich die Konsequenzen. Onkel Luigi aus Sizilien ist wohl noch nicht mit seinem Geigenkoffer auf dem Weg nach Mountain View, um Geld einzutreiben. Das Urteil ist bemerkenswert, mögliche Folgen dauern. Und bis dahin könnte sich die Situation auf dem Markt für Suchmaschinen verändert haben.

Antwortmaschinen fordern klassische Google-Suche heraus

Zumindest einmal fordern neue Such- oder besser Antwortmaschinen den Monopolisten heraus. Vor kurzem hat Open AI einen Prototypen von SearchGPT gezeigt. Ich nutze seit einigen Wochen Perplexity.ai auf meinem privaten MacBook im Firefox-Browser. Und Google selbst hat eine neue Art des Suchens mit Gemini präsentiert. Was haben all diese Tools gemeinsam? Sie blamieren sich regelmäßig, da wichtige Fakten und Ergebnisse falsch sind.

Sie halluzinieren wie unter Drogen … Und das bei scheinbar ganz einfachen Fragen. Letztens lieferte mir Perplexity.ai einfach das falsche Datum zum viel diskutierten CrowdStrike-Sicherheitsvorfall. Ein falsches Datum? Warum ist eine künstliche Intelligenz nicht in der Lage, einen so einfachen Fakt korrekt zu beantworten. Das stößt nicht nur bei mir auf Unverständnis.

KI-Suchmaschine Perplexity wächst rasant: 250 Mio. Anfragen im letzten Monat, 7-fache Steigerung der Einnahmen seit Jahresbeginn. Trotzdem noch ein kleiner Player im Vergleich zu Google & Co. Vorwürfe wegen „zynischen Diebstahls“ von Inhalten müssen noch ausgeräumt werden. KI-Suchmaschine führt Werbung ein und will Einnahmen mit zitierten Verlagen teilen, so Der Standard, 13.8.2024

Antwortmaschinen werden sich durchsetzen

Trotzdem glaube ich, dass sich diese Art des Beantwortens von Suchanfragen auf mittlere Sicht durchsetzen wird. Die Liste mit gefundenen URLs, gefundenen Webseiten, auf denen man dann nachlesen und nachschauen muss, entspricht sicherlich nicht dem, was man eigentlich komfortabel nennt. Man erwartet doch vielmehr eine flüssige Antwort auf die Suchanfrage. Mit Featured Snippets ist Google selbst schon in diese Richtung gegangen.

… aber die Fakten müssen einfach stimmen

Die neuen Antwortmaschinen treiben das weiter, doch die Fakten, auf denen diese Antworten beruhen, sollten stimmen. Die Quellen, aus denen die Antwort geschöpft wird, sollten benannt werden und nachprüfbar sein. Und natürlich ist es komfortabler und nutzerfreundlicher, wenn meine Such-, pardon Antwortmaschine mir die Antworten auf meine Suchanfragen fein formuliert vorlegt oder vorliest. Dies ist die Zukunft der Suche im Internet (und darüber hinaus). Nur, verdammt noch mal, die Ergebnisse und Fakten müssen halt stimmen.

Konsequenzen für Verlage und Publisher

Diese neue Weise, wie Suchanfragen beantwortet werden, hat ernsthafte Konsequenzen auch für Webseiten und Informationsportale, aus denen die Antwort gespeist wird. Die Nutzerinnen und Nutzer werden in der Regel nicht mehr auf diese Seiten gehen und das bedeutet, dass die Klickraten herunter gehen und Werbetreibende keine oder weniger Anzeigen dort schalten. Es stellt sich die Frage, wie sich Publikationen künftig finanzieren wollen und können. Viele Verlage oder Medien mögen sich dafür entscheiden, ihre Inhalte hinter einer Paywall zu platzieren, um Geld zu verdienen. Oder aber man muss neue Modelle finden, wie die Antwortmaschinen-Hersteller die Portale monetär entlohnen.

Ich persönlich glaube, dass für Hintergrundberichte, fundierte Analysen und Kommentare weiter ein Markt existieren wird. Reine Informationen und Nachrichten dagegen werden es auf jeden Fall schwer haben. Einmal mehr sind gerade die Verlage und Publisher gefragt, kreativ über ihre Finanzierung nachzudenken und alternative Konzepte zu entwickeln, die nicht nur Abo-Modelle und Paywall heißen sollten. Beim Ansatz des Micro Payments pro Artikel hat es ja schon mal nicht geklappt, weil sich die Mehrzahl der Verlage quer gestellt haben.

Vertrauen und Fakten angesichts von manipulativer Content-Schwemme

Jenseits dieser essentiellen Frage dürfen wir aber aus unserer Sicht nicht das Thema Qualität von Informationen, Vertrauenswürdigkeit von Quellen und die Gefahr KI-generierter durch Bots verteilter Fake News, Lügen und Propaganda nicht vernachlässigen. Lars hat zu Recht auf die Content-Schwemme in den sozialen Medien hingewiesen, wo dubiose Gestalten wie Elon Murks und viele andere einfach ungeniert und ungestraft Lügen verbreiten. Da sind wir wieder bei dem Thema Vertrauenswürdigkeit und Nachprüfbarkeit von Informationen und Fakten.

Einfacher wird die Situation wohl nicht, aber wir werden uns den Herausforderungen der KI-Systeme und denen, die sie missbrauchen, um zu manipulieren und Lügen zu verbreiten ebenso stellen müssen, wie den Monopolen, die schamlos ihren Klingelbeutel mit unlauteren Methoden füllen.


Und zur Unterhaltung noch diese Animation, die mir Luma Dream Machine nach ewiger Zeit produziert hat:

Prompt: A thought-provoking digital illustration portraying the delicate balance between trust and mistrust. On one side of the scale, a classic book labeled „Facts“ rests, symbolizing traditional knowledge and reliability. On the other side, a modern computer with an AI logo, representing the rapid advancement of technology and potential misinformation. The AI side of the scale is heavier, tipping the balance, and from the computer, distorted and false information flows out like a dark, swirling mist. The background is a blend of old and new, with classic architecture and futuristic cityscapes, reflecting the ongoing struggle between truth and deception.

Eine neue Studie von Sonata Insights und Datos zeigt, dass KI-basierte Suchmaschinen bisher keinen signifikanten Einfluss auf die Dominanz von Google im Suchmarkt haben. Obwohl Plattformen wie Perplexity ein Wachstum verzeichnen, bleibt Google mit 290-mal mehr Suchnutzern und etwa 200 Suchanfragen pro Nutzer pro Monat der unangefochtene Marktführer. Interessanterweise nutzen 99% der KI-Plattform-Nutzer weiterhin traditionelle Suchmaschinen, was darauf hindeutet, dass KI-Suche eher ergänzend als ersetzend genutzt wird.

KI im Alltag: Was 2025 verändert hat #9vor9 – Die Digitalthemen der Woche

2025 war das Jahr, in dem KI endgültig im Alltag angekommen ist. In dieser Folge sprechen wir über unsere meistgenutzten KI-Tools und darüber, wie sich unser digitaler Alltag durch KI verändert hat. Dazu: ein Blick auf Unternehmen und Behörden und ihre Nutzung von KI, Sicherheitsrisiken, Social-Media-Trends und die Frage, ob Apple 2026 endlich mit echter KI nach Europa kommt.

Comments

4 Antworten zu „Wenn die neuen Antwortmaschinen einen Joint geraucht haben”.

  1. „Interessanterweise nutzen 99% der KI-Plattform-Nutzer weiterhin traditionelle Suchmaschinen, was darauf hindeutet, dass KI-Suche eher ergänzend als ersetzend genutzt wird.“

    Ich habe heute versucht, Perplexity als weitere Suchmaschine in Firefox einzubinden! Geht auf dem normalen Weg nicht, man muss ein AdOn installieren und dann jedes Mal vor die Suchanfrage „@perplexity“ schreiben – und dann werden die Ergebnisse nicht etwa in Firefox angezeigt, sondern es erscheint die Perplexity-Seite.

    Bei Chrome kann auch ein AdOn zugefügt werden, immerhin mit einem klickbaren Symbol, so dass man gleich damit suchen kann. Ergebnisse erscheinen in extra Fenster.

    Beides ist suboptimal und verhindert, dass die Google Suche durch Perplexity ganz harmonisch ersetzt wird. Kein Wunder also, dass Google bisher wenig verliert.

    Grundsätzlich empfinde ich Perplexity als sehr viel komfortabler und Arbeitszeit sparend. Da man jeweils genau sehen kann, woher die Infos kommen, die P erforscht und zusammenfasst, ist so ein Ergebnis potenziell nicht fehlerhafter als die in Google-Ergebnissen gelisteten Artikel. (Erscheint mir etwas zweifelhaft, kann ich ja nachschauen) Es scheint auch so zu sein, dass Perplexity keine Quellen nutzt, die nur mittels SEO ranken, aber inhaltlicher Schrott sind.

    Perplexity toppt Google auch durch die Möglichkeit der Nachfrage und durch seine Vorschläge für Zusatzfragen. So lässt sich ein Thema schnell umfassend erforschen und verarbeiten.

    Zum Podcast: Kann man es nicht hinbekommen, dass die beiden Sprecher gleich LAUT sprechen? Der Unterschied war in dieser Folge krass und schon etwas nervig! (War die erste, die ich hörte).

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    1. Hallo Claudia,
      werde bei der nächsten Ausgabe nochmals genauer die Pegelausschläge der beiden Sprecher überprüfen. Sorry dafür und lieben Dank für den Hinweis!
      Und hier eine Anweisung, wie es auch ohne AddOn geht: https://www.perplexity.ai/search/wie-kann-ich-perplexity-als-su-XVHqd6QnQhCTPCilUISTtA#0
      So habe ich es gemacht.
      Sonnige Grüße
      Stefan

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      1. ClaudiaBerlin

        Wie seltsam, bei mir (vor und nach Update!) gibt es bei Firefox im Suche-Abschnitt der Einstellungen keine „“Seitensuche“, sondern nur den Link „Weitere Suchmaschinen hinzufügen“, der zu langen AdOn-Listen führt (wo Perplexity nicht vorkommt). Muss also vorerst beim AdOn bleiben, wundere mich aber, dass es offenbar verschiedene Firefox-Browser gibt – Du hast ja offensichtlich einen anderen.

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      2. Firefox 129.0.1 auf dem MacBook unter Mac OS Sonoma

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