Der Arbeitsplatz frisst sich inzwischen bei den meisten Berufstätigen in Deutschland über Handy und PC immer weiter in das Privatleben. Zwei Drittel der Berufstätigen sind inzwischen außerhalb ihrer regulären Arbeitszeiten für Kunden, Kollegen oder Vorgesetzte per Internet oder Handy erreichbar.
So weit das Zitat aus dem Spiegel, der in seinem Artikel Bezug auf eine Studie der Bitkom nimmt. Erreichbarkeit kann sicher ein Fluch werden. Die Verbreitung des Mobiltelefons hat zu der Erwartungshaltung geführt, daß man immer erreichbar ist beziehungsweise sich zeitnah und sofort zurückzumelden hat. Und wer hat schon einmal den Anruf bekommen, wenn man eine E-Mail nicht innerhalb von 15 Minuten beantwortet hat: Hast Du meine E-Mail schon gelesen? Wer wurde nicht schon angechattet, obwohl die Präsenzanzeige auf In Besprechung oder Abwesend steht.
E-Mail, Instant Messaging, Twitter und Mobiltelefon erleichtern auf der einen Seite die Kommunikation ungemein. Ich möchte die Werkzeuge nicht missen. Auf der anderen Seite erzeugen sie die oben beschriebene Erwartung und auch Druck, den man sich selber macht. Man schaut latent aufs Telefon, ob eine SMS gekommen ist. Abends um 10 Uhr wird nochmals der Rechner angeschaltet. Es könnte ja eine wichtige E-Mail da sein.
Inzwischen entpuppt sich die totale Erreichbarkeit für immer mehr Menschen als Bürde, weil die Trennung zwischen Arbeits- und Privatleben nicht mehr gelingt.
via spiegel.de
Auf der Next Corporate Communications Konferenz in St. Gallen vergangene Woche habe ich geschildert, daß ich viele meiner Blogbeiträge am Wochenende außerhalb der regulären Arbeitszeiten schreibe, weil meist unterhalb der Woche der Terminkalender zu voll ist, um sich einmal in Ruhe die Zeit für ein vernünftiges, inhaltlich qualitatives Posting zu nehmen. Auch da frisst sich der Job ins Privatleben. Nun ist das Bloggen bei mir persönlich sicher eine Mischung aus beruflichem Engagement und persönlichem Schreibtrieb. Nicht umsonst habe ich mal als Journalist gestartet. Aber welche Artikel sind „nur“ privat, welche beruflich? Die Grenzen verschwimmen. Ich habe im Job mit Social Media zu tun und ich interessiere mich privat dafür. Mein Job ist es die Collaboration-Tools der IBM in Deutschland zu vermarkten. Collaboration und den modernen Arbeitsplatz fand ich immer auch privat sehr interessant.
Auch unter anderen Perspektiven vermischen sich Privat- und Berufsleben. Ich arbeite meistens im Home Office, habe dort alle technischen Voraussetzungen und es wird von meinem Arbeitgeber ermöglicht. Wie ist es nun, wenn ich während der „normalen“ Arbeitszeit mir eine Stunde Auszeit nehme und den Rasen mähe? Positiv gesprochen – und ich meine es absolut positiv: Es ist doch super, wenn ich meine Arbeitszeit so flexibel gestalten kann, wie ich es möchte, in den Kernzeiten natürlich erreichbar bin, aber auch Sachen abends oder am Wochenende erledigen kann. Solange der Job gut oder sehr gut erledigt wird …
All diese verschiedenen Aspekten des Zusammenspiels oder der Trennung von Privat- und Berufsleben machen für mich deutlich, daß wir neu oder verstärkt über die Regeln nachdenken müssen, wie man die persönliche und berufliche Arbeitswelt organisiert. Dazu gehören klare Vereinbarungen, die man mit dem Arbeitgeber bezüglich Erreichbarkeit oder Heimarbeit trifft, ebenso wie die eigenen persönlichen Regeln, die man für sich und mit seiner Familie vereinbart. Neue Kommunikationstechnologien, Home Office, Social Media und andere Aspekte, die ich hier nicht beleuchte, haben unsere Arbeitswelt bereits dramatisch geändert und werden sie noch weiter ändern. Ich habe nicht den Eindruck, daß diese Fragen bereits tiefgehend und in der Breite diskutiert wurden. Wir haben noch nicht das Bewußtsein, die Regeln und den Rahmen geschaffen. Ich hoffe, daß wir auch solche Aspekte auf dem
Lotus JamCamp – im Online Jam und vor Ort am 23. und 24. April in Ehningen – diskutieren werden.
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