Geiz ist geil: Bereit für E-Mail, Social Media und Internetsuche zu zahlen?

Bewusst oder meist unbewusst: Wir produzieren immer mehr Daten über uns, unsere Freunde und unsere Vorlieben online, in Google Mail, auf Facebook, Twitter & Co, in WhatsApp und anderen Messengern oder auf Amazon und in anderen Online Shops. Unmerklich entstehen an vielerlei Stellen Datenprofile mit unseren Präferenzen. Google weiß, was wir suchen, Amazon, was wir kaufen. Diese Daten sind nicht mehr privat. Wir geben sie im Tausch gegen kostenlose Services. Bewusst oder unbewusst.

Diesem Thema widmet sich ein bemerkenswerter Beitrag von Nathalie Nahai und
Tomas Chamorro-Premuzic und sie stellen die Frage, was wir bereit wären zu zahlen, um alle bisher von uns generierten und gespeicherten Daten zurück zu kaufen. Was wäre es uns wert, wenn diese Daten 100 Prozent privat und sicher wären? Und ich füge hinzu: Würden wir für diese kostenlosen Services wie für E-Mail, Social Media und Internetsuche zahlen? Keine kostenlosen Onlineservices mehr … Was wären uns unsere Daten wirklich wert?

Ich stelle die Frage bewusst im Konjunktiv, denn ich vermute, der Zug ist bereits abgefahren. Wir werden kostenlose E-Mail wohl nicht mehr gegen ein kostenpflichtiges System austauschen. Alternativen zu Facebook, die auf Datenschutz setzen wollten wie Ello, sind gescheitert beziehungsweise führen ein Schattendasein. Unsere „Freunde“ (nach Facebook-Definition) sind nun einmal auf Facebook. Und auch wenn es durchaus Alternativen zur Google-Suche gibt. Wer nutzt sie wirklich? Wir „googlen“ halt. Nicht umsonst hat es dieser Begriff als Verb in unseren Wortschatz geschafft.

[Und um es klar zu sagen: Ich bin auch exakt des oben beschriebenen Verhaltens auf E-Mail, Social Media und in der Suche schuldig.]

Also akzeptieren wir die Werbung auf Facebook und Google und hoffen, dass nichts Schlimmeres mit unseren Daten gemacht wird. Auf Personalisierung wollen wir aus Komfortgründen natürlich auch nicht verzichten, von personalisierten Kaufempfehlungen bis hin zur automatischen Übermittlung meines Standorts an Mytaxi. Bequemlichkeit siegt. Wer will schon wirklich die Nutzungsbedingungen einer neuen App oder der genannten Anbieter lesen. Und wer versteht wirklich, was dort über die Nutzung unserer Daten steht?

Dass im Netz, besonders in sozialen Netzen ein Profil über uns entsteht, dass beispielsweise auch durch unsere, potentiellen Arbeitgeber recherchierbar ist, nehmen wir als Kollateralschaden mit in Kauf. Wir haben ja nichts zu verbergen. Und wir denken eigentlich auch nicht über den digitalen Fingerabdruck nach, wenn wir ehrlich sind.

Hellhörig werden wir nur dann, wenn es zu größeren Datenpannen kommt, Kreditkartendaten abgegriffen oder privat Fotos gehackt und missbraucht werden. 500 Millionen Adressen, Telefonnummern, Geburtsdaten wurden schon 2014 bei Yahoo gehackt. [Auf Yahoo hatte ich übrigens mein erstes E-Mail-Konto … Kann auch CompuServe gewesen sein.] Equifax ist ja weit weg und dort haben Deutsche ja keine Adressen. Also machen wir einfach weiter, denn kostenlos ist gut oder Geiz ist geil oder wir denken nicht drüber nach oder sind zu bequem … oder … oder … Der Tauschhandel ich gebe Dir meine Daten und Du mir Deine Services funktioniert. Fair oder unfair.

Die Mehrzahl von uns wird Gedankenlosigkeit und Bequemlichkeit – nochmals ich bekenne mich explizit auch schuldig – nicht ablegen. Aber wir brauchen mehr Klarheit und Transparenz, welcher Anbieter wie unsere Daten verwendet. Und das darf nicht in verklausulierten, juristendeutschen Nutzungsbedingungen stehen. Der Gesetzgeber – lieber in der EU wie nur in Deutschland – ist gefordert, ein Register – ich habe es an anderer Stelle Datenverwertungsregister genannt – gesetzlich einzufordern, in denen die Unternehmen, die unsere Daten speichern, nutzen und monetarisieren, in allgemein verständlicher Sprache offenlegen müssen, was mit ihnen geschieht.

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