Gutachten der Datenethikkommission: Gutes Papier, aber doch nur für die Schublade?

Das Ergebnis des von der Bundesregierung beauftragten Gutachtens der Datenethikkommission ist da und es kommt zu den erwarteten Reaktionen. Es werden wichtige, meist schon bekannte Standpunkte im Bereich Datenethik unterstrichen:

  • Fast banal, aber wichtig: Bestehendes Datenschutzrecht soll endlich besser durchgesetzt werden. Das zielt sicher auch, aber nicht nur in Richtung der GAFAM-Konzerne.
  • Gegen Filterblasen und Echokammernn? Plattformen sollten verpflichtet werden, ihren Nutzerinnen und Nutzern auch eine ausgewogene und möglichst tendenzfreie Zusammenstellung von Informationen zu bieten und nicht nur aufgrund des Klickverhaltens und von Algorithmen ähnliche Beiträge anzuzeigen. Wenn das nicht der Fall ist, sollte die  personalisierten Feed der einzelnen Kanäle abgeschaltet werden können.
  • Sehr gut: Die Kommission reißt die in diesem Zusammenhang unsinnige Unterscheidung zwischen von „Künstlicher Intelligenz“ einerseits und „algorithmenbasierten Prognose- und Entscheidungsprozessen“ andererseits ein. Regeln müssten für „auf alle Arten algorithmischer Systeme“ gelten.
  • Es wird eine zentrale Stelle empfohlen, die sich um die Aufsicht über die Wirtschaft kümmert. Machtverteilung hin, Föderalismus her, die Kompetenzverteilung auf 16 Landes- und eine Bundesbehörde ist wohl für dieses Thematik nicht angebracht.
  • Das ins Spiel gebrachte Konzept des Dateneigentums wird im Gutachten abgelehnt. Persönliche Daten sollen nicht zur Handelsware werden. Ein Eigentumsrecht an Daten würde „insbesondere Einkommensschwache und Minderjährige zur Preisgabe möglichst vieler Daten verführen“.
  • So sollen einerseits personenbezogener Daten besser geschützt werden, auf der anderen Seite sollen Daten in beispielsweise im Gesundheitsbereich und in der Forschung durchaus genutzt werden dürfen, aber auf Basis einer klareren Rechtslage.
    Persönliche Anmerkung: Ich bleibe weiter bei meiner Meinung und Forderung, dass ich als Patient selbstverantwortlich entscheiden darf, meine medizinischen Daten oder Teile davon behandelnden Ärzten zur Verfügung zu stellen. Am Wochenende musste ich mal wieder feststellen, wie ganz konkret eine schnelle und zielgerichtete Behandlung verzögert wird, weil die Ärzten nicht die Daten der vorhergehenden Behandlung durch einen anderen Arzt einsehen dürfen. Das darf und kann nicht sein, ist im schlimmsten gefährdend für die Gesundheit des Patienten.
  • Die DEK (Datenethikkommission) fordert für diverse Themenkomplexe sinnvollerweise auf europäischer Ebene zusammen zu arbeiten und fordert auch, angesichts der Abhängigkeit von ausländischen Produkten auf deutscher und europäischer Ebene zu investieren und zu entwickeln, um „die digitale Souveränität Deutschlands und Europas zu gewährleisten.“ Peter Altmaier, der gerade die europäische Cloud fordert und dies auch auf dem kommenden Digitalgipfel vortragen dürfte, wird es freuen.

Natürlich ist die Reaktion gespalten. Die einen befürchten eine neue Regulierungswelle und fordern die Befreiung der Daten, damit die deutsche Wirtschaft innovativ und wettbewerbsfähig bleibe. Bitkom-Präsident Achim Berg warnt von einem Rückbau Deutschlands „zu einem analogen Inselstaat“. Andere sehen den Datenschutz à la DSGVO dagegen als Wettbewerbsvorteil. „Wissenschaft und Zivilgesellschaft sollten das Gutachten künftig als Maßstab nehmen, an dem sie die Digitalpolitik der Bundesregierung messen“,  meinen Chris Köver und Ingo Dachwitz und begrüßen die Arbeit der Kommission.  Die meisten Empfehlungen stünden im Widerspruch zur ausschließlich marktorientierten Daten- und Algorithmenpolitik der Unionsparteien, der SPD fehle die Kraft, die empfohlenen Maßnahmen durchzusetzen, meinen Köver und Dachwitz. Also bleibt leider die nicht gerade unberechtigte Befürchtung, „dass dieses Gutachten nicht nur für die Schublade“ sein könnte und dort verschwinden wird.

(Stefan Pfeiffer)

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