Rund um Digitalisierung und Doro Bär: Von der Blockade einzelner Bürger über bürokratische Strukturen und langwierige Beschwerdeverfahren bis zum Aussitzen von Ressorts und Ministerien

Digitalstaatsministerin Dorothee Bär ist mal wieder in der Presse. Am 31. Oktober war sie in der FAZ und bemängelt, dass gerade in Deutschland das Misstrauen gegenüber technischen Neuerungen zu groß sei und Innovation verhindere. Anlässlich des Papiers der Datenethikommission mahnt sie an:

Ich hoffe nicht, dass nun – wie in den letzten Jahren der Datenschutz – Ethik als Totschlagargument vorgeschoben wird, um Innovationen zu erschweren oder gar zu verhindern. Ethik sollte aus meiner Sicht unser Kompass für unser gedeihliches Miteinander sein. Verbunden mit Innovation, die uns Menschen nutzt.

über Dorothee Bär: Zu satt für die Digitalisierung

Doch es geht nicht nur um Ethik. Das Misstrauen sitzt offensichtlich tiefer. Nur in Deutschland werde beispielsweise dermaßen wegen möglicher Strahlung gegen 5G argumentiert, würde man „Waschkörbe voll Zuschriften“ erhalten. Für Deutsche scheint das Hauptaugenmerk bei vielen technischen Neuerungen deren Gefährlichkeit zu sein, so Bär.

Meine 2 Cents: Ich bin gerade im Datenschutz für die rigorose Anwendung der entsprechenden Gesetze. Doch in puncto Technikskepsis oder auch „nur nicht vor meiner Haustür“ ist schon etwas dran. Mir scheint, dass manches mal Technik ob bei 5G oder Stromtrasse solange bejaht wird, solange man nicht selbst betroffen ist. Beispielhaft dieser Bericht aus Darmstadt-Eberstadt, den die FAZ unter der Überschrift „Bürger kämpfen gegen Antennenmast“ behandelt. Ein paar Hundert Meter weiter jenseits der der Villenkolonie ist dann ok, solange „der Mast den Charme und Charakter des Gebiets“ nicht unwiederbringlich zerstöre.

Nach Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer stecken 1.000 Standorte in Verfahren fest. Nun sollen durch ein gerade beschlossenes Massnahmenpaket die Funklöcher – 5.000 gibt es wohl noch in Deutschland – beseitigt werden. Die Balance zwischen Schutz der Bürger und Umwelt und notwendiger schneller Umsetzung von Vorhaben scheint oft nicht mehr im Lot.

Der Kölner Stadt-Anzeiger berichtet über einen Antrag der FDP-Fraktion, die Dorothee Bär (CSU)  in die Social-Media-Abteilung des Verkehrsministeriums versetzen will. Ihre Stelle sei überflüssig, da Kanzleramtsminister Helge Braun eh alle Digitalisierungsthemen koordiniere. Und die FDP konnte sich weitere Spitzen nicht verkneifen: Bär solle „künftig – zu dann angemessener Vergütung – weiterhin ihren bisherigen Aufgaben als erste Social-Media- und Instagram-Beauftragte der Bundesregierung nachgehen“.

Meine 2 Cents: Reine Effekthascherei, um in die Presse zu kommen, oder Humor ist wenn man …

Ernster zu nehmen ist da der Bericht des Handelsblatts, den Gunnar Sohn aufgreift und bei Doro Bär nachfragt:

Offensichtlich haben Doro Bär und die gesamte Bundesregierung – also wohl auch der oben erwähnte Helge Braun – keinen Überblick, was man für das angeblich so wichtige Thema Digitalisierung ausgibt. Zumindest konnte man fiel  der „Bericht der Staatsministerin für Digitalisierung im Bundeskanzleramt, Dorothee Bär, zum Bundeshaushalt aus digitalpolitischer Sicht“ wohl sehr kurz aus. Einige Ressorts hätten noch keine Rückmeldung gegeben, hieß es. Der entsprechende Bericht wurde laut Handelsblatt schon vor Wochen angefordert.

Da sind sich dann auch Bärs Parteikollege Hansjörg Durz (CSU) und Grünen-Digitalpolitiker Dieter Janecek einig und fordern ein Dashboard  für den Digitalhaushalt und stringente Koordination und Priorisierung. Der Bericht des Handelsblatts passt zu meinen digitalen Splittern vom 17.Oktober 2019, in denen ich Doro Bär zum Status der Modernisierung der Bundes-IT zitiere:

Welches Haus will sich konsolidieren lassen? Keins natürlich. Alle glauben, sie können es selber am besten. Können sie natürlich nicht.

über Bundes-IT: Krisenprojekt wird ein Fall für Olaf Scholz – SPIEGEL ONLINE

Digitalthemen gehen sicher über die Modernisierung der Bundes-IT hinaus, aber generell gilt wohl, dass beim Querschnittsthema Digitalisierung Ministerien nach dem Ressortprinzip agieren, keine Befugnisse abgeben und wohl auf die zentralen Stellen – ob nun Doro Bär oder Helge Braun – zu pfeifen scheinen. Ob das Finanzministerium von Olaf Scholz das beim Thema Modernisierung in den Griff bekommt, wird abzuwarten sein.

Meine 2 Cents: Man mag zu Dorothee Bär stehen wie man will. Sie ist sicher nicht der ursächliche Grund, warum es an vielerlei Stellen hakt. Da kommt viel zusammen, von der Blockade einzelner Bürger und Gruppen über bürokratische Strukturen und langwierige Beschwerdeverfahren bis zur Machtpolitik und wiederum Blockade einzelner Ressorts und Ministerien. Auffallend ist sicher, dass eher Helge Braun, Andreas Scheuer oder eben nun das Finanzministerium von Olaf Scholz vor die Kameras treten, wenn es um die Umsetzung der großen Digitalisierungsthemen von Funklöchern über Milchkannen bis zur Modernisierung der Bundes-IT geht. Trotz aller Präsenz in den Medien ist Doro Bär dann wenig sichtbar.

(Stefan Pfeiffer)

Comments

Eine Antwort zu „Rund um Digitalisierung und Doro Bär: Von der Blockade einzelner Bürger über bürokratische Strukturen und langwierige Beschwerdeverfahren bis zum Aussitzen von Ressorts und Ministerien”.

  1. […] Tage habe ich über die Auseinandersetzung über die geplante Installation eines Funkmasts in der Darmstadt-Eberstädter Villenkolonie und den entspr… und es kommentiert. In Deutschland gilt bei Funkmasten, Windrändern und anderen Vorhaben nur zu […]

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