Jochen Werner im Handelsblatt Podcast zur Digitalisierung im Gesundheitswesen

Und mal wieder eine Hörempfehlung: Im Handelsblatt Disput-Podcast zu Gast ist Jochen Werner, der ärztliche Direktor und Vorstandsvorsitzende des Universitätsklinikums Essen. Natürlich geht es im Gespräch um die Pandemie und die Herausforderungen für das (deutsche) Gesundheitswesen. Natürlich muss es um (fehlende oder mangelhafte) Digitalisierung in deutschen Kliniken und Praxen gehen.

Oft deprimieren mich solche Gespräche, denn sie bestätigen das, was ich in den vergangenen Jahren erleben musste. Ganz persönlich haben meine Familie und ich erfahren, wie wenig digital wir im Gesundheitswesen sind. Und dabei geht es nicht um Digitalisierung der Digitalisierung wegen. Es geht darum, sich um Patienten zu kümmern, diese fachlich, medizinisch und menschlich (!!!!) so gut wie nur irgend möglich zu betreuen, auch Gesundheitsdaten effizient zu nutzen. Davon sind wir – so nicht nur meine persönliche Erfahrung – in Deutschland meilenweit entfernt.

Die Gründe dafür sind vielfältig und die Problematik liegt nicht nur im Bereich Digitalisierung: Viele Ärzte sind wohl hoffnungslos überlastet oder auch abgestumpft*. Arztbriefe – natürlich in der Regel auf Papier – werden nicht gelesen oder Symptome und Warnungen der Patienten ignoriert. Ich spreche hier von persönlichen Erfahrungen, die mein Leben an die Grenze gebracht haben, bis zu einer menschenverachtenden Behandlung meines Vaters im Krankenhaus im Herbst/Winter 2021. Überlastung, Abstumpfung und wirtschaftlicher Druck summieren sich, so dass Patientinnen und Patienten nicht gut behandelt werden. Oben drauf kommt eine IT-Infrastruktur, die aus dem Mittelalter oder von vor 40 Jahren zu kommen scheint.

Mir ist wichtig, dass es nicht nur um Digitalisierung im Gesundheitswesen geht. Die ist zweifelsfrei dringend notwendig. Es geht vor allem aber um Respekt vor erkrankten Menschen und … ärztlicher Ethik, sich möglichst verantwortungsbewusst um seine Patientinnen und Patienten zu kümmern.

Dann höre ich Jochen Werner, der im Podcast von intelligenter Parksteuerung und entsprechendem Routing der Patienten im Krankenhaus spricht, so dass Patienten keine Wartezeiten haben, sondern schnell behandelt werden. Stattdessen seheich , wenn ich im Krankenhaus oder beim Doc bin, Arztbriefe auf Papier und höre das Fiepen der Faxgeräte. Parallel dazu lese ich immer wieder Berichte, die über Probleme mit dem eRezept oder der elektronischen Patientenakte oder Telematik schreiben und gar eine Digitalisierungspause fordern.

Jochen Werner und Sebastian Matthes sprechen viele wichtige, zukunftsweisende Themen an: elektronische Patientenakte, Datenaustausch zwischen niedergelassenen Ärzten und Kliniken, Nutzung und Auswertung von Daten mit Hilfe künstlicher Intelligenz zur Mustererkennung und daraus resultierend besseren Therapie, intelligente „Kunden-“ und Patientenbetreuung und -steuerung durch digitalisierte Systeme, Stärkung der Prävention à la Trimm-Dich, das schon erwähnte Routing von Patienten in den Krankenhäusern, um Wartezeiten in den Krankenhäusern zu vermeiden – und freundliche Ärzte und Pflegekräfte, die sich emphatisch um die „Kundinnen“ und „Kunden“ kümmern.

Natürlich durfte im Gespräch das Thema Datenschutz nicht fehlen. Hier ist es mir etwas zu einfach, dass Jochen Werner „den Datenschutz“ als einen Verhinderer der Digitalisierung im Gesundheitswesen ausmacht. In seinem Beispiel war es wohl eher „der Föderalismus“ in Kombination mit „dem Datenschutz“, der Projekte behinderte oder gar stoppte. Aber natürlich keine Frage: Wir müssen zu einer sicheren Nutzung der Daten kommen, sonst wird das nichts mit der Digitalisierung im Gesundheitswesen und manch möglicher besseren Behandlung der Patientinnen und Patienten.

Und im „Hintergrund“ sehen wir Hacker, die beispielsweise die Universitätsklinik Düsseldorf angreifen – mit schrecklichen Folgen. Mit der Digitalisierung einher geht natürlich eine immer komplexer werdende IT-Landschaft mit einer Vielzahl von (hoffentlich) immer mehr digitalisierten Daten und immer mehr miteinander vernetzten Geräten und Devices. Das Internet of Things ist auch Teil der Klinik der Zukunft, mit allen hoffnungsvollen Möglichkeiten und allen Bedrohungen. Die Digitalisierung im Krankenhaus (und in der Praxis) hat viele Dimensionen: Digitalisierung zum Wohle der Patientinnen und Patienten, Automatisierung der Prozesse in den Krankenhäusern (running on SAP :smile:) mit dem Ziel einer Kostenoptimierung und sicherer Betrieb und Schutz der kritischen IT-Infrastruktur.

Natürlich gibt es ihn auch auf der Handelsblatt-Webseite oder bei Apple.

* Es ist teilweise nur frustrierend. Gerade warte ich wieder tagelang auf eine Antwort meiner behandelnden Ärzte. Mein Erfahrung: Wer nicht ständig penetrant immer wieder nachhakt und nachfragt, fällt einfach hinten runter. Die, die sich nicht ausdrücken können oder keine Hilfe haben, haben wenig Chancen, einen vernünftigen „Service“ von den Ärzten und im Krankenhaus zu bekommen. Das Verhalten hat oft nicht mehr viel mit dem hippokratischen Eid zu tun. Und natürlich wird der schlechte Dienst am Patienten mit Überlastung, Überarbeitung und wirtschaftlichem Druck entschuldigt. Aber sorry, das kann es nicht sein. Mit der Gesundheit der Menschen, vielleicht gar mit ihrem Leben darf nicht herumgespielt werden.

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