KI-Assistenten zementieren die Dominanz von Microsoft am Arbeitsplatz

Der Hype rund um ChatGPT ist allgegenwärtig und Microsoft steckt mitten drin und kündigt an, künstliche Intelligenz in seine Office-Produkte zu integrieren. In natürlicher Sprache soll man Anweisungen geben können. Erstelle mir eine Zusammenfassung des gestrigen Teams-Meetings, an dem ich nicht teilnehmen konnte. Et voila. Entwerfe mir auf Basis dieses Word-Dokuments eine 5 Folien umfassende Powerpoint-Präsentation und illustriere diese.

Die Einsatzmöglichkeiten erscheinen vielfältig – und diese Funktionen könnten Microsoft weiteres Geld in die Kassen spülen und die Dominanz am Digital Workplace weiter zementieren. Google Workspace und Bard hin, Libre Office, Box und Slack her, Microsoft rules. Ob daran das Bundeskartellamt etwas ändern kann, das gerade ein Verfahren gegen Microsoft eingeleitet hat, ist fraglich. Es soll geprüft werden, ob dem Unternehmen eine überragende marktübergreifende Bedeutung für den Wettbewerb zukommt. Irgendwie muss ich süffisant grinsen. Was ist denn da noch zu prüfen? Ausgelöst wurde das Verfahren wohl – so zumindest der Pressetext – nach einer Beschwerde, die das deutsche Open Source-Unternehmen Nextcloud im Namen einer Koalition von Dutzenden europäischer Cloud-Anbieter im November 2021 eingereicht hat. 

Und ewig grüßt das Murmeltier: Open Source (k)eine Alternative?

Die Diskussion rund um eine ungesunde Dominanz von Microsoft ist nicht neu. Hier im Blog gibt es zahlreiche Beiträge dazu. Genauso alt ist auch eine Hoffnung, dass es Alternativen geben und die eine wichtigere Rolle spielen sollten. In diesem Zusammenhang bin ich in den vergangenen Wochen durch einige Berichte auf schon genannte Nextcloud aufmerksam geworden. So hat die EU-Datenschutzbehörde einen Rahmenvertrag für die Nutzung von Nextcloud und LibreOffice Online in EU-Institutionen ausgehandelt. Lösungen wie diese könnten „die Abhängigkeit von Monopolanbietern und die nachteiligen Lock-in-Effekte minimieren“, meint der EU-Datenschutzbeauftragte Wojciech Wiewiórowski. Könnten …

Dann haben Telekom und Nextcloud angekündigt, dass die Deutsche Telekom ihren MagentaCLOUD Online-Speicher um die Online-Office-Lösung von Nextcloud erweitert. „Des Weiteren haben beide Unternehmen bekannt gegeben, dass das Cloud-Backend im Laufe des letzten Jahres auf Nextcloud umgestellt wurde. Damit sollen ‚Millionen von MagentaCloud-Nutzer‘ seit Ende 2021 auf die komplett in Deutschland – in Biere bei Magdeburg – betriebene Open-Telekom-Cloud-Infrastruktur umgestiegen sein“, berichtet heise. Und vollmundig titelt wiederum heise zur Ankündigung von Hub 4: „Kollaborationstool: Nextcloud mausert sich zum umfassenden MS-Teams-Konkurrenten„. Natürlich darf auch bei Nextcloud das Thema Künstliche Intelligenz nicht fehlen. Ein sogenannter Smart Picker erlaube anwendungsübergreifend Zugriff auf Dienste wie Übersetzungen mit DeepL, Bilderzeugung mit Dall-E oder Texterstellung mit ChatGPT.

Hört sich alles interessant an und ich würde mich über Feedback und Praxiserfahrungen mit Nextcloud-Produkten freuen. Die Kommentare, die ich auf Mastodon bekommen habe, waren nicht sehr ermutigend. Irgendwie verbastelt, zusammengestückelt und wenig dokumentiert, voller Inkonsistenzen, Bugs und halblebig gewarteter AddOns und eine unnötig obskure, schlecht dokumentierte PHP-API, waren Attribute, die dort genannt wurden.

Das hört sich leider nicht gut an und ich bilde mir ein, dies schon so oft über Werkzeuge im Open Source-Umfeld gehört zu haben. Schwierige Administration und mangelhafte Benutzerfreundlichkeit sind Vorwürfe, die man immer wieder vernehmen kann. Den Open Source-Lösungen haftet halt der Geruch der Bastelei scheinbar unauslöschlich an. Ob die Verwaltung der anderen, propietären Lösungen so viel einfacher ist, fällt dabei meist unter den Tisch.

Die Werkzeuge der Controlettis: Excel und Powerpoint

Ich erinnere mich noch gut daran, dass wir bei einem meiner Arbeitgeber zeitweise versucht haben, Open Office oder Libre Office (und einen misslungenen Ableger) einzusetzen. Das ist damals krachend gescheitert. Das lag nicht an fehlenden Funktionen von Libre Office. Jedoch bleiben die Gewohnheitstiere gerne bei bekannten Menüs und Befehlen. Zudem gibt es klassischerweise die Middle Manager und Controlettis, die auf ihren Excel-Tabellen und Makros und ihren sauber formatierten Powerpoint-Reports bestehen. So erledigte sich auch damals das Thema schnell und in vielen Unternehmen und Verwaltungen ist es wohl ähnlich gelaufen.

In den letzten Jahren habe ich eine Vielzahl von Tools zur Kommunikation und Kollaboration benutzt. In grauen Vorzeiten war mein Arbeitsplatz aufgrund meines Jobs dokumentenorientiert mit PC Docs und FileNet in Kombination mit Microsoft Office. Danach habe ich mit den Lotus-Tools wie Notes, Sametime und Connections – ich bin immer noch ein Fan – gearbeitet. Dann mit browserbasierter E-Mail auf Basis Notes, Slack als Messenger, Box als Dokumentenverwaltung, Trello zum Projektmanagement, Zoom oder Webex für Vidoekonferenzen und einem selbst gestrickten Tool für Web Content Management.

Seit knapp einem Jahr nutze ich nun die Microsoft-Produkte: Teams, Outlook, SharePoint, Planner und natürlich Office, musste also den Weg von Best-of-Breed zur integrierten Suite mitgehen. Mit SharePoint habe ich unser deutsches Intranet aufgebaut und wundere mich dabei, was alles noch immer nicht in dem Tool verfügbar ist, aber das Intranet tut es … irgendwie. Schließlich kommt es ja auf die Inhalte an ;-). Einzig mit den Werkzeugen von Google habe ich nur selten gearbeitet, aber die scheinen auch vor allem in den kreativen Branchen im Einsatz zu sein.

Und nun administriere ich ein Intranet mit SharePoint …

Bürokommunikation, Dokumentenmanagement, Groupware, Kollaborations- und Kommunikationswerkzeuge, wie immer wir es genannt haben, all das beschäftigt, begleitet und interessiert mich schon seit langen Jahren in der Arbeit, in Projekten und als Autor. Egal, welches Werkzeug eingesetzt wurde, bleibt jedoch eine Erfahrung. Wir haben es noch immer nicht geschafft, Nutzerinnen und Nutzer wirklich mitzunehmen und an sinnvolle Funktionen zu gewöhnen. Noch immer schicken die meisten Dateien als E-Mail-Anhang. Die Versionierung von Dokumenten erfolgt in der Regel weiter mit kryptischen Dateinamen wie ProtokollXYZ_v3.doc. Die Liste solcher Angewohnheiten lässt sich problemlos verlängern.

Neue Werkzeuge wie Teams oder Slack haben daran nichts geändert, vielleicht sogar hier und da zur Verschlimmerung der Situation beigetragen. Wo ist denn nun die Information, die ich gerade suche, in meiner E-Mail oder in einem Teams-Channel. Eine sauber funktionierende Suche über all meine Informationen im Unternehmen habe ich noch immer nicht und ich muss an Google Desktop denken, damals …

KI-Chatbots: Aufhalten werden wir sie nicht, aber wir brauchen Leitplanken

Und damit zurück zum Einstieg dieses Beitrags. Funktionen, die jetzt über Künstliche Intelligenz am Arbeitsplatz verfügbar werden, werden in einigen Bereichen zu einer sinnvollen Arbeitserleichterung führen und ich werde solche Funktionen nutzen, wo ich es kann und darf. Viele Fragen und Rahmenbedingungen für den Einsatz von KI und die Nutzung der Daten müssen aber geklärt werden. Wir müssen hier Leitplanken schaffen und vor allem auch sensibilisieren und ausbilden. Stoppen werden wir KI nicht, aber es bleibt Hoffnung, dass wir selbst ein Stück gestalten können. Sicher scheint mir aber auch, dass wir Auswüchse erleben werden.

Derzeit scheint es so, dass Microsoft beim Einsatz von KI am Arbeitsplatz und in Unternehmen aufgrund der vorhandenen Pole Position, aber auch aufgrund der klugen Kooperation mit OpenAI eine wichtige, eher eine noch dominantere Position einnehmen wird. Die Mechanismen, wie Microsoft seine Machtstellung zementiert, sind bereits seit Jahren bekannt. Die Microsoft-Programme werden so miteinander verschränkt und integriert, dass immer der nächste Klick in Richtung eines Microsoft-Tools führt. Das ist ja auch das, was Nextcloud-Geschäftsführer Frank Karlitschek bemängelt. Hatten und haben wir alles schon gehabt.

Die Marktdominanz von Microsoft ist schon seit Jahren ungesund. Seit Jahren ist es weder durch die Open Source-Bewegung noch durch Wettbewerber oder eine konsolidierte Initiative von Regierungen oder EU gelungen, am Lack von Microsoft zu kratzen. Es ist nur bei hehren Forderungen und Wünschen geblieben. Ob es diesmal anders kommt? Ich habe da meine Zweifel. In den Microsoft-Räumlichkeiten in Berlin (und wahrscheinlich Brüssel und anderswo) lässt sich halt so schön feiern und tagen: „Das Hauptstadtbüro an der Prachtstraße Unter den Linden verfügt neben einem Restaurant in Coworking-Space-Anmutung namens „Digital Eatery“ auch über großzügige Veranstaltungsflächen.“

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