#AufDieOhren: Die KI-Revolution in den Medien: Stolpern wir blindlings oder überschätzen wir alles?

Auf die Ohren heißt es mal wieder – also eine neue Podcast-Empfehlung meinerseits: Wieder einmal habe ich den Handelsblatt Disrupt Podcast vom 25.8.2023 bei meiner täglichen Runde gehört. Sebastian Matthes hatte drei interessante Expertinnen und Experten im Gespräch, jede und jeder gut für eine separate Aufnahme. Mein Favorit ist – es konnte aufgrund meiner persönlichen Historie nicht anders sein – das Gespräch mit dem Kommunikationswissenschaftler Felix Simon zur Auswirkung künstlicher Intelligenz auf Redaktionen und Medienunternehmen. Simon hat über 150 Journalistinnen und Journalisten weltweit befragt und teilt im Gespräch seine Forschungsergebnisse mit uns.

Ich habe den Podcast von einer KI transkribieren und dann ChatGPT 3.5 das Gespräch mit dem Prompt „Erstelle aus dem Interview einen gut lesbaren Blogbeitrag mit den provokantesten Thesen“ zusammenfassen lassen. Hier Auszüge des Gesprächs, das „faszinierende Einblicke in eine Zukunft, in der Roboter die Schlagzeilen dominieren könnten“ gibt.

Der Taktgeber: KI in den Redaktionen Die Beweise sind erdrückend. Medienhäuser, insbesondere in den USA, haben bereits seit 2014 auf automatisierten Journalismus gesetzt. Namen wie Reuters, Bloomberg und die New York Times nutzten die Vorzüge von KI-basierten Systemen, um beispielsweise Börsenberichte zu erstellen. Die Frage ist also nicht, ob KI Einzug hält, sondern wie stark sie unsere Nachrichtenlandschaft verändern wird.

Die Ära des automatisierten Erzählens Der Grundstein des automatisierten Journalismus ist gelegt – auf Templates und strukturierten Daten. Hier kommen KI-Systeme ins Spiel, die Texte generieren, als wären sie von Menschenhand verfasst. Ob es sich um Finanzmeldungen oder Wetterberichte handelt, die Maschinen übernehmen die Rolle des Erzählers. Eine Welle von Geschichten ergießt sich täglich aus den Prozessoren.

Zwei gut geschriebene Absätze. Ich stolpere lediglich über den Begriff „erzählen“. Erzählen hat für mich noch eine menschliche Komponente, ich sehe quasi die Erzählerin, den Erzähler vor mir. Standardisierbare Texte wie Quartalsberichte zu generieren ist für mich eben die Rolle eines Textgenerators, eines wahrscheinlich guten Textgenerators, aber auch nicht mehr und nicht weniger. Übrigens wäre ich als Journalist froh gewesen, wenn mir solche Routinetexte abgenommen worden wären.

Stil ohne Seele und die menschliche Note

Das führt dann zu einem weiteren Absatz, in dem ChatGPT einen Teil des Gespräches eben provokant – wie von mir gefordert – zusammenfasst:

Stil ohne Seele: Wo KI (noch) scheitert KI-Systeme können beeindruckend menschenähnliche Stile imitieren. Doch wenn es um kreative oder unkonventionelle Texte geht, stoßen sie an ihre Grenzen. Die Qualität der KI-Texte hängt oft von der Art des Inhalts ab – ein Faktor, den die Maschinen noch nicht meistern.

Gibt es die Seele eines Textes? Daran denke ich schon eher in der Literatur, aber nein: Sehr wahrscheinlich hat jeder Schreiberling jenseits des journalistischen Handwerks seinen eigenen Stil. Seele geht mir dann doch etwas „over the top“. Aber noch einmal zur Erinnerung: Ich habe ChatGPT befohlen, provokant zu sein. Da gefällt mir die menschliche Note, wie sie in einem weiteren Absatz formuliert wird, deutlich besser.

Die menschliche Note im Nachrichtenrausch Inmitten dieser KI-Revolution bleibt eine Tatsache bestehen: Der menschliche Geist kann neue Informationen finden, komplexen Kontext verstehen und investigative Recherchen durchführen. Diese Fähigkeiten bleiben unverzichtbar, um Journalismus auf einem tiefgründigen Niveau zu betreiben.

Recherchieren, Fakten checken, Zusammenhänge herstellen, einordnen

Investigativ und tief recherchieren – auch mit Hilfe von KI -, Zusammenhänge herstellen, kommentieren, Fakten checken und den hoffentlich nicht nur letzten sprachlichen Schliff geben – das sind auch meiner Ansicht nach Fähigkeiten, die die gute Journalistin, der gute Journalist hoffentlich unverzichtbar machen. Wie hat Google Bard in seiner Zusammenfassung des Gesprächs geschrieben?

Kuratoren und Experten: In Zukunft werden Journalisten verstärkt als Kuratoren und Experten für KI-generierte Inhalte tätig sein. Sie werden die Inhalte bewerten und für die Nutzer aufbereiten.

Ich liebe den Begriff Kuratorin und Kurator von Inhalten, wie er wohl informierten Leserinnen und Lesern bekannt ist. Aus eigener leidiger Erfahrung möchte ich nochmals besonders auf das Thema Faktencheck hinweisen, denn nach eigener Erfahrung produzieren ChatGPT, Bard und Konsorten auch immer wieder Unsinn. Daher empfehle ich, mehrmals querzuprüfen, wer sich dauerhaft auf GenAI-Systeme verlässt.

GenAI als Helferin und ein Outing

Schon sind wir bei einem weiteren wichtigen Aspekt im Gespräch zwischen Matthes und Simon: der Rolle der KI als Helfer(lein).

Wandelnde Redaktionen: Technologie als Helfer Der Einzug der Technologie in die Redaktionen ist unaufhaltsam. Von Transkriptionen bis zur Unterstützung bei der Recherche – die Technologie kann den Journalistinnen und Journalisten den Rücken stärken. Zugleich könnten neue Formate, wie Podcasts, aus dem digitalen Wandel geboren werden.

Für meine privaten Texte, Podcasts und Videos nutze ich derzeit verfügbaren KI-Werkzeuge intensiv. Ich lasse mir

  • wie hier Texte zusammenfassen,
  • Audiodaten transkribieren, in Text umwandeln,
  • für Podcasts einen Gesprächsleitfaden vorschlagen,
  • ebenso Überschriften und Zwischenüberschriften,
  • die Titelbilder meiner Blogbeiträge gemäß meiner Prompts erstellen
  • und vieles mehr, was mir gerade nicht einfällt.

In der Suche nutze ich gerade bewußt Bing und Chat von Bing, suche also in geschriebener natürlicher Sprache. Auf dem Smartphone spreche ich bereits des Öfteren meine Suchanfragen ein. Und sehr oft kommt bei Bing noch Unsinn heraus. Ich experimentiere mit anderen Tools wie You.com als Suchmaschine, schaue mir bewusst neue Werkzeuge an, über die ich stolpere oder die mir empfohlen werden – und lege auch viele wieder zur Seite.

KI-erstellte Inhalte: Wahrheit oder Täuschung?

Und nun das Outing: Viele, unterdessen fast alle der Inhalte hier entstehen unterdessen KI-unterstützt. Ist dies nun Täuschung oder wie im Gespräch diskutiert:

Wahrheit oder Täuschung? Die Akzeptanz von KI-Texten Die entscheidende Frage lautet: Werden Leserinnen und Leser genauso auf KI-Texte reagieren wie auf von Menschen geschriebene Inhalte? Die Qualität spielt eine große Rolle, aber auch die Offenlegung der KI-Herkunft. Die Ironie liegt darin, dass die Kennzeichnung als KI-Generierung die Überzeugungskraft beeinflussen könnte.

Ich denke, momentan sollte man noch kennzeichnen, wenn wesentliche Teile eines Beitrags mit Hilfe von KI erstellt werden. Ich tue dies ja beispielsweise für die Titelbilder und werde wohl einen entsprechenden Absatz dazu auf der Seite Über mich einfügen, der darüber aufklärt, dass ich KI nutze. Ich bin der Überzeugung, dass sich dieses „Outing“ in naher Zukunft erledigen wird, denn KI-gestützte Tools werden Alltag, so wie es die Recherche im Internet mit Google geworden ist. Im Moment erscheint es mir noch angebracht.

KI-gestützte Werkzeug werden bald Normalität sein

Und hier möchte eine andere Gesprächspartnerin von Sebastian Matthias, die ehemalige Journalistin, Medienmanagerin und jetzt Gründerin Katharina Borchert zitieren, die im Podcast (laut Transkript) sagt:

Da wird im Moment noch ganz vieles heißer gekocht, als es dann gegessen wird, weil ChatGPT keinen Journalisten ersetzen wird. Was ich total spannend finde, ist, dass es ganz viele – das ist halt nur nicht so sexy -, dass es ganz viel Technologie gibt, die ganz viel der lästigen Arbeit abnimmt und automatisiert in der Produktion, im Videoschnitt, aber auch in ganz viel Optimierung, im Marketing, in der Redaktionsorganisation.
Und ich glaube, dass das wahnsinnig viel Energie freisetzen wird, den man, wo man dann entweder natürlich Einsparungen machen kann oder man kann auch schlau sein und das in besseren Journalismus investieren.

Bei einigen Medienunternehmen wird dies leider nur zu Einsparungen führen. Springer hat das ja angekündigt. Andere Publikationen werden hoffentlich kreativer und konstruktiver damit umgehen, um ihre Marke weiterzuentwickeln und auf dem Markt mit Qualität zu bestehen und zu überzeugen.

Ich werde die Tools auf jeden Fall weiterverfolgen, ausprobieren und, wenn sie nichts taugen, auch wieder zur Seite legen. Menschliche Neugier, Experimentierfreudigkeit und Forschergeist mit notwendigem kritischen Blick sind meiner Ansicht nach einfach dringend notwendig, gerade auch in Deutschland und besonders in persönlicher Hinsicht.

Die Titelgrafik wurde erneut mit Dall-E erstellt: Das Bild sollte ein großes Ohr zeigen, dass zuhört, eine humanoide KI, die Texte erstellt und einen Journalisten, der glücklich über die Assistenzsysteme ist.

Comments

4 Antworten zu „#AufDieOhren: Die KI-Revolution in den Medien: Stolpern wir blindlings oder überschätzen wir alles?”.

  1. Ich finde es völlig in Ornung, KI-Systeme so zu nutzen, wie du es vorführst. Eine Kennzeichnung ist m.E. überflüssig, wenn ein Autor/eine Autorin die KI-Texte überarbeitet hat und die Inhalte verantwortet!

    Zum Anwendungsfall „Audiodaten transkribieren, in Text umwandeln“

    Ich habe mir mal das Youtube-Transscript eines langen Interviews (amerikanisch) übersetzen und zusammen fassen lassen. Dabei angegeben, bis zu welcher Minute ChatGPT das tun soll. Der ganze Text war zu lang gewesen, also wollte ich dritteln.
    Zu meinem Erstaunen bekam ich einen Text, der bis zur angegebenen Zeit in etwa stimmte. Aber ChatGPT schrieb noch einige Absätze weiter! Was darin „halluziniert“ wurde, hat die Aussagen / Hauptmeinung des Hauptredners inhaltlich glatt ins Gegenteil gedreht! Thema des Gesprächs war KI, der Hauptredner war sehr positiv eingestellt und wollte keine weiteren Regulierungen. In der erfundenen Foprtsetzung fanden sich auf einmal Warnungen und dringende Wünsche nach Regulierung.

    Selbst nutze ich ChatGPT beim Verfassen von Ratgebern, bzw. versuche es immer wieder. Mittlerweile verzichte ich wieder darauf, wenn es schnell gehen muss. Wenn es nämlich um ganz konkrete Fakten geht, kann man sich auf die Angaben definitiv nicht verlassen. Falsche Angaben sind immer dabei, insbesondere, wenn Listen angefragt werden. Das merke ich schnell, weil ich im Themengebiet quasi Expertin bin, es bedeutet aber auch, dass ich jeden unbekannten Fakt extra nachrecherchieren muss! Das muss ich nicht, wenn ich selbst den Text erstellt habe, gestützt auf eigene Recherchen bei verlässlichen Quellen.

    Stilistische Überarbeitung ist in jedem Fall angesagt, so jedenfalls meine Erfahrung. Immer gleicher Satzbau, Tendenz zum langatmigen, oft redundantem Bla Bla….

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    1. Du bist das mit den Ratgebern? Diejenige, die den Ratgeber-Ratgeber wie schreibe ich einen Ratgeber geschrieben hat? Im Känguru-Manifest von Marc-Dieter Kling? 😉

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  2. Kaum habe ich den Artikel veröffentlicht, stoße ich in der ZEIT (€) auf den Beitrag von Eva Wolfangel mit dem Titel „Wird künftig die KI Nachrichten schreiben?“

    Das Fazit ähnelt sich: „Ohne die kritische Prüfung durch Menschen, ohne deren Wissen, Ausbildung und ohne deren Expertise im Umgang mit neuen KI-Tools könne keine gute Qualität erreicht werden.“
    https://www.zeit.de/digital/2023-08/ki-journalismus-google-nachrichten

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  3. @Stefan: nein, bin ich nicht, ich schreibe nur recht informative Ratgeber, z.B. rund um den Garten (gärtnere auch selbst).

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