Homeoffice oder Büro: Zeit für Sachlichkeit! #9vor9

9vor9 breit

Und ewig grüßt das Murmeltier: Die Debatte um das Homeoffice oder die Rückkehr ins Büro ist emotional und sie geht immer weiter. Dachten wir – der Lars und ich – noch vor geraumer Zeit, das Thema sei durch, so wurden wir durch diverse Meldungen, Berichte und Kommentare in den Medien eines Besseren belehrt. Grund genug einmal wieder Professor Peter M. Wald von der FH Leipzig zu einzuladen, um mit ihm das Thema zu besprechen.

Innovation nur im Büro möglich?

Nur im Büro wenn man zusammen ist gelingt wirklich Innovation oder wie es Elon Musk an seine Belegschaft schrieb: „Es gibt natürlich Firmen, die eine Anwesenheitspflicht nicht brauchen. Aber wann haben die zuletzt ein tolles neues Produkt gebracht?“ Und neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchen anwesende Kolleginnen und Kollegen, um vernünftig eingearbeitet zu werden, den Stallgeruch des Unternehmens anzunehmen und zu Leistungsträgern sozialisiert zu werden.

Schließlich gibt es auch einige, die gar nicht von daheim arbeiten wollen, vielleicht weil sie Bedingungen dort nicht vorfinden, vielleicht weil sie gerne ins Büro fahren, um sich in der Kaffeeküche und Kantine (nicht nur fachlich) austauschen zu können. Zudem muss das Management auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Produktion, im Außendienst oder den Werkshallen denken, die gar kein Homeoffice machen können. Im Unternehmen soll keine Zwei-Klassen-Gesellschaft und kein Sozialneid entstehen.

Und – psttt – natürlich kann ich als Chef meinem Team besser auf die Finger gucken, wenn sie zwei Schreibtische weiter sitzen. Ich habe eh den Eindruck, dass die daheim nix schaffen. Gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten zeige ich Führungsstärke, zeige ich wo der Hammer hängt. Und wenn es dem ein oder anderen nicht passt, können sie ja gehen. Dies sind – vielleicht etwas zugespitzt und manchmal nur hinter Hand genannt – einige der Gründe und Motive, die von den Befürwortern der Rückkehr ins Büro genannt werden, wenn sie für die Anwesenheitspflicht in der Firma plädieren.

Worklife Balance und CO2-Abdruck

Die Befürworter von Arbeiten im Homeoffice führen den Kontrollzwang mancher Manager und den Druck, der auf die Mitarbeitenden ausgeübt werden soll, genau umgekehrt interpretiert an. Sie plädieren für flexible, gerade auch familienfreundliche Arbeitszeit- und Arbeitsplatzlösungen, die der modernen Wissensgesellschaft und dem Familienleben entsprechen. Unternehmen könnten Büroflächen sparen, der CO2-Abdrucke werde reduziert, weil nicht mehr so viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ins Büro fahren müssten. Man spare Zeit und Kosten.

Für viele Tätigkeiten, bei denen man sich konzentrieren müsse, sei das Homeoffice einfach besser geeignet, weil man nicht so oft gestört werde. Auch mache es keinen Sinn ins Büro zu fahren, wenn man dort eh – oft im Großraumbüro – vor dem Bildschirm in Videokonferenzen hänge. Auch seien unterdessen alle technischen Möglichkeiten und Werkzeuge vorhanden, um gut daheim arbeiten zu können: Videokonferenzen, Echtzeitchat, Kollaborationslösungen und auch Kreativitätstools, mit denen man eben durchaus gemeinsam, innovativ sein könne. Warum soll man also gezwungen werden, ins Büro zu kommen?

Von A wie Amazon bis Z wie Zoom

Die Argumente sind nicht neu und werden immer wieder ausgetauscht und mit Hingabe publizieren die Medien, welches Unternehmen nun wieder seine Mitarbeitenden zurück ins Büro beordert:

Die Liste könnten wir beliebig verlängern. Jedes Unternehmen ist ja auch einen Artikel wert, den man schreiben und in dem man die oben aufgeführten Argumente mal wieder je nach Couleur meiner Publikation aufkochen kann. Auch so wird ein Blatt gefüllt, gibt es News auf der Home Page. Die Überschrift „Deutschland kehr zurück ins Büro“ oder „Ein Hoch auf das Büro“ klingt natürlich martialisch gut.

Konsens in unserem Gespräch: Oft ist es Schattenboxen, sind es Scheingefechte, die geführt werden, mal um sich zu profilieren, mal um eine neue Schlagzeile zu produzieren. Und manche Leser scheinen auch. nur die Überschrift zu lesen … Viele der US-amerikanischen Konzerne üben in den USA in der Tat Druck bis zur Kündigung aus, die sie in Kauf nehmen. Doch in Deutschland ist die Situation anders, vielleicht auch weil wir Betriebsräte haben: Meist sprechen wir hierzulande nicht vom einem entweder nur Büro oder nur Homeoffice. Stattdessen wird über Mischmodelle gesprochen, beispielsweise drei Tage Büro und zwei Tage Homeoffice.

Hybride Modelle als neue Normalität?

Schon sind wir bei hybriden Modellen, die bei sachlichen Diskussionen meist als die zu diskutierende und zu bevorzugende Lösung heraus kommt. Meiner Ansicht nach sollte eine Präsenz im Büro oder ein Arbeiten daheim einerseits von der Arbeit abhängen, die man erledigen will. Andererseits ist es auch wichtig, wen man im Büro zu welchen Gründen trifft. Ich selbst merke es bei mir. Wenn ich jemanden im Büro treffen will, fahre ich sehr gerne dort hin. Wenn ich doch nur in virtuellen Videokonferenzen hänge, nervt es mich nur, im Büro zu sein.

Doch wird die Diskussion um Homeoffice und zurück ins Büro jetzt endlich beendet? Sicher nicht und das nicht nur wegen potentiell ansteigender Corona-Infektionszahlen im Herbst und Winter 2023. Zum Abschluss soll an die Ifo-Erhebung erinnert werden, die erhoben haben, dass „nur knapp die Hälfte aller Stellen überhaupt mit Homeoffice vereinbar“ seien. Jedoch: „Homeoffice ist mittlerweile ein integraler Teil der Arbeitskultur in Deutschland und wird es künftig auch bleiben. Hybride Modelle setzen sich durch,“ so Ifo-Fachmann Jean-Victor Alipour laut FAZ. Also bitte weniger scheinheilige Debatten und stattdessen die Fakten offen legen. Dann ergibt sich der richtige Mix von Büro und Homeoffice oft von selbst.

Eine kleine Presseschau zum Thema

117 – Über das Home Office oder die Rückkehr ins Büro #9vor9 – Die Digitalthemen der Woche

Wir sprechen über das Home Office. Mal wieder. Denn wenn man in den letzten Wochen die Medien zu dem Thema verfolgt, dann könnte man vermuten, dass ganz Deutschland und vor allem die deutschen Unternehmen wieder zurück ins Büro wollen. Doch ist das wirklich so? Und was sind die Beweggründe der Unternehmen? Darüber sprechen wir diese Woche mal wieder mit Peter M Wald, Professor für Personalmanagement an der Fakultät Wirtschaftswissenschaft und Wirtschaftsingenieurwesen der HTWK Leipzig.

Mit Dall E erstelltes Titelbild. Dazu wurden 3 Prompts genutzt: Die Homeoffice’ler pennen eh nur, die Manager wollen kontrollieren und die Straßen in Frankfurt sind gespenstisch leer …

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