Mit Dall-E erstelltes Bild zum Thema Halbwahrheiten und Propaganda im Fernsehen.

Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk: Wie mit AfD-Vertretern umgehen?

9vor9 breit

Wir wollen uns in den kommenden Wochen bei die Situation des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks anschauen, einem facettenreichen Thema. Angefangen haben wir mit der Thematik, wie öffentlich-rechtliche Medien mit AfD-Vertretern, generell Rechtsradikalen und Vertretern demokratiefeindlicher Gruppierungen umgehen sollten, die nicht auf dem Boden des Grundgesetzes und unserer demokratischen Ordnung stehen. Wie viel und welchen Platz sollte man ihnen gerade in den Öffentlich-Rechtlichen einräumen? In unserem Gespräch beleuchten wir verschiedene Aspekte, die die Herausforderungen hoffentlich verdeutlichen.

Eine Plattform zum Verbreiten von Halbwahrheiten, Lügen und Propaganda bieten?

Am Montag, den 5. Februar 2024, war einmal mehr ein Vertreter der AfD in der ARD bei Hart aber fair eingeladen. Dort gab es eine Diskussionsrunde mit verschiedenen Vertretern und eben einem AfD’ler. Die FAZ berichtet ausführlich in diesem Beitrag. Immer wieder kam es in der Sendung zu Wortgefechten, man fiel sich gegenseitig ins Wort. Der AfD-Vertreter konnte wieder die Lügen und Parolen wiederholen, die wir unterdessen schon oft gehört haben: Der Verfassungsschutz ist ein Regierungsschutz und wenn der Verfassungsschutz die AfD-Landesverbände als rechtsradikal einstuft, kann man dem eh nicht glauben. Die aktuelle Recherche von Correctiv über das Treffen in Potsdam sei in weiten Teilen eine Lüge … und so weiter.

Die arme AfD stellt sich immer als Opfer dar

Ist es bei Hart aber fair nun gelungen, den Vertreter der AfD inhaltlich zu stellen? Es sind Zweifel angebracht und natürlich gibt es nach der Sendung die üblichen Opferdarstellungen und Kommentare, man habe doch nur ein Tribunal über die AfD abhalten wollen. An anderer Stelle ist es inhaltlich gelungen, einen AfD’ler bloß zu stellen. Sandra Maischberger hat es geschafft und Tino Chrupalla nach allen Regeln der Kunst durch Faktenkenntnis und gute Gesprächsführung auseinander genommen. Das Gespräch kann beispielsweise hier im Tagesspiegel nachgelesen werden.

… und radikale Dreckschleudern deuten Inhalte auf den sozialen Medien einfach um

Man muss aber auch die Frage stellen, wie viele Wähler und Wählerinnen oder gar Parteimitglieder der AfD das Gespräch von Maischberger gesehen haben und ob es sie nachdenklich macht oder gar umgestimmt hat. Natürlich wurden selbst hier Inhalte und Tatsachen von den üblichen rechtsradikalen Lautsprechern und Dreckschleudern umgehend auf YouTube verdreht und inhaltlich falsch dargestellt. Unverständlicherweise taucht dann dieser Schmutz auch noch ganz oben in den Suchergebnissen auf. Was konnte man also wirklich bewirken?

Vergessen wir auch nicht, dass andere TV Moderatoren in ihren Gesprächen mit AfD’lern krachend gescheitert sind und es nicht geschafft, diese inhaltlich auseinander zu nehmen. Die Gespräche werden auf jeden Fall immer in den sozialen Medien von den AfD-Propagandisten umgedeutet. Sie schrumpfen gerade auf Social Media die Diskussionen auf Schlagzeilen zusammen. Darüber müssen wir uns im Klaren sein.

Transparent berichten oder stärker reglementieren?

Die Situation ist schwierig. Es gibt diejenigen, die der Meinung sind, dass in einer Demokratie alle Meinungen gehört werden können sollten, also auch die der AfD. Es sei wichtig, dass die Öffentlichkeit die Positionen der AfD kenne, um sie einordnen und bewerten zu können. Und es wird eben das Argument angeführt, dass man einer Diskussion die Positionen der AfD hinterfragen und kritisieren, sie inhaltlich stellen könne.

Demgegenüber stehen diejenigen, die anführen, dass die AfD die Medien oft nutzt, um Lügen, Halbwahrheiten, Parolen und ihre extremistische Ideologie zu verbreiten. Die Einladung von AfD-Vertretern könne dazu beitragen, dass ihre Positionen salonfähig gemacht werden und die berühmten „Grenzen des Sagbaren“ verschoben werden. So besteht durchaus die Gefahr, dass die Berichterstattung über die AfD zur Radikalisierung von Menschen beitragen kann, die mit ihren Positionen sympathisieren.

Nur noch zu bestimmten Formaten einladen? Wenn überhaupt

Insbesondere Lars war in unserem Gespräch der Meinung, dass man auf Podiumsdiskussionen mit AfD-Vertretern à la Hart aber fair verzichten solle, da dies meist in ein Geschreie und Gezetere ausarte. Dagegen böten Gespräche 1:1 oder kleiner Runde die bessere Möglichkeit inhaltlich zum Punkt zu kommen. Dafür ist aber eine exzellente Vorbereitung der Moderatoren und Journalisten notwendig, die in der Lage sein müssen, die AfD-Vertreter zu konfrontieren, ihre Lügen zu entlarven und ihre Positionen einzuordnen.

Die öffentlich-rechtlichen Medien haben aufgrund ihres Auftrags eine große Verantwortung in der politischen Debatte, auch wenn sie – wie Lars aufgrund dieser Untersuchung bemerkt hat – an Glaubwürdigkeit verloren haben. Ihr Auftrag ist es einerseits, für eine ausgewogene Berichterstattung zu sorgen, die auf Fakten basiert und zur Meinungsbildung beiträgt. Andererseits müssen sie die Herausforderungen im Umgang mit der AfD-Propaganda und der Gefahr der Polarisierung der Gesellschaft ernst nehmen und unsere Demokratie wehrhaft verteidigen.

„Einladungen zu Live-Interviews und Talkshows sind tabu“

Insgesamt gibt es wohl keine einfache Lösung für den Umgang mit AfD-Vertretern in öffentlich-rechtlichen Medien (und darüber hinaus). Ich tendiere dazu, der AfD und anderen radikalen Parteien, die unsere Demokratie abschaffen wollen, keine Live-Sendezeit mehr zu geben, so wie es in Luxemburg und Südbelgien getan wurde. Dort bekommen Personen, die rassistischen, demokratiefeindlichen Gruppen nahestehen, keine Plattform: „Einladungen zu Live-Interviews und Talkshows sind tabu.“ Wenn, dann berichtet man nach einem Gespräch einordnend und zusammenfassend über die Inhalte. Natürlich würden sich Vertreter der AfD über eine solche Regelung ungemein aufregen. Das tun sie aber auch schon jetzt. Also wen stört es? Mich nicht.

In unserer nächsten Sendung von am kommenden Dienstag (13. Februar 2024, 8:51 Uhr live auf meinen LinkedIn- und YouTube-Accounts) werden wir, unter anderem über die Kritik der konkurrierenden Verlage an ARD und ZDF, über Äußerungen von Herrn Söder, Bedrohungen durch die Landtagswahlen und Reformvorschläge sprechen. Mal schauen, ob wir mit einer weiteren Sendung auskommen oder mehrere brauchen. Fragen und Anregungen sind herzlich willkommen.

Das Titelbild wurde mit drei Prompts von Dall-E erstellt und soll sich um das Thema Halbwahrheiten, Parolen und Fake News im Fernsehen drehen.

Comments

Eine Antwort zu „Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk: Wie mit AfD-Vertretern umgehen?”.

  1. Im DLF gabs kürzlich ein morgendliches Interview mit dem AFD-Parteivorsitzenden Chrupalla. Zur Interviewerin kann man vielleicht sagen, sie habe sich „redlich bemüht“, ist aber gescheitert. Hör doch da mal rein und achte auf Stimme und Duktus:

    https://www.deutschlandfunk.de/interview-chrupalla-tino-ko-vorsitzender-der-afd-afd-bundestagsfraktion-dlf-c99c4967-100.html

    Man spürt förmlich, dass sich ihr die Fußnägel kräuseln, dass sie sich sehr unsicher fühlt und das Interview gaaaaanz gaaaanz schnell abhaken möchte. Dann lieber garnicht!

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