Kontrolle und Überwachung im digitalen Zeitalter: Wie das Buch „Every“ sensibilisiert #9vor9

In unserem Podcast haben Lars und ich endlich das 2021 erschienene Buch „Every“ von Dave Eggers besprochen. In dem Buch geht es um einen Digitalkonzern, der die totale Kontrolle über das Leben der Bevölkerung hat. Die Hauptfigur Delaney Wells versucht, den Konzern von innen zu bekämpfen und zum Einsturz zu bringen.

Sie entwickelt mit ihrem Freund immer absurdere Apps und Lösungen und hofft darauf, dass die Menschen dagegen rebellieren. Die App Eye Shame verfolgt beispielsweise die Augenbewegungen der Nutzerinnen und Nutzer und stellt sie öffentlich bloß, wenn sie jemanden anstarren oder unangemessen sind. TruVoice ist eine App, die die Nachrichten der Anwendenden scannt und sie warnt oder zensiert, wenn sie etwas Beleidigendes, Abstoßendes, Unaufrichtiges oder Unpassendes schreiben. Mit RateMe werden Menschen immer wieder bewertet und bekommen einen Social Score. PetFree verbannt Haustiere aus dem Leben. Und ein KI-gestützter E-Mail-Agent beantwortet automatisch die Nachrichten und schickt immer pünktlich und immer freundlich Geburtstagsgrüße. Wir haben doch gerade gehört, dass ein gewisses Chat-Tool das auch leisten soll. Brave new world.

Es scheint keine Absurdität zu geben, die nicht in eine App verwandelt werden kann. Doch das eigentlich Erschreckende ist, dass im Buch die Nutzerinnen und Nutzer nicht rebellieren – wie von Delaney erhofft –, sondern eher von diesen Angeboten angezogen werden. Sie nehmen nahezu jede Form von Kontrolle und Überwachung meist widerspruchslos an.

Lars zieht unter Bezugnahme auf TikTok Parallelen in unsere Gegenwart, wo es gerade Jugendliche nicht wirklich schert, welche Mechanismen und Gefahren hinter der App lauern. Trotz der Gefahren und möglichen Missbrauchs ihrer Daten wollen sie einfach Spaß haben und ihre Freunde treffen. Aber betreiben wir kein Fingerpointing auf junge Menschen: Die Alexa-Wanzen sind in so vielen Haushalten, da man ja nichts zu verbergen hat. Wirklich nicht.

„Every“ ist sicher ein amerikanisches Buch und blickt selten über den großen Teich, besser die Teiche hinaus. Der Digitalkonzern beherrscht den amerikanischen Alltag. Natürlich fällt dabei etwas hinten runter, dass Social Scoring und Überwachung heute schon in manchen Staaten traurige Realität sind. Zweifelsohne werden aber im Buch wichtige Fragen über Kontrolle und Überwachung im digitalen Zeitalter gestellt. Obwohl Tiefenrecherche, Handlung und Sprache manchmal etwas dünn und vorhersehbar sind, auch wenn das Buch etwas kürzer hätte ausfallen können und sollen, sind die angesprochenen Themen von großer Bedeutung. Dave Eggers kann dazu beitragen, das Bewusstsein für die Probleme der digitalen Kontrolle und Überwachung zu schärfen.

„Every“ ist also unserer Meinung nach lesens- oder hörenswert, kann sensibilisieren und hoffentlich zu einer kritischen Auseinandersetzung mit den Themen Nutzung von Daten, Überwachung und Kontrolle und Spaß ohne Gehirn einschalten führen.

Willkommen beim Literatur-Podcast 9vor9. Und da wir uns auch um die Zukunft und Digitalisierung drehen, reden wir diesmal über ein Buch, dass vor mittlerweile knapp zwei Jahren in Deutschland veröffentlicht wurde: Every von Dave Eggers. Darin geht es um ein digitales Super-Unternehmen, wovon Elon Musk nur traäumen kann. Wir sprechen über das Buch, ob es uns gefällt und was daran gegenwärtig ist rund um die Macht digitaler Konzerne, den EInfluss, den diese auf das Leben und Streben der Gesellschaft haben und der Freiwilligkeit, mit der Menschen sich in die digitale Abhängigkeit begeben. Viel Spaß beim Hören.

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