„Paywalls sind ätzend. Paywalls sind uninnovativ. Paywalls verderben mir die Laune.“ Das schreibt Kathrin Behrens auf LinkedIn und es könnte eins zu eins aus meinem Mund kommen. Nur zu oft lande ich – typischerweise über meinen RSS Reader oder auch Flipboard – auf Artikeln, die hinter einer Paywall sind. Wäre gar nicht schlimm, aber nein, die Verlage und Publizierenden wollen in aller Regel, dass ich ein Abonnement abschließe. Einen einzelnen Artikel einfach mal so kaufen? Nein, das geht nicht. Und Abonnements summieren sich schnell, monatlich, signifikante Summen, die abgebucht werden. Über Paywalls und deren Folgen haben wir in dieser Folge von #9vor9 gesprochen.
In unserer Folge über Lokaljournalismus hat Lars schon vor einigen Wochen angeregt, dass wir über Payment sprechen sollten. Dann kam noch der Artikel von André Vatter, den ich auf Mastodon verbreitet und zitiert habe.
Die Wahrheit kostet viel Geld. Fake News sind hingegen heute kostenlos an jeder Ecke zu haben. Und die dramatischen, mitunter auch demokratiegefährdenden Folgen sind bereits heute klar und deutlich in der Gesellschaft abzulesen.
Quelle: Wie die Paywalls der Zeitungen der Hetze in die Hände spielen – Avatter | Blog von André Vatter
Und da war ja noch was. Ach ja, der Knüwer mal wieder. Der stößt ins gleiche Horn, denn „Schwurblermedien, von Putin bezahlte Text- und Videoknechte, Fake News und rechtsradikale Medienangebote – die gibt es umsonst“. Oder aber ein reicher Computer-Milliardär finanziert einen Herrn Reichelt, der über die Online-Plattform Nius hetzen darf und hetzen soll.
Clickbait – die Zeitungsjungen von heute blöken ihre Sprüche heraus
Sowohl Knüwer wie auch Vatter ziehen über die Clickbait-Strategien der privaten Medien her. „Es gibt praktisch kein Medium außerhalb des öffentlich-rechtlichen Spektrums mehr, bei dem Instrumente des Boulevardjournalismus nicht Alltag wären“, so Thomas Knüwer. Wie ganz früher die Zeitungsjungen werden jetzt im Netz möglichst plakative Überschriften heraus gebrüllt, die dazu reizen sollen, einen Beitrag anzuklicken und dann zu kaufen. Dieses BILD-ende Prinzip funktioniert an anderer Stelle und wird jetzt durchaus von „seriösen Medien“ kopiert und imitiert.
Plakative Schlagzeilen, polarisierende Bilder und Texte gemixt mit viel Emotionen verkaufen sich besser als sachlich recherchierte, ausgewogene Beiträge. Doch befinden sich auch viele der guten, informativen Artikel oder auch Kommentare hinter besagter Paywall. Knüwer fordert „jede Journalistin und jeder Journalist, jeder Verlagsmitarbeiter und jede Verlagsmitarbeiterin“ dazu auf „mit Händen und Füßen dafür kämpfen sollte, Paywalls zur letzten Alternative der Finanzierung zu machen“.
Paywalls – Der Fluch der Finanzierung
Beginnen wir mit der einfachsten Frage: Sind Paywalls gut oder schlecht? Die Antwort ist nicht so leicht, denn es geht um Kohle. Wie können sich Verlage und Publikationen sonst finanzieren? Darauf gibt es – so nehmen es Lars und ich wahr – noch keine wirkliche Antwort. Modelle wie freiwillige Spenden, Finanzierungen durch Stiftungen oder Non-Profit-Organisationen, diverse Abo-Modelle und Micropayments werden immer wieder diskutiert.
Micropayment – bisher gescheitert
Leider war Micropayment, trotz seines vielversprechenden Ansatzes, bisher noch nicht erfolgreich. Die Idee von Blendle, einem niederländischen Anbieter war es, ein Micropayment-Modell umzusetzen, bei dem Benutzer nur für einzelne Artikel, die sie lesen wollten, anstatt für ganze Abonnements bezahlen sollten. Als Benutzer konnte man dann durch die Vielzahl von Zeitungen und Zeitschriften auf Blendle blättern und einzelne Artikel nach Belieben kaufen. Gescheitert.
Woran? Viele Nutzer waren nicht bereit, für einzelne Artikel zu bezahlen, vor allem, wenn es freie Alternativen gab. Die Kosten pro Artikel wurden oft als zu hoch empfunden, besonders im Vergleich zu kostenlosen oder werbefinanzierten Artikeln. Die großen Verlage standen nicht wirklich dahinter, sondern haben lieber ihr Süppchen gekocht. Insgesamt ist Blendle gescheitert, trotz eines meiner Meinung nach attraktiven Produkt, das sein Publikum mühelos und mit deutlichem Mehrwert zum Kauf von Einzelartikeln anstatt von Abonnements anregte. Man konzentriert sich nun auf die Niederlande.
Blendle hatte viele Qualitätsmedien an Bord. Dagegen ist Readly für mich mehr oder weniger ein Witz. Readly ist eine digitale Plattform, die eine Art „All-you-can-read“-Zeitschriften- und Zeitungsabonnement anbietet. Für eine monatliche Gebühr erhalten Nutzer unbegrenzten Zugriff auf eine umfangreiche Bibliothek von Zeitschriften und Zeitungen. Aber welche Art von Zeitschriften und Zeitungen? Die besagten Qualitätsmedien sind nicht dabei.
Ein Lob den Öffentlich-Rechtlichen
Die Frage der Finanzierung von Qualitätsjournalismus ist und bleibt offen, zumindest aus unserer Warte. Es gibt wohl nur eine Ausnahme: Und das sind die viel gescholtenen Öffentlich-Rechtlichen, die über den Rundfunkbeitrag finanziert werden. Sie leisten immer noch einen unverzichtbaren Beitrag, zumindest bei den Älteren. Das weiß auch die AfD und hetzt deshalb gegen ARD, ZDF und Deutschlandfunk. Die Herrschaften der CDU und ein Herr Söder sollte sich mal genau überlegen, wie weit sie mit ihrer Kritik und ihren Streichplänen bei den Öffentlich-Rechtlichen gehen wollen. Sie sägen an einem Ast, auf dem auch sie sitzen. Nur mit den CDU/CSU-freundlichen Springer-Medien werden sie nicht gegen die Rechtsextremen bestehen.
Und was ist mit der jüngeren Generation?
Doch müssen wir uns bei allen Diskussionen rundum Paywalls vor Augen halten, dass sich bei der jüngeren Generation Informationsgewohnheiten herausgebildet haben, die sich stark von konventionellen Medienkonsum-Mustern unterscheiden. Viele junge Leute lesen keine Zeitungen mehr, sondern beziehen ihre Nachrichten aus anderen Quellen, einschließlich sozialer Medien-Plattformen wie TikTok. Auch darüber haben wir schon gesprochen.
Wir müssen unbedingt viel stärker den Blick auf neue Informationskanäle und -gewohnheiten der jungen Generation richten , um zu verstehen, wo und wie sie ihre Informationen beziehen. Genau auf TikTok und ähnlichen Plattformen und Kanälen besteht die Gefahr von Fehlinformationen und Propaganda, besonders aus extremistischen und manipulativen Quellen. Um dem entgegenzuwirken, ist es wichtig ist, auch dort vernünftige und zuverlässige Informationen bereitzustellen, die die jungen Leute ansprechen. Doch das ist eine ganz besondere Herausforderung. Jenseits der Öffentlich-Rechtlichen stellt sich wiederum die Frage, wie private Plattformen wie eine FAZ, die ebenfalls auf TikTok aktiv ist, ihre Präsenz finanzieren will. Und dann sind wir erneut beim Thema Abonnements.
Abschließende Gedanken
Die Paywall-Debatte und das Abonnement-Modell sind heikle Themen, bei dem es um weit mehr geht als um ein bloßes Geschäftsmodell. Angesichts von Putin, einem Trump und rechtsextremen Schreihälsen berührt das grundlegende Fragen der Informationsfreiheit und der demokratischen Teilhabe. Es bleibt die unbeantwortete Frage, wie sich privatwirtschaftlich betriebene Medien finanzieren wollen, ob und welche Finanzierungsmodelle es jenseits der Paywall geben kann. Wir brauchen weiter Qualitätsjournalismus, traditionell und auf neuen Plattformen, der auch in Zukunft eine wichtige Rolle in der Gesellschaft erfüllen kann, ja muss.
Das Titelbild wurde mit ideogram.ai nach dem Prompt Eine karikaturhafte Szene in Comic-Stil zeigt eine verzweifelte, frustrierte Person, die vor einer Paywall steht. Die Person, könnte es sein ein Student, Rentnerin oder Journalist, hat ein verzweifeltes Ausdruck auf dem Gesicht und haltt eine verzweifelte Geste mit den Händen. Der Hintergrund zeigt verschiedene Bezahlmöglichkeiten wie Micropayment-Optionen und Abonnements. Die Farben Rot, Gelb und Schwarz dominieren das Bild und unterstreichen die Emotionen der Person, wie Verzweiflung, Frustration und Enttäuschung. Das Bild soll humorvoll oder ironisch sein, um die Absurdität der Situation zu verdeutlichen und leicht verständlich sein erstellt.
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