Auch 2019 wird das Thema Datenschutz ein sehr wichtiges Diskussionsfeld sein. Dorothee Bär, die Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung, hat Ende des Jahres nochmals in der WELT auf die Pauke gehauen und eine Lockerung der Datenschutzgesetze im Gesundheitswesen gefordert, um die elektronische Patientenakte bis bis spätestens Ende 2021 – Ende der Legislaturperiode – realisieren zu können:
Wir haben in Deutschland mit die strengsten Datenschutzgesetze weltweit und die höchsten Anforderungen an den Schutz der Privatsphäre. …
Das blockiert viele Entwicklungen im Gesundheitswesen, deshalb müssen wir da auch an der einen oder anderen Stelle abrüsten, einige Regeln streichen und andere lockern.
über Dorothee Bär will Datenschutz für Patienten lockern – WELT
Und sie legt nochmals öffentlichkeitswirksam nach: Die Prozesse der Selbstverwaltung seien oft Prozesse der Selbstbeschäftigung:
Zum Glück zwingt uns die Digitalisierung, alle Systeme infrage zu stellen und auch mal zu überlegen, ob tatsächlich alles noch zeitgemäß ist, was sich im Laufe der Jahre eingeschliffen hat.
über Dorothee Bär will Datenschutz für Patienten lockern – WELT
Ich bin einmal gespannt, ob und wie es in den kommenden Monaten mit dem Thema elektronische Patientenakte voran geht. Wie hier schon öfters geschrieben und selber erfahren musste, glaube ich, dass der Datenaustausch im Gesundheitswesen ganz sicher gerade auch im Interesse der Patienten reformbedürftig ist. Das muss aber nicht – so denke ich – automatisch, weniger Schutz für die Daten des Einzelnen heissen.
Was von Doro Bär und dem zuständigen Minister Jens Spahn oft mit viel Getöse am deutschen Datenschutz kritisiert wird, ist im Grunde eine Chance, Digitalisierung und Datenschutz mit Sorgfalt konstruktiv zu harmonisieren. Nur – und da stimme ich mit Bär und Spahn überein – sollte endlich Gas gegeben werden.
Besonders gespannt bin ich, wie sich der neue Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Ulrich Kelber positionieren wird. Der ct hat der studierte Informatiker kürzlich ein Interview gegeben, in dem er erste Kante gezeigt hat. Er kritisiert im Gespräch Vorratsdatenspeicherung als falsch und bezeichnet die angedachten Uploadfilter als „Schnapsidee“. Seine Aussagen darüber, die Stellungnahmen von Lobbyisten, auf der Website des Justizministeriums zu veröffentlichen, macht Mut und Hoffnung auf mehr Transparenz gerade im Bereich Lobbyismus.
Kelber hat maßgeblich am Netzdurchsetzungsgesetz mitgearbeitet, doch hat er meiner Ansicht die richtige Perspektive darauf:
Also ich bin nach wie vor der Auffassung, dass das NetzDG richtig war. Aber es ist nicht das Ende der Weisheit, es war der Anfang des Prozesses.
Quelle: Gefährliche Schnapsidee | c’t | Heise Select
Wir befinden uns in einem Prozess und angesichts des Wettbewerbs in der Digitalisierung müssen wir Gas geben, aber mit Sachverstand und Hirn. Seiner Behörde kommt dabei eine wichtige Rolle in der Aufklärung der Öffentlichkeit bei:
Wir Datenschützer sind nicht nur Aufsichts- und Durchsetzungsbehörde. Wir sollen Parlament und Regierung beraten, wir sollten die Öffentlichkeit sensibilisieren.
Quelle: Gefährliche Schnapsidee | c’t | Heise Select
Und da schließt sich der Kreis zur elektronischen Patientenakte. Da haben Ulrich Kelber und seine Behörde sicher auch eine Rolle zu spielen …
Nachtrag vom 28.12.2018 – gegen 10.30 Uhr
Heute morgen bin ich – passend zum Thema und den Bemerkungen von Doro Bär – auf die Tweets von Anke Domscheit-Berg, Publizistin, Netzaktivistin und Bundestagsabgeordnete (MP) für DIE LINKE, vom 2018er Kongress des Chaos Computer Clubs in Leipzig (Hashtag #35c3) gestoßen, die wohl den Vortrag von Martin Tschirsich – @mtschirs zitiert und kommentiert. Das wird noch eine sehr spannende und kontroverse Diskussion.
Den Vortrag von Martin Tschirsich – @mtschirs – beim #35c3 sollte sich jeder ansehen, der sich für die elektronische Patientenakte interessiert. Der Sicherheitszustand existierender Apps mit "Gesundheitsakten" ist besorgniserregend, die Sicherheitslücken zahlreich. #eHealth
— Anke DomscheitBerg @[email protected] (@anked) December 27, 2018
In anderen Ländern gibt es elektronische Patientenakten schon länger, die Historie an Leaks, die @mtschirs beim #35c3 aus einigen dieser Länder nennt, ist haarsträubend. In Norwegen wurden zB Gesundheitsdaten von ca 30% der Bevölkerung geklaut. #eHealth pic.twitter.com/85uQUv7dqP
— Anke DomscheitBerg @[email protected] (@anked) December 27, 2018
Gesundheitsdaten sind höchst sensibel, geraten sie in falsche Hände, können soziale Folgen enorm hoch sein, auch für Verwandte u auch noch Jahrzehnte nach einem Leak. Daher müssten Sicherheitsstandards höher sein als bei online banking, sie sind aber grottig. #35c3 #eHealth
— Anke DomscheitBerg @[email protected] (@anked) December 27, 2018
Die häufigen Forderungen von #CDUCSU nach einer Absenkung des Datenschutzes bei #Gesundheitsdaten, um "#Datenspende" u elektronische #Patientenakte schnell umzusetzen, sind vor dem Hintergrund des niedrigen realen Sicherheitsniveaus bei eGesundheitsakten hanebüchen. #35c3
— Anke DomscheitBerg @[email protected] (@anked) December 27, 2018
Eine wirklich sinnvolle Forderung für mehr Sicherheit digital gespeicherter Patientendaten wäre die nach einer #Meldepflicht für #Sicherheitslücken. Aber eine solche Forderung habe ich von @jensspahn noch nie gehört. Von realen Risiken erfahren Patient*innen nichts. #35c3
— Anke DomscheitBerg @[email protected] (@anked) December 27, 2018
(Stefan Pfeiffer)
[…] entsprechenden Gesetzen Rahmenbedingungen schaffen. Er sieht seine neue Rolle als Datenschützer nicht nur Aufsichts- und Durchsetzungsbehörde, sondern auch beratend für Parlament und Regierung u…. Genau diese Diskussion in und Sensibilisierung der Öffentlichkeit werden wir verstärkt brauchen, […]