Online-Debatten

Content-Moderation: Eine Herausforderung nicht nur für die FAZ – #9vor9

Die FAZ hat beschlossen, den Kommentarbereich im Online-Angebot FAZ.NET „stark einzuschränken und vorerst auf ein Minimum zu reduzieren“, da man In den rund 3000 täglichen Kommentaren vermehrt auf Beleidigungen und Diffamierungen stoße. Das will die FAZ, so Stefanie Michels (Leiterin Social Media) und Carsten Knop (einer der Herausgeber), den Autorinnen und Autoren, aber auch den Leserinnen und Lesern nicht zumuten.

In der heutigen digitalen Ära sind Online-Diskussionen ein fester Bestandteil unserer Informationslandschaft geworden. Doch in letzter Zeit dominieren Hasskommentare und Diffamierungen die Diskussionen, insbesondere im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg und den Hamas-Morden in Israel. Dies geschieht nicht nur auf bekannten Plattformen wie X, Facebook oder TikTok, sondern auch auf Online-Angeboten wie der FAZ, der Zeit und vielen anderen Plattformen. Lars und ich beleuchten diese Thematik und insbesondere die Entscheidung der FAZ, ihre Kommentarfunktion einzuschränken.

Die Herausforderung der Content-Moderation

EEine große Herausforderung für alle Plattformen ist die Moderation von Inhalten. Elon Musk hat kürzlich das Content-Moderationsteam auf X drastisch reduziert und auch journalistische Plattformen wie die FAZ stehen vor der Herausforderung, eine Balance zwischen Meinungsfreiheit und dem Schutz vor Hasskommentaren zu finden. Offensichtlich ist die FAZ der Flut der Hasskommentare nicht mehr gewachsen oder die Kosten für die Moderation sind aus dem Ruder gelaufen. Aus diesem Grund hat sich die FAZ dafür entschieden, die Kommentarfunktion einzuschränken und einen Bereich für Leserdebatten zu eröffnen, in dem nur bestimmte Themen kommentiert und diskutiert werden können.

Diskussion über alternative Ansätze

Wir werfen auch einen Blick auf andere Medienplattformen und ihre Herangehensweisen an die Kommentarmoderation. Das Krautreporter-Forum zum Beispiel beschränkt die Kommentarfunktion auf zahlende Mitglieder, was es Trollen und Hasskommentatoren deutlich erschwert. Zudem ist es unserer Meinung nach wichtig, dass Kommentierende sich mit ihrem Namen und ihrer E-Mail-Adresse identifizieren müssen. Klare kommunizierte Richtlinien, sogenannte Netiquetten, sind ebenfalls von großer Bedeutung, um den Kommentierenden eine Orientierung zu geben. Durch gezielte Fragen und Hürden für Kommentierende kann versucht werden, Communities zu schaffen, die möglichst frei von Hass und Falschinformationen sind.

Es sollte auch geprüft werden, inwiefern Generative AI dabei helfen kann, fragwürdige Beiträge zu identifizieren und zu blockieren. Die Möglichkeiten werden derzeit durchaus kontrovers diskutiert. Beispielsweise schreibt Carina Kröpfl , dass KI in der Lage sei, schnell genug zu reagieren, bevor Spam oder Hate Speech Schaden anrichten könnten. Allerdings hätten die KI-Tools Probleme mit Stilmitteln wie Ironie oder Sarkasmus. Zudem sei es manchmal schwierig zu unterscheiden, ob es sich bei einem Kommentar um Hate Speech oder um seriöse handele.

Allerdings wird allein die Technologie keine Lösung bieten. An vielen Stellen sind wir immer noch auf manuelle Moderation und klare Richtlinien angewiesen, um Hass und Falschinformationen zu erkennen und eine gesunde Debattenkultur zu fördern.

Die Rolle der Leserschaft in der Debatte

Ein wichtiger Aspekt ist die Rolle der Leserschaft. Auch Leserinnen und Leser tragen eine Verantwortung, konstruktiv und respektvoll zu kommentieren. Es ist ein Appell an die gesamte Community, sich aktiv an einer positiven Debattenkultur zu beteiligen. Wir wissen, dass ein solcher Appell bei Trollen, Fanatikern und politischen Rattenfängern nicht wirken wird. Dennoch ist die breite Mehrheit gefordert, für eine vernünftige Debattenkultur einzutreten. Dazu gehört auch, Hasskommentare und Falschinformationen bei den Plattformbetreibern zu melden. Gerade die großen Plattformen stehen jetzt durch den Digital Services Act unter starker Beobachtung.

Fazit: Ein komplexes Problem erfordert differenzierte Lösungen

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Zukunft der Online-Debattenkultur ein komplexes Problem ist, das differenzierte Lösungen erfordert. Es bedarf eines Zusammenspiels aus technologischen Lösungen, klaren Richtlinien, manueller Moderation und aktiver Beteiligung der Leserschaft. Jede Plattform und jedes Medium muss individuell entscheiden, welchen Weg es einschlagen möchte, um eine gesunde Debattenkultur zu fördern. Ich persönlich erlaube beispielsweise nur Kommentare in meinem Blog, die von mir überprüft wurden. Das gilt auch für den #9vor9 Youtube-Kanal.

Journalistische Anbieter wie die FAZ, die großen Social Media-Plattformen und jeder, der im Netz publiziert und eine Community betreibt, stehen vor dieser Herausforderung und Aufgabe. In einer Zeit, in der polarisierte Meinungen und Emotionen hochkochen, ist es entscheidend, einen Raum für konstruktive Diskussionen zu schaffen.

Wir müssen über die Zukunft der Online-Debattenkultur nachdenken. Es gibt keine einfache Lösung, sondern es bedarf eines vielschichtigen Ansatzes. Die Lösung darf jedoch keinesfalls darin bestehen, vor den Trollen, Hasskommentatoren und Rattenfängern zu kapitulieren. Eine gesunde Debattenkultur ist unverzichtbar für die Demokratie. Trotz aller Probleme und Herausforderungen müssen wir diesen Raum des Diskurses – gerade auch online – bewahren.

122 – Über Medien und ihre Kommentarspalten #9vor9 – Die Digitalthemen der Woche

Leserkommentare im Wandel: Wie gehen Medien und Online-Plattformen mit Diskussionen um? Welche Rolle spielen Richtlinien und politische Ereignisse? Unsere Diskussion um die neue Vorgehensweise der FAZ und die Suche nach einer konstruktiven Kommentarkultur.

Das Titelbild wurde mit Ideogram.ai aufgrund eines Prompts erstellt, den ChatGPT aufgrund des Textes meines ursprünglichen LinkedIn Beitrags vorgeschlagen hat, indem ich unser Thema angekündigt habe. Man merke sich: Auch für die Erstellung von Prompts zur Bilderstellung können die Tools benutzt werden.

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