Die vergangenen Wochen haben wieder gezeigt, wie rasant sich die Welt der Künstlichen Intelligenz verändert – und wie wenig Zeit bleibt, um innezuhalten und zu fragen: Wollen wir das eigentlich alles so? Ob Googles neue KI-Übersicht, automatisiert erstellte Kurzvideos, Shopping-Agenten, europäische KI-Alternativen oder milliardenschwere Tech-Mächte im Hintergrund – wir stecken mitten in einem Umbau unserer digitalen Infrastruktur. Lars und ich diskutieren in unserer KI-Show bei #9vor9 Produkte, Trends und Themen, die uns ins Auge gesprungen sind.
Google bringt KI-Modus nach Deutschland
Google hat jetzt seinen neuen KI-Modus auch nach Deutschland gebracht, der nicht mehr Links liefert, sondern gleich fertige Antworten. Klingt praktisch? Ist es auch. Klingt gefährlich? Ist es ebenfalls. Das Problem: Verlage und Content-Ersteller schreien auf, weil Nutzer nicht mehr auf ihre Seiten klicken. Warum sollte man auch? Wenn die KI mir sagt, was ich wissen will, spare ich mir den Umweg. Traffic bricht ein. Werbung wird nicht mehr geschaltet und stirbt. Ein bisher klassisches Geschäftsmodell des Internets ist im Sterben.
Ich bin da pragmatisch, denn KI-basierte Suche mit komplett ausformulierten Antworten wird sowieso die Zukunft der Suche sein. Ich nutze diese Funktionalität privat schon seit mehr als einem Jahr, zwar nicht in Google, aber in Perplexity. Meine Suchanfragen tippe ich ausformuliert ein oder spreche sie direkt in mein Handy ein, etwas, was Lars noch überhaupt nicht macht. Ich habe schon vor Jahren gesagt und geschrieben, dass meiner Ansicht nach die Spracheingabe die natürliche Form der Suche ist. Und warum sollte man sein Smartphone und Computer nicht generell per Sprache steuern?
Wichtig, ja unverzichtbar ist aber, dass man die von der KI-Antwortmaschine gelieferten Ergebnisse kritisch hinterfragt und prüft. Und natürlich müssen neue Finanzierungsmodelle für Content-Lieferanten diskutiert und umgesetzt werden. Wenn die KI Informationen von Verlagen, Medienhäusern oder anderen Quellen in ihren Antworten nutzt, müsste sie die Urheber dafür bezahlen (außer die Content-Produzenten stellen ihre Inhalte bewusst kostenlos zur Verfügung).
Die KI empfiehlt, was du kaufst.
Doch nicht nur bei den Antworten, die die KI liefert, muss man misstrauisch sein. Rund 80 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher verlassen sich inzwischen bei fast der Hälfte ihrer Einkäufe auf Empfehlungen von KI-Systemen. Und auch ich nutze KI beim Einkauf. Neulich im dm-Markt stand ich vor dem Regal mit elektrischen Zahnbürsten, habe nicht konventionell gesucht oder einen Verkäufer gefragt – sondern per Spracheingabe Perplexity. „Welche Oral-B bietet das beste Preis-Leistungs-Verhältnis?“ Die Antwort kam, ich habe sie kontrolliert und die entsprechende Zahnbürste genommen.
Bequem? Absolut. Aber genau darin liegt auch der Punkt: Wenn wir unsere Kaufentscheidungen an Algorithmen abgeben, ist das praktisch – aber es verschiebt auch still und leise, wer eigentlich entscheidet. Kritisch wird es dann, wenn die KI selbstständig Transaktionen durchführt. Will ich wirklich die gesamte Kontrolle abgeben und die KI sagen, bitte bestell mir die passende elektrische Zahnbürste? Zugriffsrechte auf mein Konto hast Du ja und auch sonst kennst Du all meine Daten.
Was angesichts des Kaufs einer Zahnbürste noch trivial klingt, wirkt bedrohlicher, wenn die KI – beziehungsweise die KI-Agenten – vollkommen losgelöst von mir die komplette Urlaubsreise inklusive Hin- und Rückflug, ja sogar mein Sightseeing-Programm für mich oder uns buchen. Doch auch darüber wird nicht nur theoretisch diskutiert. OpenAI kündigt einen App Store für KI-Agenten an, die beispielsweise Booking.com oder andere Services und Dienstleistungen nutzen. Dies könnte ein Angriff auf die bisherigen Platzhirsche, auf Apple und Google und deren App Stores werden.
Wie viel Alltag delegieren wir an digitale KI-Butler?
Die eigentliche Frage ist jedoch: Wie viel Alltag wollen wir an digitale Butler und KI-Agenten delegieren – und wenn ja, an welche? Alle relevanten KI-Anbieter – von Google über Microsoft bis hin zu OpenAI und Perplexity – bieten solche KI-Agenten an oder wollen sie anbieten. Das ist im privaten Umfeld, aber auch im Geschäftsleben der neueste, heiße Sch…
In unserer #9vor9 KI-Show haben wir noch eine Reihe weiterer Themen angesprochen. So geht es auch die ansteigende Flut an KI-generierten Videos, die gerade die sozialen Medien, insbesondere TikTok, Instagram und YouTube, fluten, den sogenannten AI Stop. Dass diese Flut weiter steigt, dazu dürfte die hochgejazzte Videolösung Sora 2 von Open AI maßgeblich beitragen. Sie soll beeindruckende Ergebnisse liefern. Derzeit kann man sie in Deutschland nur über Zweitanbieter nutzen.
Die Flut an Kurzvideos nimmt zu (und ich bin dabei)
Zur Videoflut trage auch ich aktuell bei. Derzeit erstelle ich zu unseren Sendungen und zu meinen Blogbeiträgen regelmäßig 60-Sekunden-Videos, in denen ich versuche, die Themen auch für ein jüngeres Publikum anzuteasern. Genau das haben ja Lars und ich von Politikerinnen und Politikern, von Verlagen, Journalistinnen und Journalisten und Content Creators gefordert, um diese Kanäle nicht den Rechtsradikalen zu überlassen.
Dabei hilft mir die Software CapCut. Das Ergebnis ist qualitativ gemischt, aber es macht auch Spaß. Mehr zu diesem Videoexperiment in aller Kürze in einem separaten Bericht. Kurz angeteasert: Die Ergebnisse sind meiner Meinung nach beeindruckend, aber manchmal entstehen auch Illustrationen, die nicht passen. Wer sich die Videos mal anschauen möchte, kann dies auf YouTube, TikTok und Instagram tun. Hinterlasst mir gerne eure Meinung.
Larry
Kurz haben wir auch Larry Ellison, den Oracle-Gründer, gesprochen, der als Trump-Freund in den USA immer mehr Macht gewinnt und auch maßgeblich die KI-Infrastrukturen dominiert. In diesem ausführlichen Blogbeitrag erfahrt ihr mehr über Larry.
Le Chat von Mistral – die europäische Alternative
Schließlich habe ich noch eine Empfehlung gegeben: Alle reden von ChatGPT, viel zu wenige nutzen die wohl ernsthafte europäische Alternative: Le Chat von Mistral, einem französischen Unternehmen. Ich experimentiere damit seit zwei Wochen herum und bin durchaus zufrieden. Mehr dann einmal in einem separaten Beitrag. Wer von digitaler Souveränität spricht, auf Datenschutz und DSGVO achten möchte, der oder dem sei dringend empfohlen, Le Chat mal auszuprobieren.
Apropos ausprobieren: Als Anwender von Perplexity Pro erlaubt mir das Unternehmen, gerade einmonatige Testversionen dieser professionellen Version an Euch zu verteilen. Falls jemand Interesse daran hat, lasst es mich wissen. Spoiler: Mir wird dafür ein kleiner Betrag gutgeschrieben.
Schnarchender Mops und durchs Bild laufender Kater
So weit also die Zusammenfassung unserer kleinen, tierischen, etwas albernen KI-Show. „So einen Quatsch kann die KI gar nicht reden, oder?“ Lars hat verdammt recht. Keine künstliche Intelligenz der Welt würde eine Podcast-Episode mit einem schnarchenden Mops, einem durch das Bild laufenden Kater und Referenzen auf Lassie eröffnen. Aber genau da liegt der Punkt: Während die Tech-Giganten uns mit KI-Slops zumüllen, beweisen wir, dass man über KI reden kann, ohne selbst eine zu sein …


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