Gewalt in der Sprache führt zu Gewalt auf der Straße (und einige andere Themen)

Die Woche bin ich wieder aus der Reha von Sylt heim gefahren. Und was höre ich als erstes, nachdem ich ausgestiegen bin: das liebliche Brummen eines Rasenmähers. Da fühlt man sich gleich wieder daheim. Eine Nachbarin will vom mähfreien Mai wohl nichts hören. Hauptsache alles ist stoppelkurz. Es lebe der deutsche Rasen. Ok, ich will fair sein. Ich kann verstehen, wenn man in seinem kleinen Garten gemütlich sitzen will und das nicht im hohen Gras.

Wochenschau links breit

Von wegen mähfreier Mai: Es lebe der deutsche Rasen

Nicht verstehen kann ich einen anderen Nachbarn, der seine Wiese am darauf folgenden Tag radikal abmähte. Es ist wirklich eine Wiese mit Obstbäumen, auf der vor kurzem noch einige Schafe weideten. Die haben wohl ihre Arbeit nicht gut genug gemacht. Am Samstag hat dann die liebe Nachbarin auch noch die Gemeinschaftswiese abrasiert. Es lebe der deutsche Rasen. Insekten gehören da nicht hin. Willkommen zu meiner Wochenschau.

Gewalt gegen Politikerinnen und Politiker

Die Attacke auf den SPD-Spitzenkandidaten für die Europawahl, Matthias Ecke, hat die Tage für besondere Aufmerksamkeit gesorgt. Im Grunde ist dies leider nichts Neues, denn schon seit Jahren gibt es immer mehr Gewalttaten gegen Politikerinnen und Politiker der Grünen, der SPD und anderer Parteien. Jetzt endlich berichten viele Medien und greifen die Taten breiter auf.

„Jetzt bloß nicht zur Tagesordnung übergehen – wenn sich Demokraten nur noch tagsüber auf die Straße trauen, um Wahlplakate zu kleben, wenn sie sich in ihren eigenen Büros nicht mehr sicher fühlen oder wenn Ehrenamtliche hinschmeißen, um ihre Familien nicht zu gefährden, läuft etwas gehörig schief in diesem Land“, kommentierte Daniel Mützel auf T-Online. Recht hat er! Solche Gewalttaten sind keinesfalls zu tolerieren, auch nicht gegen Vertreter der AfD.

Gewalt in der Sprache führt zu Gewalt auf der Straße

Doch ja, die Vertreterinnen und Vertreter der Rechtsextremen haben maßgeblich mit ihrer Hetze, ihren Halbwahrheiten und Lügen dazu beigetragen, dass die Stimmung kippt und die Schwelle zu Gewalt gegen andere deutlich gesunken ist. Die hassverzerrten Gesichter und Pöbeleien nicht nur im Bundestag sprechen Bände. Dieses Fehlverhalten muss man ihnen immer wieder ankreiden.

[Nachtrag am 12. Mai, 12:25 Uhr: Die Volksverpetzer haben hier auf ihrer Seite Kommentare von AfD-Anhängern zur Gewalttat gegen Ecke zusammengefasst. Es ist und bleibt erschreckend und zeigt auch, welch Geistes Kind sie sind.]

Trotzdem ist Gewalt gegen Vertreter der AfD auch nicht gerechtfertigt. Sie sind jedoch beileibe nicht die armen Opfer, auf die alle verbal oder in Realität einprügeln, und eine Rolle, die sie nur zu gerne spielen.

Aber leider sind es nicht nur AfD’lerinnen und AfD’ler, die mit ihrer Sprache und ihren Statements deutlich über das Ziel hinaus schießen, die Sprüche der Rechten imitieren oder kopieren, so zur Verrohung der Sprache und des Diskurses beitragen und damit die Gewaltschwelle senken: „Sie erhoffen sich einen taktischen Vorteil, wenn sie mit brachialen Sprüchen um die Wählergunst buhlen. Der Bayer Hubert Aiwanger ist so einer, je nach Stimmungslage kann man auch CDU-Chef Friedrich Merz und Sachsens Ministerpräsidenten Michael Kretschmer dazuzählen. Der wortmächtigste Vertreter der Sprachbrutalos aber ist Markus Söder,“ prangert Florian Harms korrekterweise im Tagesanbruch an.

Die Grünen als Wärmepumpen- und Klimawandel-Spinner sind an allem schuld. Gegen Migranten, die uns bei Zahnärzten Platz wegnehmen (und die noch schlimmeres tun), muss vorgegangen werden. Die Liste solcher Aussagen lässt sich nahezu beliebig verlängern. Und solche Sprüche kommen nur allzu oft von. besagten Wendehälsen, die mit ihrem Bestreben, am rechten Rand auf Stimmenfang zu gehen, zur Polarisierung beitragen.

[Nachtrag am 12. Mai, 18:50 Uhr: Nachdem ich die Wochenschau verfasst habe, bin ich auf diesen sehr lesenswerten Beitrag von Daniel Mullis zum Thema in. der TerraX Wissenskolumne auf ZDF.DE gestoßen. Erwarnt davor, den Diskurs weiter nach rechtsaußen zu verschieben und stattdessen Themen zu platzieren, die nicht auf Ausgrenzung und Freund-Feind-Erzählungen basieren.]

Doch halten wir fest „Diese Angriffe sind nicht nur feige und zutiefst verwerflich. Sie sind Anzeichen dafür, wie die politische Kultur in Deutschland verroht,“ meint Mützel. Und das ist zutiefst bedenklich und auch wenn der Vergleich hinkt, wird man als Historiker natürlich an die Schicksalsjahre der Weimarer Republik erinnert.

Einordnen! Rechtsextreme nicht einfach so in Überschriften zitieren

Die Medien tragen hier besondere Verantwortung, nicht nur in der Frage, ob AfD-Vertreter zu Talkshows und Diskussionsrunden eingeladen werden. Es beginnt damit, wie berichtet und wie getextet wird. René Martens bemerkt im Altpapier vom 8. Mai 2024: „Zitate von Rechts­extremen in der Überschrift nutzen vor allem erst einmal Rechtsextremen und haben wenig journalistischen Mehrwert. … Vor allem, wenn ein Artikel hinter der Paywall ist, sollte die Über­schrift besonders sorgsam gewählt werden.“

Statt Abos und Paywalls: Danke für Eure Texte, liebe Öffentlich-Rechtlichen

Ach ja, Paywalls, eines meiner Lieblingsthemen. Jetzt hat der Verlegerverband BDZV bei der EU-Kommission Beschwerde gegen den Missbrauch des Rundfunkbeitrags eingelegt. Die Verlage stören sich daran, dass die öffentlich-rechtlichen Sender im Netz Texte, ja eine „Textflut“ veröffentlichen. Die sei rechtswidrig und bedrohe die freie Presse in ihrer Existenz, so zitiert die FAZ den BDVZ. Das Thema ist bekannt. Doch ich bin angesichts der unseligen Paywalls und der Unwilligkeit oder Unfähigkeit der Verlage über traditionelle Abo-Bezahlmodelle hinaus zu denken sehr dankbar dafür, dass die Öffentlich-Rechtlichen auch Texte publizieren. Zugespitzt formuliert: Die Verlage haben es nicht anders verdient.

ID.3 – von wegen ein Volkswagen

Kompletter Themenwechsel: heise berichtet über den VW ID.3 Pro S, der nach Konfigurator 47.595 Euro kostet. Rechnet man Extras hinzu, die oft nur im Paket erhältlich sind, liegt man rasch bei 50.000 Euro. Selbst wenn man die Umweltprämie abzieht, die Volkswagen noch zahlt ein mehr als stolzer Preis. Das ist bei dem Preis kein Golf-Nachfolger, kein „Volkswagen“.

iPad – Brauche ich persönlich nicht (mehr)

Vergangene Woche gab es einmal mehr eine Inszenierung von Apple: Neue dünne iPads mit dem M4 Chip wurden vorgestellt. Jenseits der Aufregung um den Quetschspot von Apple zum iPad: Für mich ist ein iPad seit einigen Jahren keine Notwendigkeit mehr. Mir genügt die Kombination von MacBook Air mit M1-Chip und iPhone 13 Pro vollkommen. Meine Begierde nach einem neuen Gerät könnte geweckt werden, wenn in der nächsten Generation von iPhone und MacBook wirklich für mich nützliche KI-Funktionalität drin wäre. Denk ich (derzeit) an Siri in der Nacht … Hier die etwas andere Analyse. von Sascha Pallenberg mit seinen Gedanken Apple iPads mit M4 Chip.

Die Titelgrafik wurde mit ideogram.ai mit folgendem Prompt erstellt:

Create a title graphic with the title „Wochenschau“ and graphical elements around violence against politicians, but also violence in the language that fuels this, the German lawn in mow-free May, paywalls, the missing „Volkswagen“ and why I don’t need an iPad anymore., graffiti.
Magic Prompt: A powerful and thought-provoking graffiti artwork depicting the title „Wochenschau“ with a mix of striking visuals. The art includes a broken political mask, symbolizing violence against politicians. The language is shown as fuel for this violence, with a fiery phrase scrawled across the canvas. A lawn is depicted with uncut grass, signifying the „mow-free May“ and the disarray of the world. A padlock and a missing „Volkswagen“ represent paywalls and the loss of value in material possessions. An iPad is shown being discarded, implying the artist’s disinterest in consumer technology. The overall image is edgy and impactful, sparking a conversation about societal issues., graffiti

Comments

Eine Antwort zu „Gewalt in der Sprache führt zu Gewalt auf der Straße (und einige andere Themen)”.

  1. Weiteres Thema in der #Wochenschau_ Die Öffentlichen-Rechtlichen und dass ich zu schätzen weiß, dass sie auch viele Texte veröffentlichen. Dazu passend eine Umfrage inkl. Grafik in der #FA: Demnach finden es 44 Prozent nicht gut, dass es die ÖRR gibt. Nur 40 Prozent sind pro Öffentlich-Rechtliche.

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